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STREIKRECHT UND SCHULPFLICHT

EINE KLARSTELLUNG

Seit dem 26. Oktober 2023 laufen die Tarifverhandlungen für die mehr als 2,5 Millionen Tarifbeschäftigten der Bundesländer. Dazu zählen auch rund 240.000 angestellte Lehrkräfte und pädagogische Beschäftigte an Schulen. Gemeinsam mit den anderen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes fordert die GEW 10,5Prozent mehr Gehalt mindestens 500 Euro. Die Landesbeschäftigten brauchen dringend eine Tariferhöhung, um mit den rasant gestiegenen Lebenshaltungskosten Schritt zu halten. Doch trotz guter Haushaltslage stellen sich die in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zusammengeschlossenen Arbeitgeber in den Verhandlungen quer. Gute Arbeit verdient aber eine angemessene Bezahlung. Zudem gefährdet der Fachkräftemangel an Schulen wie in anderen Bereichen bereits die Qualität des öffentlichen Dienstes. Deshalb haben die Gewerkschaften keine andere Wahl, als durch Warnstreiks Druck auf die Verhandlungen auszuüben.

 

  • Hilfe, mein Kollegium streikt


Schulleiter:innen sind während laufender Streiks in einer schwierigen Situation – besonders dann, wenn sie Mitglied der Gewerkschaft sind, die zum Streik aufgerufen hat. Oft erleben sie es als besonders belastend, dass von zwei Seiten Druck auf sie ausgeübt wird. Die Schulbehörde verlangt hartes Durchgreifen, die Gewerkschaftskolleg:innen erwarten, dass die Schulleitung an der Spitze der Bewegung steht! Mit diesem Flugblatt wollen wir einige rechtliche Grundsätze darstellen.

 

  • Streiks sind legitim


Streiks sind ein legitimes Mittel der Gewerkschaften zur Durchsetzung von Tarifforderungen. Sie sind möglich, sobald keine Friedenspflicht mehr besteht. Sie dienen der Herbeiführung der Verhandlungsparität und sind durch das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit geschützt. Das gilt auch für Warnstreiks, die während laufender Tarifverhandlungen geführt werden. Damit wird der Arbeitgeberseite die Ernsthaftigkeit der Forderungen verdeutlicht.

 

  • Wann gestreikt wird bestimmt die Gewerkschaft


Keinem Arbeitgeber steht es zu darüber zu entscheiden, wann gestreikt werden darf. Unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit des Streiks entscheidet darüber ausschließlich die zuständige Gewerkschaft. Streiks sind durch die jeweilige Gewerkschaft dem Arbeitgeber lediglich anzukündigen. Er muss wissen, dass er von der entsprechenden Gewerkschaft bestreikt wird, welche Forderungen gestellt werden und ab wann der Streik beginnt. Für diese Mitteilung gibt es keine bestimmte Form und keine Ankündigungsfrist.

 

  • Schulleiter:innen sind Vorgesetzte, aber keine Arbeitgeber


Eine Verpflichtung, die Streikteilnahme bei der Schulleitung anzukündigen, besteht nicht. Natürlich ist es jeder und jedem Beschäftigten unbenommen, im Rahmen des kollegialen Miteinanders anzukündigen, dass er oder sie einem Streikaufruf ihrer:seiner Gewerkschaft folgen wird. Die Schulverwaltung wird in der Regel von der Schulleitung fordern, dass sie die streikenden Arbeitnehmer:innen meldet. Dies ist zulässig, denn ihr steht die Information zu, wer gearbeitet hat. Arbeitnehmer:innen, die sich am Streik beteiligt haben, dürfen aber deshalb nicht gemaßregelt werden. Das heißt, alle Maßnahmen und Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, Arbeitnehmer:innen wegen ihrer Streikteilnahme zu benachteiligen oder den nicht streikenden Arbeitnehmer:innen deswegen einen Vorteil zu verschaffen, sind unzulässig.

 

  • Keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung


Für Arbeitnehmer:innen, die sich an einem Streik beteiligen, ist für die Dauer ihrer Streikteilnahme die Verpflichtung zur Arbeitsleistung aufgehoben. Die entsprechenden Arbeitnehmer:innen können auch nicht verpflichtet werden, die streikbedingt ausgefallene Arbeitszeit nachzuholen. Dies gilt selbstverständlich auch für ausgefallene Unterrichtsstunden.

 

  • Beamteneinsatz ist rechtswidrig


Der Einsatz von Beamt:innen zur Vertretung streikender Arbeitnehmer:innen ist rechtswidrig, weil es dafür keine gesetzliche Regelung gibt. Ordnet eine Schulleitung an, dass Beamt:innen Vertretungsunterricht für streiken-de Kolleg:innen geben sollen, ist dies rechtswidrig. Beamt:innen, denen rechtswidrig eine entsprechende Vertretungstätigkeit zugewiesen wurde, können ihre Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung geltend machen. Das nennt man Remonstration. Das gilt natürlich auch für Schulleiter:innen, wenn sie eine entsprechen-de Anordnung der vorgesetzten Dienststelle bekommen.

 

  • Unterstützung des Streiks durch Beamt:innen ist zulässig


Auch Beamt:innen können sich zur Wahrung ihrer Rechte und Interessen in Koalitionen (also Gewerkschaften) zusammenschließen. Das bedeutet, dass Beamt:innen ihre Solidarität mit den Streikenden zum Ausdruck bringen und sich außerhalb ihrer dienstlichen Inanspruchnahme an Aktionen, wie Kundgebungen und Demonstrationen, beteiligen können. Außerhalb ihres Dienstes können sich Beamt:innen als Gewerkschaftsbeauftragte auch an der Vorbereitung und Organisation von Streiks beteiligen.

 

  • Tarifergebnisse werden in der Regel wirkungsgleich auf Beamt:innen übertragen


Diese Übertragung ist eine Forderung der GEW und wurde in der Vergangenheit auch überwiegend so praktiziert. Insofern profitieren verbeamtete Lehrkräfte sowie Schulleiter:innen vom Tarifkampf der Gewerkschaften.

 

  • Gewerkschaften können an Schulen werben und informieren


Gewerkschaften sind berechtigt, auch während eines Streiks ihre Werbe- und Informationstätigkeit in den Einrichtungen des Arbeitgebers durchzuführen. Auch über die laufende Tarifauseinandersetzung dürfen Gewerkschaften in den Dienststellen informieren.


GEW-Landesverband Rheinland-Pfalz


Aktuelle Informationen zur Tarifrunde und den aktuellen Warnstreiks am 28.11. in Karlsruhe und am 04.12. in Mainz gibt es unter https://www.gew-rlp.de/aktuelles/detailseite/warnstreikaufruf

Kontakt
Peter Blase-Geiger
Geschäftsführer GEW Rheinland-Pfalz
Adresse Landesgeschäftsstelle Mainz
Telefon:  06131 28988-15