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„Bildung ist zentrale Aufgabe einer Wissensgesellschaft“

Paul Schwarz, Redaktionsmitglied der GEW-Zeitung, im Gespräch mit Oppositionsführerin Julia Klöckner (CDU). Vorabdruck aus GEW-Zeitung März 2016.

Bild: CDU

Sehr geehrte Frau Klöckner, zunächst möchte ich Ihnen eine allgemeine Frage zu Ihrem Verständnis von Politik stellen. Was sind drei Ideen, die momentan für Sie und speziell im Wahlkampf tragend sind?

Politik hat die Aufgabe, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Sie darf den Menschen aber nicht nach dem Mund reden. Dazu gehört auch, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Und Politik muss klare Schwerpunkte setzen. Darum machen wir mit unserem Regierungsprogramm auch keine unhaltbaren neuen Versprechungen, sondern setzen genau das um, was wir ganz kontinuierlich in den zurückliegenden fünf Jahren parlamentarisch erarbeitet haben. Zum Zusammenhalt der Gesellschaft gehört für mich zum Beispiel ganz entscheidend, dass wir über den vielen Aufgaben, die mit der Flüchtlingsthematik verbunden sind, nicht die Menschen vergessen, die mit ihrer Arbeit dafür sorgen, dass der Staat hohe Steuereinnahmen hat. Mehr Lehrer, Polizisten und Erzieherinnen brauchen wir ja nicht erst, seitdem viele Flüchtlinge zu uns kommen. Schon vorher war der Unterrichtsausfall zu hoch, hat die Polizei über 1,7 Mio. Überstunden angesammelt und wurden unsere Kinder in viel zu großen Gruppen betreut. Wenn Politik diese Probleme erst löst, wenn sie weiterwachsen, ist das der falsche Ansatz.

Bildung, Digitalisierung, Wirtschaft – „Abschied von der Gießkanne“ lautet ein Kapitel in Ihrem Buch „Zutrauen“. Was ist damit gemeint?

Da sind wir genau beim Thema Schwerpunktsetzung. Was, wenn nicht Bildung, muss die zentrale Aufgabe in einer Wissensgesellschaft sein? Wir müssen uns entscheiden: Brauchen wir wirklich eine teure Energieagentur, die nichts anderes macht als schon bestehende Strukturen? Brauchen wir wirklich eine Entwicklungsagentur, die schon immer ein Schattendasein gefristet hat? Oder ist dieses Geld nicht sinnvoller in den Schulen aufgehoben? Ich denke schon, dass mit diesen Mitteln zum Beispiel die Inklusion verbessert werden könnte, durch eine vernünftige Personal- und Sachausstattung. Es gibt da viele Themen, die Vorrang haben müssen: Die Förderung von leistungsschwachen Schülern, die berufliche Bildung oder auch die Sprachförderung von Migrantenkindern. Außerdem fehlen den Schulen noch immer zehntausende Unterrichtsstunden wöchentlich. Erst wenn das alles, also die Pflicht, erledigt ist, können wir uns der Kür zuwenden.

Sie treten an, um zu zeigen, wie Politik in Rheinland-Pfalz besser gemacht werden kann. Was wollen Sie entscheidend ändern?

Änderungen nur da, wo sie wirklich nötig sind. Ich höre immer wieder die Klage über viel zu viele strukturelle Änderungen und Experimente an unseren Schulen, statt über zu wenige. Wir sollten sie viel mehr in Ruhe arbeiten lassen, anstatt durch permanente Veränderungen Unruhe zu erzeugen. Das ist unsere Marschroute. Und dazu gehört auch, sich ehrlich zu machen. Was sollen die ewigen Tricksereien beim Unterrichtsausfall? So wird die Problemlösung nur immer weiter zu Lasten unserer Kinder in die Zukunft verschoben. Wir wollen Schulen, die Persönlichkeiten ausbilden und nicht einfach nur Personal. Dazu braucht es aber auch mehr organisatorische Freiheit für die Schulen und gleichzeitig attraktive, feste Lehrerstellen statt prekärer Kurzzeitverträge. Genauso wichtig ist mir die frühkindliche Förderung. In der Vergangenheit wurde immer nur über die Anzahl an Kitaplätzen gesprochen. Die Debatte über die Bedingungen der kindlichen Bildung und Persönlichkeitsentwicklung kam dabei zu kurz. Das bestätigen auch Umfragen Ihrer Gewerkschaft unter den Erzieherinnen.

Im Wahlprogramm der Grünen geht es u.a. um die „Einführung der Einheitsschule“, so formuliert auf einer Homepage der CDU. Warum benutzt die CDU immer diesen Ausdruck mit einer negativen Konnotation? International haben wir fast überall die Schule für alle, niemand im Ausland nennt diese Schule „Einheitsschule“. Wie wollen Sie Bildungswege für alle öffnen und Chancengleichheit herstellen? Noch immer ist Deutschland das Land, wo die soziale Herkunft den Bildungsweg bestimmt.

Wir brauchen keine bildungsangepassten Kinder, sondern eine Bildung, die den Bedürfnissen der Kinder angepasst ist. Das bedeutet: Kinder sind verschieden und entsprechend müssen es auch die Bildungswege sein. Nicht allen Kindern nur eine, sondern jedem Kind seine Bildung. In diesem Sinne müssen wir die Bildungspolitik von jeder Ideologie befreien. Ich kenne viele Lehrer an Gesamtschulen und integrativen Realschulen. Ich weiß, dass dort eine hervorragende pädagogische Arbeit geleistet wird. Bei mir ist die Grenze dort erreicht, wo Vielfalt zerstört werden soll. Ich trete für die Wahlmöglichkeit ein. Die Eltern sollen entscheiden, ob sie ein differenziertes oder ein integriertes Angebot für ihr Kind wünschen. Wollen wir uns nach jahrzehntelangem bildungspolitischen Streit anmaßen, zu entscheiden, welche Schulart für das einzelne Kind besser ist? Nennen Sie mir eine Studie, die gegen differenzierte Schulen spricht, nenne ich Ihnen eine, die gegen integrierte Modelle spricht. Damit kommen wir nicht weiter und damit ist auch niemandem, schon gar nicht den Kindern, geholfen.

Sie setzen auf die individuellen Stärken jedes Schülers. Somit stehen Sie also vorbehaltlos hinter der Inklusion, auch hinter der in Rheinland-Pfalz? Wo liegen für Sie die Grenzen der inklusiven Schule und glauben Sie, dass wir jemals im gymnasialen Bereich einen breiten inklusiven Unterricht erleben werden?

Es ist vollkommen selbstverständlich, dass jedes Kind entsprechend seiner Neigungen und Fähigkeiten gefördert und gefordert werden muss. Jedes Kind ist gleich viel wert. Dabei ist es für viele Schülerinnen und Schüler mit besonderen Anforderungen ein Gewinn, an einer allgemeinen Schule unterrichtet zu werden. Andere wünschen sich die Förderschule und sind dort gut aufgehoben. Wir brauchen deshalb innovative Ansätze, wie auch Förderschulen mit allgemeinen Schulen enger kooperieren können. Doch auch hier gilt: Man muss es richtig machen. An Schwerpunktschulen gibt es aktuell Hunderte von Klassen, in denen vier und mehr beeinträchtigte Schüler unterrichtet werden, ohne dass eine durchgängige Doppelbesetzung gewährleistet ist. Das sind keine zufriedenstellenden Förderbedingungen. Wir müssen uns also ehrlich machen und im Interesse der einzelnen Kinder sagen, wie viele inklusive Schulplätze an allgemeinen Schulen wir mit den eingesetzten Mitteln finanzieren können. Die Gymnasien können ebenfalls ihren Beitrag zur Inklusion leisten – hier sehe ich bei vielen eine große Bereitschaft.

Sie sagen, es braucht strukturelle Veränderungen, um die Qualität in den Kitas zu verbessern. Sie sprechen von „Qualität statt Quote“ Wo hakt und klemmt es in den rheinland-pfälzischen Kitas? Wo müssen Betreuungsangebote altersgerecht optimiert werden? Von besserer Bezahlung und einer veränderten Ausbildung wie in anderen europäischen Ländern ist nicht die Rede in ihrem 10 Punkte Kita-Programm.


Anlässlich des Erzieherinnenstreiks haben wir zunächst einmal das Thema mit dem von Ihnen erwähnten Antrag in den Landtag eingebracht – als einzige Landtagsfraktion. Dort haben wir eine ganze Reihe an konkreten Vorschlägen gemacht, wie die Situation verbessert werden kann. Die Bezahlung der Erzieherinnen fällt aber nicht in die Landeskompetenz – da sind die Tarifpartner gefragt. Doch die Landesebene kann eine ganze Menge tun, um die Situation für die Kinder und die Erzieherinnen zu verbessern. Hier in Rheinland-Pfalz werden die Gruppengrößen in altersgemischten Kindergartengruppen von Experten als zu hoch kritisiert. Die Sprachförderung an unseren Kindertagesstätten ist in der wissenschaftlichen Evaluation gnadenlos durchgefallen. Die Mittel für die Erzieherinnenfortbildungen wurden in dieser Legislaturperiode kurzerhand gestoppt – nicht gerade ein Zeichen von Wertschätzung und Weitblick. Zudem haben wir vorgeschlagen, für die Träger Anreize zu schaffen, Erzieherinnen von administrativen Tätigkeiten zu entlasten. Vielerorts arbeiten Erzieherinnen angesichts der Bandbreite an Aufgaben am Limit. Schließlich könnten wir uns mehr Hilfestellung des Landes bei der Schulvorbereitung vorstellen.

Die Studierenden streiken in Landau und beklagen Raum- und Personalmangel. Was wollen Sie tun für die Universität in Landau? Wie wollen Sie gute Bildung gewährleisten, wenn Sie im Landeshaushalt noch mehr, als es die Landesregierung bisher getan hat, einsparen möchten? Wie stehen Sie zum Kooperationsverbot und was gedenken Sie dafür zu tun, damit die Länder mehr Geld für Bildung bekommen?

Wir müssen in Anbetracht der schwierigen Haushaltssituation des Landes und der verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse tatsächlich sparen. Aber hier geht es natürlich wiederum um die Schwerpunktsetzung. Die Proteste an der Universität Landau zeigen ja deutlich, dass die Hochschulen in Rheinland-Pfalz chronisch unterfinanziert sind. Wir haben deshalb bei den Haushaltsberatungen im Hochschulbereich die Programmmittel im Kernhaushalt verstetigt und zusätzlich 15 Millionen Euro vorgesehen. Diese Mittel haben wir durch Umschichtungen und Einsparungen an anderer Stelle erwirtschaftet. Das zeigt: Gezielte Investitionen ohne neue Schulden sind möglich. An der Bildung, und somit der Zukunft unserer Kinder, werden wir nicht sparen. Ich verlasse mich dabei lieber auf meine eigenen Fähigkeiten, als immer nach der Hilfe anderer zu rufen. Wenn man als Land die Gestaltungshoheit auf dem Gebiet der Bildung behalten möchte, muss man auch die Finanzierung sicherstellen können. Alles andere wäre ein Zeichen der Überforderung. Die von Rot-Grün vorgenommene Streichung der Studiengebühren für Langzeitstudenten ging im Übrigen voll zu Lasten der Universitäten, die keine Kompensation bekommen haben. Das werden wir rückgängig machen.

Wie zufrieden sind Sie mit der Lehrerausbildung angesichts der neuen Herausforderungen wie Inklusion, Sprachförderung und Integration? Welche Reformen wären im Rahmen der Lehrkräftebildung notwendig, damit alle Lehrkräfte befähigt sind, diese Aufgabe zu bewältigen?

Bisher werden angehende Lehrer nur unzureichend auf die Vielzahl der vor ihnen liegenden Aufgaben vorbereitet. Sie sollen Sprachlehrer, Förderlehrer, Sozialarbeiter, Erzieher und Wissensmultiplikatoren sein. Ich halte es für den falschen Ansatz, Lehrer zu Alleskönnern auszubilden. Die Professionalität des einzelnen Förder-, Sprach- und Fachlehrers wird dauerhaft gebraucht. Der Ansatz der bisherigen Landesregierung zielt mir hier zu sehr auf die Sparvariante ab: Lehrer schnell für die einzelnen Bereiche knapp weiterbilden und dann auf die Experten verzichten. Wir brauchen stattdessen mehr Multiprofessionalität in den Schulen. Lehrerbildung braucht eine gute wissenschaftliche Fundierung und eine frühe, ausgiebige Praxiserfahrung. Das Modell aus Hessen eines frühen, gebündelten Praxissemesters halte ich deshalb für äußerst sympathisch. Das würde auch den Aufwand und die Unruhe in den Schulen durch die Vielzahl an Praktika deutlich reduzieren.

Angesichts vieler Migranten, die schon hier leben, und der Flüchtlinge, die neu zu uns kommen, stehen wir vor einer großen Aufgabe, der gelingenden Integration. Was ist das für Sie?

Integration ist der Prozess des Zusammenwachsens. Damit dieser gelingen kann, braucht es zwei Aspekte: Fördern und Fordern. Wir als Staat und Gesellschaft müssen Migranten unterstützen und ihnen das Handwerkszeug zur Integration zur Verfügung stellen.  Dazu gehören Sprach- und Integrationskurse und klare Regeln, die Orientierung bieten. Gleichzeitig müssen wir aber auch den Beitrag der zu uns Kommenden einfordern. Dazu gehören die Anerkennung der hier geltenden Regeln, u.a. die Gleichberechtigung von Mann und Frau, und das Erlernen der deutschen Sprache. Das ist der Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe.

Was müssen Bildungseinrichtungen tun, damit Integration gelingt?

Ein geregelter Alltag, der Sicherheit bietet, ist ein guter Anfang. Aber auch das Vertreten und Leben unserer Werte muss in allen Bildungseinrichtungen spürbar sein. Mädchen dürfen nicht aufgrund ihrer Religion vom Schwimmunterricht oder von Klassenfahrten ausgeschlossen werden. Lehrerinnen müssen anerkannt werden – auch von den Eltern. Auf keinen Fall dürfen Lehrerinnen durch Lehrer ersetzt werden, weil Männer das wollen. Für viele Mädchen kann Schule so auch zu einem Freiraum werden, der ihnen bei ihrer Emanzipation hilft. Gerade in jungen Jahren können wir viel erreichen, indem wir zwar die Grenzen deutlich machen, aber insbesondere auch die Chancen, die Menschen in Deutschland haben, unterstreichen. Integration an Schulen kann aber nur funktionieren, wenn wir sie nicht überfordern. Das bedeutet nicht zuletzt, dass wir Deutsch-Vorlaufklassen für Flüchtlingskinder brauchen und mehr Lehrer und Betreuer. Es macht wenig Sinn, Kinder, die nur wenig oder kein Deutsch sprechen, sofort in den Regelunterricht zu bringen.

Sie sind gegen Burka und Kopftuch. Sind Sie auch gegen den Islamunterricht an unseren Schulen, gegen die Ausbildung von IslamlehrerInnen? Wo sehen Sie die Chancen, aber auch die Grenzen eines Islamunterrichts an deutschen Schulen?

Da müssen wir jetzt sauber unterscheiden. Ich bin für ein Vollverschleierungsverbot. Das hat mit einem Kopftuch zunächst einmal gar nichts zu tun. Bei der Vollverschleierung stellt sich doch die Frage nach dem dahinter stehenden Frauenbild. Fundamentalistische Männer knüpfen allein an das Geschlecht den Zwang, Haar und Gesicht zu verstecken an. Das passt nicht zu unserer Werteordnung und zu unserem offenen Weltbild. Burka und Niqab sind Ausdruck eines frauenfeindlichen Menschenbildes und ein Instrument der Unterdrückung von Frauen. Wir kämpfen hier für Gleichberechtigung und Frauenquoten, gegen Diskriminierung. Da kann es keinen religiösen Rabatt geben. Außerdem gehört zur Kommunikation in einer freien Gesellschaft, dass wir dem anderen ins Gesicht schauen können. Ein Kopftuch lehne ich nur bei Lehrerinnen ab. Denn Lehrerinnen und Lehrer haben ihren Schülern neutral zu begegnen.
Islamunterricht von in Deutschland ausgebildeten Lehrern befürworten wir ausdrücklich. Wer seinen Glauben genau kennt, ohne ideologische Zuspitzung, der ist auch gegen islamistische Tendenzen besser gewappnet. Fundamentalistischer Extremismus entsteht ja gerade aus einer Pervertierung des Glaubens. Ich gehe auch noch weiter. In Rheinland-Pfalz wurde lange versäumt, ein grundständiges Studienangebot für islamischen Religionsunterricht zu etablieren. Eine Kooperation mit dem Lehrstuhl in Frankfurt beispielsweise wäre eine gute Möglichkeit. Bisher werden die Islamlehrer nur im Rahmen eines Aufbaustudiengangs ausgebildet. Das ist auf Dauer zu wenig.

Immer wieder spricht man von unserer Werteordnung als verpflichtende Grundlage für ein friedliches Zusammenleben. Wo sehen Sie den Kern der Werteordnung, einer der höchsten Werte in unserer kapitalistischen Gesellschaft ist doch das Geld?

Da bin ich aber ganz anderer Meinung. Der Kern unserer Werteordnung ist die Würde des Menschen in all ihren Ausprägungen, die sich auch im Grundgesetz in vielen Artikeln niederschlägt. Dazu gehört eine ganze Bandbreite an Freiheiten, die jedem Einzelnen zustehen. Darauf können wir stolz sein, denn unser Grundgesetz ist keine Selbstverständlichkeit, sondern auch das Ergebnis der dunkelsten Phase deutscher Geschichte. Und tatsächlich ist das Anerkennen des Grundgesetzes das Minimalkriterium für einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland. Auf unser Grundgesetz kann und wird es keinen kulturellen oder religiösen Rabatt geben.

Es gibt Klöckner-Garantien, z.B. „wir stoppen den Rekord-Unterrichtsausfall“. Wie?

Wir streben eine Unterrichtsversorgung von 100+X an. Also eine volle Unterrichtsversorgung plus Reserve für Stundenausfälle und individuelle Förderung.  Das geht nur mit ausreichend Lehrpersonal, das zu anständigen Konditionen beschäftigt wird. Kettenverträge gehören sicherlich nicht dazu. Schauen Sie sich unsere Vorschläge zum aktuellen Haushalt an. Da haben wir 600 zusätzliche Lehrerstellen seriös gegenfinanziert.

„Wir fördern Integration mit klaren Spielregeln.“ Mit welchen?

Zu den Spielregeln der Integration hat die CDU-Landtagsfraktion den Entwurf für ein Integrationspflichtgesetz ausgearbeitet. Es beinhaltet Regeln und Pflichten für jeden einzelnen Schutzsuchenden, deren Nichterfüllung auch sanktioniert werden kann. Derzeit werden bei Arbeitslosen bereits Kürzungen des Leistungsbezugs nach SGB II vorgenommen, insbesondere wenn gegen die Eingliederungsvereinbarung mit dem Arbeitsamt verstoßen wird. Wer also keine genügenden Eigenbemühungen nachweisen kann, wer sich weigert, zumutbare Arbeit aufzunehmen, oder eine zumutbare Maßnahme der Eingliederung nicht antritt oder abbricht, muss mit Kürzung rechnen. Das wollen wir auf Verstöße gegen die Integrationsvereinbarung übertragen.
Gleichzeitig formulieren wir aber natürlich auch eine Verpflichtung für den Staat, eine Integration durch entsprechende Angebote auch möglich zu machen, das heißt der Staat muss seine Integrationsangebote ausweiten. Diese Forderungen haben maßgeblich Eingang in den Antrag des CDU-Bundesvorstands gefunden, der auf unserem Parteitag in Karlsruhe mit überwältigender Mehrheit angenommen wurde.

„Wir setzen auf mehr Bürgerbeteiligung.“ Wie würde das konkret aussehen?

Die Zeit der Basta-Politik ist vorbei. Durch das Internet sind heute viele Menschen in der Lage, sich in kurzer Zeit einen Überblick auch über komplexe Inhalte zu verschaffen und sich zu äußern. Kurzum: Bürger sind besser informiert und suchen den intensiven Kontakt und Austausch mit der Politik. Ich finde das erfrischend. Das müssen wir aufgreifen, indem wir etwa bei Großprojekten eine tatsächliche Beteiligung der Bevölkerung sicherstellen. Damit stärken wir unsere Demokratie insgesamt. Deshalb setzen wir uns auch für die Absenkung der Hürden bei Volksbegehren ein. Die beste Form der Bürgerbeteiligung ist außerdem das Wahlrecht. Darum setzen wir uns dafür ein, dass bei Kommunalwahlen den Wählerinnen und Wählern die Stimmzettel automatisch nach Hause geschickt werden. Gerade bei Kommunalwahlen mit den vielen und langen Wahlzetteln und dem komplizierten Wahlmodus wäre das eine wesentliche Erleichterung. Das könnte auch dazu führen, dass die Wahlbeteiligung steigt.

Was passiert, wenn der Erfolg ausbleibt und Sie nicht die neue Regierung übernehmen?  Gehen Sie dann nach Berlin ins Kabinett Ihrer Freundin Angela Merkel, um deren Nachfolge vorzubereiten? Immerhin hat die SÜDDEUTSCHE vor einiger Zeit über Sie formuliert „die Frau hinter Merkel“.

Darüber denke ich nun wirklich nicht nach. Mein Ziel ist es, Ministerpräsidentin meines Heimatlandes zu werden.

Gehen wir von Ihrem Erfolg aus: FDP und AfD kommen knapp in den Landtag. Sie schließen aber eine Koalition mit der AfD aus. Gibt es dann eine große Koalition unter Ihrer Führung?

Wir werben für den notwendigen Wechsel. Klar ist: Ich werde weder mit der AfD noch mit den Linken koalieren. Und ansonsten müssen wir Respekt vor dem Votum der Wähler haben, sie entscheiden, welche Koalitionen möglich sein werden. Deshalb verteilen wir vorher weder Posten noch Koalitionspapiere.

Vielen Dank für das Gespräch.