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Vorbereitungsdienst

Voller Einsatz, wenig Geld

Die Bezahlung im Vorbereitungsdienst für angehende Lehrkräfte ist nach wie vor niedrig und nicht attraktiv.

Referendare und Lehramtsanwärter müssen mit einem monatlichen Bruttogehalt von rund 1.500 Euro auskommen. (Foto: IMAGO/YAY Images)

Der gesetzliche Mindestlohn von 12 Euro, wie er seit dem 1. Oktober in Deutschland gilt, führt bei einer 40-Stunden-Woche zu einem Bruttomonatseinkommen von rund 2.000 Euro. Allerdings gilt der Mindestlohn nicht, wenn es sich um eine Ausbildung handelt. So erhalten zum Beispiel Sozialpädagoginnen und -pädagogen im Anerkennungsjahr nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) seit April 2021 monatlich 1.851,21 Euro, Erzieherinnen und Erzieher im Anerkennungsjahr 1.627,02 Euro.

Angehende Lehrkräfte haben monatliche Bruttoeinkommen zwischen 1.416 Euro (Grundschule, Saarland) und 1.592 Euro (Gymnasium, Bayern). Damit, so der Bildungsforscher Klaus Klemm, liege deren Bezahlung in etwa im Bereich dessen, was in einer Reihe von Ausbildungsberufen im dritten Lehrjahr gezahlt wird. „Bei dieser ‚Wertschätzung‘ können die hohen Schwundquoten vom Eintritt in die Masterphase des Studiums bis zum Eintritt in den Vorbereitungsdienst nun wirklich nicht verwundern“, sagt Klemm.

Da Lehrkräfte in Deutschland traditionell als Beamtinnen und Beamte beschäftigt sind, studieren angehende Lehrkräfte ein Lehramt, das sie meist als Lehrerin oder Lehrer für eine bestimmte Schulform qualifiziert, seltener eine Schulstufe. Die Lehramtsausbildung endet mit einem Vorbereitungsdienst und einem Staatsexamen. Nur wer die vollständige Lehramtsausbildung durchlaufen hat, erfüllt die „laufbahnrechtlichen Voraussetzungen“, um in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden.

Alle Bundesländer beschäftigen ihre Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst in der Regel als „Beamte auf Widerruf“. Als solche erhalten sie eine Besoldung als „Beamtenanwärter“. Diese besteht aus einem Anwärtergrundbetrag sowie gegebenenfalls den im Beamtenrecht üblichen Zulagen für Kinder und (in den meisten Bundesländern) Ehegatten.

„Fürsorgepflicht des Dienstherrn“ kaum spürbar

Die Anwärtergrundbeträge unterscheiden sich je nach Besoldungsgruppe, der das Lehramt, für das man ausgebildet wird, im jeweiligen Bundesland zugeordnet ist. Auf der GEW-Website sind die im Oktober 2022 geltenden Anwärtergrundbeträge zusammengestellt. In den meisten Bundesländern erhöhen sich diese zum 1. Dezember 2022 entweder um 2,8 Prozent oder um 50 Euro. Das hängt davon ab, wie die einzelnen Bundesländer das im Herbst 2021 für die Länder vereinbarte Tarifergebnis in ihre Besoldungsgesetze übertragen haben.

Beamtin oder Beamter auf Widerruf zu sein bedeutet, auch sozialversicherungsrechtlich wie eine Beamtin oder ein Beamter behandelt zu werden. Das heißt, dass keine Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung fällig werden. Im Gegenzug erwerben Beamte auf Widerruf auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Rente. Falls man im Anschluss an den Vorbereitungsdienst Beamtin oder Beamter auf Lebenszeit wird, ist das egal, dann zählt die Zeit des Vorbereitungsdienstes bereits für die spätere Versorgung mit. Falls man nach dem Vorbereitungsdienst dauerhaft aus dem Beamtenverhältnis ausscheidet, zahlt der Dienstherr (also das Land) auf Antrag die Rentenversicherungsbeiträge nachträglich alleine ein.

Auch die Gesundheitsversorgung ist wie bei anderen Beamten geregelt, das heißt, es gibt keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Dienstherr erstattet einen Teil der Krankheitskosten als Beihilfe, für den Rest muss man eine private Krankenversicherung abschließen. Dabei muss man alle Rechnungen zunächst selbst vorfinanzieren. Ein Teil der Bundesländer bietet neuerdings eine Wahlmöglichkeit an oder plant, dies bald zu tun: Dann bleibt man in der gesetzlichen Krankenversicherung und bekommt den halben Beitrag als „Pauschale Beihilfe“ ausgezahlt. Dabei rechnen Ärzte und andere Leistungsanbieter direkt mit der Krankenkasse ab.

„Deshalb schlägt die GEW den Ländern vor, die Besoldung der Anwärterinnen und Anwärter so anzuheben, dass diese wenigstens den Mindestlohn erreichen.“ (Daniel Merbitz)

Die Höhe der Anwärterbezüge lässt sich wegen dieser sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten nicht direkt mit anderen Ausbildungsvergütungen vergleichen. Trotzdem ist die geringe Höhe der Anwärterbezüge gerade in Zeiten steigender Mieten, explodierender Energiepreise und hoher Lebenshaltungskosten nicht in Ordnung und trägt nicht dazu bei, den Beruf attraktiver zu machen. „Deshalb schlägt die GEW den Ländern vor, die Besoldung der Anwärterinnen und Anwärter so anzuheben, dass diese wenigstens den Mindestlohn erreichen“, so Daniel Merbitz, Vorstandsmitglied Tarif- und Beamtenpolitik. Denn im Vorbereitungsdienst arbeiten die angehenden Lehrkräfte nicht selten 50 oder mehr Stunden in der Woche, an einen Nebenjob ist da allein schon aus zeitlichen Gründen nicht zu denken. Von der „Fürsorgepflicht des Dienstherrn“, einer der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, ist da leider wenig zu spüren.