Mainzer Thesen
Forderungen und Positionen der GEW Rheinland-Pfalz zur Landtagswahl 2026
Bildung ist Menschenrecht – Bildung ist Zukunft
Bildung ist weit mehr als der Erwerb von Wissen und Qualifikationen. Sie ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben, für gesellschaftliche Teilhabe und für ein demokratisches Zusammenleben.
Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, insbesondere in Bezug auf Klimawandel, soziale Spaltung, Fachkräftemangel, Populismus und digitale Transformation, verlangen nach einem Bildungssystem, das gerecht, inklusiv, demokratisch und zukunftsfähig ist.
Als Bildungsgewerkschaft stellen wir uns dieser Verantwortung und vertreten nicht nur die Interessen der Beschäftigten im Bildungswesen. Wir engagieren uns zugleich für das Recht auf gute Bildung für alle Menschen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion, Lebenslage oder Aufenthaltsstatus. Bildung ist eine öffentliche Aufgabe und ein soziales Gut.
Mit den Mainzer Thesen 2026 formulieren wir unsere zentralen Forderungen zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz. Sie richten sich an die politischen Parteien und sollen unsere Leitlinien für die kommende Legislaturperiode (2026–2031) sein. Dabei geht es nicht um punktuelle Reformen, sondern um strukturelle Weichenstellungen für mehr Bildungsgerechtigkeit, bessere Arbeitsbedingungen, kindgerechte Lernorte, eine demokratische und solidarische Gesellschaft sowie eine Bildung für nachhaltige Entwicklung im Sinne der UN-Agenda 2030.
Wir wissen, dass gute Bildung gute personelle, finanzielle, rechtliche und pädagogische Rahmenbedingungen voraussetzt. Sie gelingt auch nur mit motivierten und gut ausgestatteten Fachkräften in allen Bildungsbereichen. Unsere Forderungen verstehen sich daher als Gesamtpaket. Sie sind miteinander verzahnt und Ausdruck eines gemeinsamen Verständnisses von Bildung als Menschenrecht, als Schlüssel zur Zukunft und als demokratische Gemeinschaftsaufgabe.
Mit unseren Thesen wollen wir einen Beitrag zu einem öffentlichen Diskurs leisten und zugleich die politischen Akteur:innen im Land auffordern, Bildung mutig, gerecht und zukunftsorientiert zu gestalten.
Vorrangig muss die erhebliche Ungleichheit von Bildungschancen abgebaut und daher das längere gemeinsame Lernen aller Kinder und Jugendlichen in den Blick genommen werden.
Bildung darf keine Frage der Herkunft, der Sprache, des Wohnorts oder des Geldbeutels sein. Doch auch in Rheinland-Pfalz ist der Bildungserfolg noch immer eng mit der sozialen Lage von Familien, einem Migrationshintergrund oder mit der sozialräumlichen Struktur verknüpft. Als GEW Rheinland-Pfalz fordern wir ein Bildungssystem, das allen Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen gleiche Chancen auf Teilhabe, persönliche Entwicklung und berufliche Zukunft eröffnet.
Eine Schule für Alle: Strukturelle Reformen gegen Bildungsungleichheit
Die frühe Trennung der Schüler:innen in verschiedene Bildungsgänge und Schulformen zementiert bestehende soziale Ungleichheiten. Wir fordern eine strukturelle Neuausrichtung hin zu einer Schule für Alle: wohnortnah, leistungsdifferenziert im Inneren, aber nicht selektiv im Äußeren. Die Orientierungsstufe muss als pädagogisch gestaltete Phase gemeinsamen Lernens weiterentwickelt werden. Die Entscheidung über Bildungswege darf nicht vorschnell getroffen werden, sondern soll im Sinne des Elternwillens und der Potenzialentfaltung der Kinder durch individuelle Förderung, Beobachtung und Beratung vorbereitet werden.
Längeres gemeinsames Lernen, Binnendifferenzierung, Elternwille
Statt externer Selektion setzen wir auf innere Differenzierung und multiprofessionelle Teamarbeit. Alle Kinder haben das Recht, in heterogenen Gruppen voneinander und miteinander zu lernen. Dafür werden ausreichend Zeit, multiprofessionelle Teams, kleinere Lerngruppen und eine veränderte Unterrichtskultur benötigt. Schulformen, die mehrere Bildungsgänge und die damit verbundenen Abschlüsse unter einem Dach anbieten, sollen gestärkt und weiterentwickelt werden.
Ein zentrales Element für mehr Chancengerechtigkeit in der Grundschule ist das jahrgangsübergreifende oder jahrgangsgemischte Lernen. Es ermöglicht individuelle Lernwege im eigenen Tempo, fördert soziale Verantwortung und stärkt das selbstständige Arbeiten. Kinder profitieren davon, mit und voneinander zu lernen, unabhängig von ihrem Alter oder ihrem schulischen Lernfortschritt.
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert daher den weiteren Ausbau und die strukturelle Verankerung jahrgangsübergreifender oder jahrgangsgemischter Modelle in der Grundschule, sowohl in Schuleingangsphasen als auch darüber hinaus.
Alltagsintegrierte Sprachbildung und interkulturelle Bildung stärken
Sprache ist der Schlüssel zur Bildung. Sie wird aber nicht wesentlich durch isolierte Maßnahmen vermittelt, sondern durch Teilhabe, Beziehung und im Alltag. Wir setzen uns für eine konsequent alltagsintegrierte Sprachbildung ein: im gemeinsamen Tun, im Spiel, im Dialog mit verlässlichen Bezugspersonen und Sprachvorbildern.
Wir lehnen es ab, Kinder aus der Klassengemeinschaft herauszunehmen, um in separierten Förderangeboten „defizitorientiert“ Sprache zu lernen. Stattdessen müssen alle Fachkräfte, insbesondere in Kita und Grundschule, für sprachförderliches Verhalten sensibilisiert und fortgebildet werden. Alltagsintegrierte Sprachbildung lebt von Beziehung und Zeit für Sprach- und Sprechanlässe. In den Kitas ist hierfür eine ausreichende Fachkraft-Kind-Relation notwendig, in Grundschulen niedrigere Klassenmesszahlen.
Ab der Sekundarstufe 1 nimmt die Bedeutung eines ausreichenden Förderangebots in Form von DaZ-Kursen zu. Diese müssen ausgebaut und ausreichende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um eine differenzierte Förderung der Schüler:innen zu ermöglichen.
Darüber hinaus fordern wir, Herkunftssprachen als Ressource anzuerkennen und mehrsprachige Kompetenzen der Schüler:innen systematisch zu fördern. Der Herkunftssprachenunterricht in Rheinland-Pfalz muss erhalten bleiben. Mehrsprachigkeit, kulturelle Vielfalt und migrationsgesellschaftliche Realität müssen integraler Bestandteil von Curricula, Fortbildungen und Schulentwicklung sein.
Kinderarmut bekämpfen – Bildungsgerechtigkeit ermöglichen
Eine gute und nachhaltige Bildungspolitik kann Kinderarmut nicht beseitigen, aber sie trägt entscheidend dazu bei, ihre Folgen abzumildern und soziale Aufstiegswege zu eröffnen. In Rheinland-Pfalz lebt jedes fünfte Kind in Armut oder ist armutsgefährdet. Diese Realität zeigt sich nicht nur in beengten Wohnverhältnissen, fehlender gesunder Ernährung oder eingeschränkter Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, sondern auch ganz unmittelbar in der Bildung. Kinder und Jugendliche aus einkommensarmen Familien starten häufig mit schlechteren Voraussetzungen in die Schule, sie haben weniger Zugang zu digitalen Geräten, kaum Rückzugsorte zum Lernen und sind häufiger gesundheitlich belastet. Wer Bildungsgerechtigkeit will, muss deshalb Kinderarmut gezielt adressieren.
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert ein landesweites, ressortübergreifendes Handeln gegen Armut von Kindern und Jugendlichen. Kommunen und Landesregierung müssen dafür sorgen, dass Bildungseinrichtungen in sozial belasteten Lagen mit zusätzlichen Fachkräften und Ressourcen in Form von Ganztagssystemen ausgestattet werden. Notwendig sind eine sozialraumorientierte Mittelvergabe, flächendeckende Kita- und Schulsozialarbeit, kostenfreie Lern- und Freizeitangebote sowie ein kostenfreies warmes und gesundes Mittagessen für alle Kinder. Darüber hinaus müssen außerschulische Bildungsorte wie Bibliotheken, Musikschulen, Sportvereine und Jugendzentren kostenfrei zugänglich und regional abgesichert sein. Die Bildungs- und Teilhabepakete des Bundes reichen nicht aus, um die Chancenlücke zu schließen. Das Land ist gefordert, dort, wo die Bedarfe nachweislich am größten sind, durch gezielte Bildungsinvestitionen soziale Ungleichheit aktiv auszugleichen. Wer Kinder wirksam stärken will, muss Armut in der Bildungspolitik mitdenken und entschieden bekämpfen.
Bildung ist für alle da
Inklusion ist kein Zusatzangebot, sie ist ein Menschenrecht. Das bedeutet: Alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen lernen gemeinsam, unabhängig von Behinderung, Herkunft, sozialem Status oder anderen individuellen Voraussetzungen. Rheinland-Pfalz hat sich mit der UN-Behindertenrechtskonvention und dem Schulgesetz zur inklusiven Bildung bekannt. Doch vielerorts bleibt die Realität hinter dem Anspruch zurück. Inklusion darf nicht vom Engagement Einzelner abhängen, sondern muss zur strukturellen Normalität werden, im Sinne einer Schule für Alle.
Inklusive Bildung beginnt vor der Schule
Inklusion darf nicht erst mit der Einschulung beginnen. Sie muss von Anfang an gelebter Bestandteil der frühkindlichen Bildung sein. Kindertagesstätten sind Orte der Vielfalt und spielen eine zentrale Rolle für frühe Teilhabe, Sprachbildung und soziale Entwicklung. Kinder mit Behinderung, Entwicklungsverzögerung oder besonderem Förderbedarf haben ein Recht auf wohnortnahe, gemeinsame Bildung in der Kindertageseinrichtung. Dafür braucht es nicht nur inklusive Haltungen, sondern verbindliche Rahmenbedingungen wie multiprofessionelle Teams, ausreichende Fachkraft-Kind-Relationen, barrierefreie Räume und gezielte Fortbildung. Auch Übergänge von der Kita in die Grundschule müssen im Dialog zwischen Eltern, Kita-Fachkräften und Lehrkräften inklusiv und individuell begleitet werden.
Rahmenbedingungen schaffen – Strukturen verändern
Damit Inklusion gelingt, braucht es verlässliche Voraussetzungen wie eine klare gesetzliche Grundlage, ein gemeinsames pädagogisches Verständnis sowie ausreichend personelle, zeitliche und räumliche Ressourcen. Schulen benötigen multiprofessionelle Teams, in denen Lehrkräfte, Förderpädagog:innen, Schulsozialarbeiter:innen, Therapeut:innen, pädagogische Fachkräfte, DaZ- und HSU-Lehrkräfte und weitere Fachkräfte auf Augenhöhe kooperieren. Die personelle Ausstattung muss dabei nicht nur die Grundversorgung sichern, sondern auch gezielt Ungleichheiten ausgleichen, etwa durch eine sozialraumbasierte Ressourcensteuerung für Bildungseinrichtungen.
Gleichzeitig sind die räumlichen Bedingungen entscheidend. Barrierefreiheit, Differenzierungsräume und inklusive Raumkonzepte müssen planerischer Standard werden. Die Schulbaurichtlinien sind entsprechend anzuwenden bei Neu- und Umbauten, ebenso bei Sanierungen von Bestandsgebäuden, denn Inklusion beginnt bei der Architektur.
Förderzentren unterstützen – nicht selektieren
Förder- und Beratungszentren (FBZ) haben eine unterstützende Funktion. Sie sollen die Schulen im Prozess der Inklusion begleiten, beraten und qualifizieren. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, wird eine konzeptionelle Weiterentwicklung, eine verlässliche personelle Ausstattung und eine kontinuierliche Qualifizierung des Personals benötigt. Die GEW fordert hier verbindliche Standards und eine professionelle Begleitung, zum Beispiel nach dem Vorbild der Fortbildungs- und Supervisonskonzepte der Berater:innen für Inklusion (BfI) am Pädagogischen Landesinstitut (PL).
Entwicklung begleiten – Professionalisierung sichern
Inklusion ist ein Prozess. Sie erfordert eine kontinuierliche Schul- und Unterrichtsentwicklung, die durch Zeit, Begleitung und Qualifizierung ermöglicht wird. Schulen benötigen Fortbildungen, kollegiale Beratung, systemische Entwicklungsbegleitung und eine wissenschaftlich fundierte Evaluation. Inklusive Bildung muss zum verbindlichen Bestandteil in der Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Lehrkräfte werden, schulartübergreifend und praxisnah.
Die GEW Rheinland-Pfalz steht für eine Schule, in der alle dazugehören, unabhängig davon, wie sie lernen, kommunizieren oder sich entwickeln. Eine Schule also, in der Vielfalt nicht als Problem, sondern als gemeinsame Aufgabe begriffen wird. Das Ziel ist klar: Inklusion muss zur Realität in allen Bildungseinrichtungen werden, mit Struktur, Zeit und Ressourcen.
Frühe Bildung braucht gut ausgebildete Fachkräfte
Die Qualität frühkindlicher Bildung entscheidet über die Bildungsbiografie von Kindern. Sie ist der Schlüssel für gelingende Entwicklung, Teilhabe und Chancengleichheit. Gute Kindertagesstätten sind Bildungsorte: Sie begleiten Kinder in ihrer sprachlichen, sozialen, emotionalen und kognitiven Entwicklung und bieten Raum für Vielfalt, Inklusion und Demokratieerfahrung. Diese anspruchsvolle Arbeit verlangt nach gut ausgebildeten, professionellen Fachkräften und nach klaren Rahmenbedingungen, die Qualität ermöglichen und absichern.
Ausbildung aufwerten – keinen Rückschritt zulassen
Das Bildungsministerium Rheinland-Pfalz plant die Einführung eines neuen „Erstberufs“ unterhalb des Qualifikationsniveaus der staatlich anerkannten Erzieher:innen. Damit droht eine Zwei-Klassen-Struktur in den rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten und sozialpädagogischen Einrichtungen, mit ungleichen Beschäftigungsbedingungen für vergleichbare pädagogische Aufgaben. Die GEW Rheinland-Pfalz lehnt diese Abwertung entschieden ab. Frühkindliche Bildung darf nicht durch niedrigschwellige Ausbildungsgänge auf Assistenzniveau geschwächt werden. Wer Bildung ernst nimmt, muss Qualität durch hochqualifizierte und tariflich abgesicherte Fachkräfte sichern.
Die GEW fordert stattdessen eine Qualitätsoffensive in der Ausbildung mit mehr Ausbildungsplätzen, modernen Fachschulen und Trägern, die bereit sind, unbegrenzt Personen in berufsbegleitender Ausbildung einzusetzen. Berufsbegleitende und modulare Wege für erfahrene Assistenzkräfte müssen gezielt gefördert und tariflich abgesichert werden. Wer bereits engagiert im System arbeitet, soll nicht abgewertet, sondern mit Perspektive und Anerkennung qualifiziert werden.
Personal sichern – Berufe attraktiv machen
Angesichts des Fachkräftemangels braucht es verlässliche Konzepte, die den Beruf der Erzieher:in langfristig durch gute Arbeitsbedingungen, gesundheitsgerechte Arbeitszeiten, attraktive Leitungsfunktionen und familienfreundliche Strukturen sichern. Leitungskräfte benötigen ausreichend Freistellung und Qualifikation, um Teams zu führen und pädagogische Qualität zu gestalten. Die Fachkraft-Kind-Relation muss deutlich verbessert werden, um Bildung tatsächlich kindgerecht und individuell gestalten zu können. Auch multiprofessionelle Teams und eine umgehende Evaluation des Kita-Gesetzes, insbesondere mit Blick auf die Konzeptionen des Sozialraumbudgets, sind notwendig, um dem gesellschaftlichen Auftrag der frühkindlichen Bildung gerecht zu werden.
Die GEW Rheinland-Pfalz steht für eine professionelle frühkindliche Bildung, die Kindern gerechte Startchancen ermöglicht und den Beschäftigten sichere Perspektiven bietet. Qualität gibt es nicht zum Nulltarif, aber sie ist Voraussetzung für eine demokratische, gerechte und zukunftsfähige Gesellschaft.
Verantwortung anerkennen heißt auch: Faire Entlohnung für die Beschäftigten
Gute frühkindliche Bildung braucht nicht nur qualifiziertes Personal, sondern auch gerechte Entlohnung. Wer Verantwortung für Bildung, Erziehung und den Schutz junger Kinder übernimmt, muss tariflich entsprechend eingruppiert sein. Die GEW Rheinland-Pfalz fordert daher die durchgängige Eingruppierung aller Erzieher:innen in Kindertagesstätten mindestens in die Entgeltgruppe S 8b. Eine pauschale Höhergruppierung ist durch die Formulierungen im Tarifvertrag möglich und benachbarte Bundesländer machen dies bereits vor. Der gegenteiligen Argumentation der ADD können wir nicht folgen. Vonnöten ist nun dringend der politische Wille zur Sicherung der Fachkräfte. Insbesondere in den Grenzregionen ist die Eingruppierung nach Entgeltgruppe S 8b ein wirksames Mittel.
Gleichzeitig müssen Stellen für Fachberatung und Kita-Sozialarbeit flächendeckend ausgebaut, tariflich gesichert und dauerhaft finanziert werden. Diese Qualifikationen sind systemrelevant für die Qualitätssicherung und den Kinderschutz. Projektbefristungen, prekäre Beschäftigung und fehlende Planungssicherheit stehen einer verlässlichen Bildungslandschaft entgegen.
Tarifliche Gerechtigkeit, gute Arbeitsbedingungen und echte Aufstiegsperspektiven sind kein Luxus. Sie sind Grundvoraussetzung für starke Kindertagesstätten, qualifiziertes Personal und gelingende Bildung von Anfang an.
Lernbedingungen verbessern – Qualität sichern, Beteiligung stärken
Eine Schule, die alle Lernenden mitnimmt, braucht mehr als pädagogischen Willen. Sie braucht Zeit, Räume, Fachkräfte und eine klare bildungspolitische Prioritätensetzung. Der jahrzehntelange Sanierungsstau bei Gebäuden, Personal und Ausstattung behindert nicht nur gute Unterrichtsqualität, sondern gefährdet langfristig auch Bildungsgerechtigkeit. Schulen müssen verlässlich funktionieren, um Bildung als gesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen zu können.
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert eine entschlossene Bildungsinvestition in moderne Lernumgebungen, für ausreichendes Personal und für Rahmenbedingungen, die das individuelle Lernen und die pädagogische Arbeit stärken.
Ganztag für Alle – Bildung umfassend denken
Der Ausbau der Ganztagsschulen im Rahmen des bundesweiten Rechtsanspruchs ab dem Sommer 2026 ist eine bildungspolitische Chance, die konsequent als Bildungs- und nicht als Betreuungsauftrag umgesetzt werden muss. Der Ganztag eröffnet Raum für individuelle Förderung, projektorientiertes Lernen, musisch-kulturelle Angebote und soziales Miteinander, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Die GEW fordert: Ganztagsschulen brauchen multiprofessionelle Teams mit gesicherten und tariflich abgesicherten Beschäftigungsverhältnissen. Die befristete Anstellung von Beschäftigten, die sich über die Sommerferien arbeitssuchend melden müssen, ist nicht mehr tragbar. Auch die Verknüpfung von Vor- und Nachmittag muss personell, konzeptionell und organisatorisch integriert geplant werden, ohne Zwei-Klassen-Systeme unter den Beschäftigten.
Unterrichtsversorgung absichern – Klassengrößen senken
Eine zukunftsfähige Schule braucht eine verlässliche Unterrichtsversorgung. Die GEW Rheinland-Pfalz fordert eine Lehrkräfteversorgung von mindestens 110 %, um Unterrichtsausfall systematisch zu reduzieren und auch Vertretungsbedarf abdecken zu können. Nur so kann das Ziel einer durchgängig guten Unterrichtsqualität erreicht werden.
Zudem sind kleinere Lerngruppen eine Voraussetzung für gute pädagogische Arbeit, insbesondere bei wachsender Heterogenität. Die GEW fordert:
maximal 20 Schüler:innen pro Klasse in der Grundschule,
maximal 25 Schüler:innen an weiterführenden Schulen
und eine bedarfsgerechte Förderung in Förderschulen durch kleinere Klassengrößen und zusätzliche Unterstützungssysteme.
Diese Ziele müssen sich auch in der Personalbedarfsplanung und der Ressourcenzuweisung an Schulen widerspiegeln.
Schulbau modernisieren – Infrastruktur pädagogisch denken
Viele Schulgebäude sind weder baulich, noch energetisch, noch pädagogisch zeitgemäß. Die GEW fordert ein landesweites Schulbauprogramm, das nicht nur Sanierung, sondern konzeptionelle Neuausrichtung ermöglicht. Zukunftsorientierte Lernräume müssen barrierefrei, flexibel nutzbar, akustisch optimiert und digital ausgestattet sein. Die neuen Schulbaurichtlinien sind entsprechend fortlaufend weiterzuentwickeln und mit Bildungs- sowie Inklusionszielen zu verzahnen. Hierbei ist es insbesondere wichtig, dass an der Stellschraube zur Flächenbemessung dort gedreht wird, wo es aus sozialräumlichen bzw. pädagogischen Erwägungen notwendig ist. Auch muss mit Blick auf den Schulbau inklusives Lernen immer mitgedacht und weiterentwickelt werden. Beispielsweise seien hier visuelle Signale zur Unterstützung von Pausen- und Alarmglocken genannt.
Auch die Digitalisierung muss pädagogisch eingebettet sein. Die Ausstattung mit digitalen Endgeräten, verlässliche IT-Infrastruktur, Support für die Wartung sowie datenschutzkonforme Lernumgebungen sind Voraussetzungen für medienpädagogisch sinnvollen Unterricht. Der Umgang mit digitalen Technologien, inklusive Künstlicher Intelligenz, muss durch Fortbildungen begleitet und von einem pädagogischen Orientierungsrahmen getragen sein. Bildung für die digitale Welt ist kein Add-on, sondern Teil der schulischen Entwicklungsaufgabe. Ebenso müssen die Digitalisierung und die damit verbundene Lernkultur bei der architektonischen Gestaltung von Schulgebäuden berücksichtigt werden.
Demokratiebildung systematisch verankern
Demokratiepädagogik, Menschenrechtsbildung und Werteerziehung sind integrale Bestandteile schulischer Bildung. Die GEW setzt sich dafür ein, dass demokratisches Lernen nicht auf Einzelprojekte beschränkt bleibt, sondern als Querschnittsthema in Unterricht, Schulentwicklung und Lehrkräftebildung verankert wird.
Schulen benötigen Ressourcen und Zeit für Beteiligungsprozesse, diskriminierungskritische Bildungsarbeit, politische Bildung und gendersensible Pädagogik. Die pädagogische Freiheit der Lehrkräfte sowie ein diskriminierungsfreies und vielfältiges Schulklima müssen gesetzlich und strukturell gesichert werden.
Anforderungen in Gymnasien und MSS anerkennen – Belastungen reduzieren und als Lernorte weiterentwickeln
Auch an den Gymnasien nehmen die Anforderungen kontinuierlich zu, insbesondere in der Mainzer Studienstufe (MSS). Die Organisation der Kursstufe, die intensive individuelle Begleitung von Schüler:innen, der hohe Korrekturaufwand sowie die komplexen Prüfungsverfahren stellen eine besondere Belastung für Lehrkräfte und Schulleitungen dar. Gleichzeitig fehlen verbindliche Regelungen, die diesen Anforderungen strukturell Rechnung tragen.
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert daher, die pädagogische und organisatorische Arbeit in der MSS endlich realistisch abzusichern. Die Anrechnungsstunden für Stammkurs- und Fachleitungen müssen landesweit vereinheitlicht und an den tatsächlichen Arbeitsaufwand angepasst werden. Die Gruppengrößen – insbesondere in schriftlichen Leistungsfächern – sind zu begrenzen, um eine individuelle Förderung überhaupt umsetzen zu können. Lehrkräfte in Abiturjahrgängen brauchen eine systematische Entlastung durch reduzierte Deputate, eine faire Korrekturverteilung und verlässliche Planungsbedingungen. Koordination und Durchführung der Abiturprüfungen dürfen nicht zu einem individuellen Kraftakt werden, sondern müssen organisatorisch unterstützt und zeitlich anerkannt werden.
Auch die Schulleitungen an Gymnasien stehen vor wachsenden Aufgaben, nicht nur durch Digitalisierung und Datenschutz, sondern auch durch schulische Entwicklung, Personalverantwortung und zunehmend komplexe Steuerungsanforderungen. Die Funktionsstellenbewertung an Gymnasien muss deshalb überarbeitet werden, insbesondere an kleineren und mittelgroßen Standorten, an denen häufig viele Aufgaben auf wenige Schultern verteilt werden.
Für eine gelingende Oberstufe braucht es Rahmenbedingungen, die pädagogische Qualität ermöglichen, statt auf Selbstausbeutung zu setzen. Die GEW steht für ein Gymnasium, das sowohl leistungsorientiert als auch gerecht arbeitet und für eine MSS, in der Schüler:innen nicht nur auf Prüfungen vorbereitet, sondern auch in ihrer Persönlichkeit gestärkt werden.
Arbeitsbedingungen verbessern – Qualität von Bildung sichern
Bildung gelingt nur durch Menschen. Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte, Schulleitungen, Hochschulangehörige und alle Beschäftigten in den Bildungsinstitutionen tragen mit ihrem Engagement, ihrer Professionalität und ihrer Haltung die Verantwortung für die Qualität von Bildung. Doch die Bedingungen, unter denen sie diese Aufgabe leisten, werden dem Anspruch guter Bildung immer weniger gerecht. Steigende Anforderungen bei gleichzeitigem Personalmangel, strukturell unzureichende Zeitressourcen, fehlende Unterstützungssysteme und über Jahre vernachlässigter Gesundheitsschutz haben zu einer gefährlichen Normalisierung der Überlastung geführt.
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert deshalb eine Bildungspolitik, die die Arbeitsbedingungen in den Mittelpunkt rückt, und zwar nicht aus Selbstzweck, sondern weil gute Arbeit die Voraussetzung für gute Bildung ist. Es braucht eine systematische Entlastung, klare Standards und eine langfristig angelegte Strategie, die Arbeitsfähigkeit und Gesundheit sichert. Eine demokratische, inklusive und gerechte Bildung kann nur dann verwirklicht werden, wenn diejenigen, die sie gestalten, unter fairen und gesunden Bedingungen arbeiten.
Arbeitszeit erfassen, Belastung sichtbar machen
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert die Einführung eines datensparsamen, rechtskonformen Systems zur Arbeitszeiterfassung für alle Beschäftigten an Schulen, inklusive einfacher Handhabung, Einsichtnahme durch die Betroffenen und Schutz vor Überwachung. Die Rechtsprechung von Europäischem Gerichtshof und Bundesarbeitsgericht macht deutlich: Auch im Bildungsbereich muss die Arbeitszeit nachvollziehbar dokumentiert werden. Das dient nicht nur dem rechtlichen Arbeitsschutz, sondern macht sichtbar, dass bislang die systematische strukturelle Überlastung oft verdrängt wird.
Erfasst werden soll nicht nur der zeitliche Umfang, sondern – optional und ausschließlich individuell – auch die Verteilung auf Tätigkeitsbereiche wie Unterricht, Aufsicht, Konferenzen, Korrekturen, Organisation und Fortbildung u.v.m. So können Beschäftigte ihre Arbeitsrealität reflektieren und Dienstherr sowie Personalvertretung verlässliche Daten für notwendige strukturelle Veränderungen gewinnen.
Altersgerechte Arbeit ermöglichen – jetzt und künftig
Für viele Beschäftigte ist der Übergang in den Ruhestand heute mit Überforderung, Erschöpfung oder gar Dienstunfähigkeit verbunden. Die GEW setzt sich daher entschieden für eine Verlängerung der Altersteilzeitregelung (ATZ) über das Jahr 2026 hinaus ein. Altersteilzeit ist ein erprobtes Instrument für einen gleitenden, würdevollen Ausstieg aus dem Berufsleben und ein Beitrag zum Gesundheitsschutz.
Sollte das Land an der Abschaffung der ATZ festhalten, ist die Wiedereinführung der Altersermäßigung ab dem 55. Lebensjahr zwingend erforderlich. Darüber hinaus bedarf es neuer Modelle lebensphasenbezogener Arbeitszeitgestaltung, die sowohl auf die Bedarfe junger Eltern als auch lebensälterer Kolleg:innen Rücksicht nehmen.
Verlässliche Personalbemessung und realistische Entlastung
Die pädagogische Arbeit in Bildungseinrichtungen ist komplexer geworden, doch die Rahmenbedingungen haben nicht Schritt gehalten. Die GEW fordert eine wissenschaftlich fundierte Personalbemessung, die tatsächliche Aufgaben und Bedarfe abbildet. Dies gilt für Lehrkräfte ebenso wie für pädagogische Fachkräfte, Sozialpädagog:innen, Schulsozialarbeiter:innen, Fachkräfte in Ganztagsangeboten, Schulpsycholog:innen oder Leitungskräfte.
Die Anforderungen an Schulleitungen, insbesondere an Grundschulen, sind gewachsen: Datenschutz, Personalverantwortung, Digitalisierung, multiprofessionelle Teams, Elternarbeit und Ganztagskoordination sind längst Teil der täglichen Arbeit, ohne dass sich dies angemessen in Anrechnungsstunden niederschlägt. Die GEW fordert daher die Angleichung der Leitungszeit in Grundschulen an das Niveau anderer Schularten sowie eine Erweiterung der Entlastungstatbestände, z. B. für Ganztag, Digitalisierung und inklusive Schulentwicklung.
Vertretungsreserven sind vielerorts erschöpft, die Unterrichtsversorgung ist brüchig. Daher fordert die GEW eine systematische Überversorgung mit Lehrkräften von mindestens 110 %, um Ausfälle wirksam abfedern zu können. Nur so kann das Ziel einer Unterrichtsversorgung nahe 100 % überhaupt realistisch erreicht werden.
Familienfreundlichkeit und Vereinbarkeit verbessern
Die Vereinbarkeit von Familie, Pflegeverantwortung und Beruf bleibt vielerorts in der Realität hinter den tatsächlichen Bedarfen zurück. Die GEW fordert ein Monitoring zur Umsetzung der Selbstverpflichtung des Landes zur Familienfreundlichkeit und konkrete Maßnahmen zur Erleichterung der Vereinbarkeit, insbesondere im Hinblick auf Dienstzeiten, Teilzeitmöglichkeiten, Vertretungsregelungen und Urlaubsansprüche. Beschäftigte mit familiären Sorgeaufgaben dürfen nicht strukturell benachteiligt werden.
Auch die Abschaffung der sogenannten Kostendämpfungspauschale in der Beihilfe ist überfällig: Sie bedeutet eine finanzielle Mehrbelastung der beihilfeberechtigten Kolleg:innen, die faktisch eine Umverteilung von Gesundheitskosten auf die Beschäftigten darstellt.
Dienstreisen und Schulfahrten realistisch vergüten
Schulfahrten und Fortbildungen sind fester Bestandteil pädagogischer Arbeit, ihre Durchführung darf nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen. Die GEW fordert daher eine Anpassung der Verwaltungsvorschrift zur Reisekostenvergütung an das allgemeine Reisekostenrecht. Die Deckelung von Übernachtungs- und Nebenkosten ist realitätsfern und führt regelmäßig dazu, dass Lehrkräfte privat zuzahlen. Notwendige dienstliche Aufwendungen müssen vollständig erstattet werden.
Anerkennung durch Ausbildung, Laufbahn und gerechte Bezahlung
Die Qualität der Bildung hängt entscheidend von der Qualität der pädagogischen Fachkräfte ab. Gute Bildung benötigt Menschen, die gut ausgebildet sind, unter fairen Bedingungen arbeiten und langfristige Perspektiven haben. In Zeiten eines eklatanten Fachkräftemangels in nahezu allen pädagogischen Bereichen ist es deshalb dringlicher denn je, pädagogische Berufe durch gerechte Bezahlung, verlässliche Arbeitsbedingungen, qualitätsorientierte Ausbildung und echte Entwicklungsmöglichkeiten im Beruf attraktiv zu gestalten.
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert: Wer pädagogische Verantwortung trägt, muss auf Augenhöhe mit anderen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst entlohnt und entsprechend seiner Qualifikation anerkannt werden, unabhängig von Schulform, Träger oder Beschäftigungsstatus.
A13 für alle Lehrämter – Diskriminierung beenden
Eine der zentralen Gerechtigkeitslücken im Bildungssystem betrifft die Eingangsbesoldung der Lehrkräfte. Während für viele Lehrämter A13 bzw. E13 Standard ist, werden Grundschullehrkräfte nach wie vor mit A12/E11 schlechter bezahlt, obwohl ihre Aufgaben ebenso anspruchsvoll, fundiert und gesellschaftlich relevant sind. Die GEW Rheinland-Pfalz fordert die sofortige Angleichung der Eingangsbesoldung auf A13/E13 für alle Lehrämter.
Diese Ungleichbehandlung ist nicht nur fachlich unbegründet, sondern auch strukturell diskriminierend, denn gerade im Grundschulbereich arbeiten überdurchschnittlich viele Frauen. Studien belegen, dass die Anforderungen an Grundschullehrkräfte denen anderer Schulformen in keiner Weise nachstehen. Das oft angeführte Argument eines kürzeren Studiums ist angesichts der gestiegenen Anforderungen und der zunehmenden Komplexität der Aufgaben überholt. Vielmehr ist die Grundschullehrkräfteausbildung perspektivisch so zu gestalten, dass sie in Umfang und Tiefe mit anderen Lehramtsstudiengängen gleichzieht.
Gleiche Eingruppierung – gleiche Wertschätzung
Auch über den Schulbereich hinaus ist die tarifliche Eingruppierung vieler pädagogischer Berufsgruppen nicht gerecht. Herkunftssprachenlehrkräfte, Fachkräfte in der Ganztagsschule, Honorarkräfte und andere Beschäftigte in schulischen oder sozialpädagogischen Kontexten sind häufig in befristeten und niedrig entlohnten Arbeitsverhältnissen tätig.
Ein besonderer Missstand betrifft auch die Leitung von verbundenen Grund- und Realschulen plus oder Realschulen plus mit Fachoberschule. Hier werden die Gesamtverantwortung und Schüler:innenzahlen der verbundenen Schularten bislang nicht ausreichend in der Stellenbewertung und Funktionszuweisung berücksichtigt. Die GEW fordert, die Schüler:innenzahlen beider Schulzweige gemeinsam zu berücksichtigen, auch im Hinblick auf Funktionsstellen und Beförderungsmöglichkeiten.
Ausbildung modernisieren, Qualifikationen anerkennen
Attraktive pädagogische Berufe setzen auch zeitgemäße Ausbildungswege voraus. Die GEW Rheinland-Pfalz fordert eine Ausbildungsreform, die sowohl im schulischen Bereich (z. B. Lehrkräftebildung) als auch in sozialpädagogischen Berufen Durchlässigkeit und Qualität verbindet. Neue Konzepte müssen der Heterogenität der Ausbildungsinteressierten Rechnung tragen und Qualifikationen aus dem Berufsleben anrechnen, ohne die pädagogischen Standards abzusenken.
Für ungelernte Hilfs- und Vertretungskräfte in Kitas, Fachkräfte im Ganztag und Quereinsteiger:innen braucht es gezielte berufsbegleitende Qualifizierungsangebote, die realistisch absolvierbar sind, finanziell abgesichert werden und eine nachhaltige Perspektive bieten. Kurzzeitige Modellprojekte mit abgesenktem Niveau, etwa der geplante Erstberuf im Kita-Bereich auf DQR 4, sind hingegen keine Lösung, sondern verschärfen die Entwertung der Berufe und das Entstehen einer Zwei-Klassen-Struktur. Die GEW fordert stattdessen: keine Absenkung von Standards, sondern Aufwertung durch qualifizierte Ausbildung, gerechte Bezahlung und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten.
Quereinstieg fair und qualitätsorientiert gestalten
Die GEW unterstützt grundsätzlich den Quereinstieg in pädagogische Berufe unter der Voraussetzung, dass Qualität, Qualifizierung und berufsbegleitende Unterstützung gewährleistet sind. Quereinsteigende müssen die Möglichkeit haben, sich pädagogisch und fachlich weiterzubilden und langfristig mit tariflich gesicherten Arbeitsbedingungen und Perspektiven auf unbefristete Beschäftigung in das System integriert zu werden. Eine systematische Personalentwicklung ist notwendig, um die Vielfalt im pädagogischen Berufsfeld als Ressource zu nutzen und pädagogische Qualität dauerhaft zu sichern.
Die GEW Rheinland-Pfalz begrüßt, dass mit der neuen Landesverordnung zur Durchführung des Lehrkräfteberufsqualifikationsfeststellungsgesetzes (LehrBQFGRP-DVO) ein rechtlicher Rahmen geschaffen wurde, um Lehrkräfte aus Drittstaaten in den rheinland-pfälzischen Schuldienst zu integrieren. Wir sehen darin eine wichtige Maßnahme gegen den Fachkräftemangel, vorausgesetzt, dass Qualität, pädagogische Eignung und gerechte Unterstützung gesichert sind. Bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Lehrbefähigungen muss die Prüfung und Anerkennung zügig geschehen. Gerade mit Blick auf Ein-Fach-Lehrkräfte und deren Eignung können wir uns in Rheinland-Pfalz Verzögerungen in der Bearbeitung nicht erlauben, da wir dringend ausgebildete Lehrkräfte für unsere Schulen halten müssen.
Bildung in der digitalen Welt braucht eine neue Lernkultur und Mitgestaltung
Mit der Digitalisierung ist ein tiefgreifender gesellschaftlicher Wandel verbunden, der auch das Bildungssystem vor neue Aufgaben stellt. Junge Menschen müssen mit den kognitiven, sozialen und emotionalen Kompetenzen ausgestattet werden, die ein erfolgreiches Leben in einer von Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägten Welt ermöglichen und sie zur Mitgestaltung befähigen. Neben grundlegenden kognitiven Kompetenzen gehören dazu Fähigkeit und Motivation zu eigenständigem lebenslangem Lernen, Kreativität, Kritikfähigkeit, Resilienz, Selbstwirksamkeit, Empathie, Solidarität, Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie Konfliktfähigkeit. Durch informatische Bildung für Alle und gezielte Förderkonzepte muss verhindert werden, dass eine kleiner werdende digitale Elite die Digitalisierung souverän zur Erhöhung ihres Wohlstands nutzt, während eine größer werdende Zahl digital nicht kompetenter Bildungsverlierer:innen zunehmend der Kontrolle und Verhaltenssteuerung durch die unkritische Nutzung digitaler Instrumente ausgesetzt ist.
Der von der Corona-Pandemie ausgelöste Beschleunigungsdruck führte zu einer technikzentrierten Digitalisierung der Schulen. Die GEW fordert eine Entschleunigung der Technisierungsprozesse und Zeit für die Evaluation der bisherigen Nutzung, um Defizite und Bedarfe zu erkennen und Entwicklungspotenziale zu fördern. Notwendig ist eine pädagogisch durchdachte und sozial gerechte Digitalstrategie, die die Rechte aller Beteiligten wahrt, Medienbildung als Bildungsauftrag versteht und Bildungsungleichheiten abbaut. Bei der Strategieentwicklung und der konkreten Ausgestaltung der digitalen Transformation ist die frühzeitige Einbindung der GEW und der Personalräte mit erweiterten, prozessorientierten Mitbestimmungsrechten unverzichtbar. Nur so können Transparenz und Vertrauen sichergestellt werden, die für eine erfolgreiche Steuerung von Veränderungsprozessen unabdingbar sind.
Künstliche Intelligenz und Automatisierung - Gestaltungsaufgabe statt Kontrollverlust
Die Zunahme KI-basierter Anwendungen zeigt weitreichende Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Demokratie und die Bildung. Die GEW beurteilt KI-Systeme danach, ob sie im Sinne guter Arbeit, guter Bildung, sozialer Gerechtigkeit und Demokratie gestaltbar sind. Sie setzt sich ein für eine pädagogisch begründete und menschenzentrierte Digitalisierung, insbesondere bei automatisierten und auf Algorithmen basierenden KI-Systemen und KI-Anwendungen.
Unterschiedlich zu beurteilen sind Entscheidungssysteme wie automatisierte und/oder adaptive Lernsysteme (Learning Analytics), Intelligente Tutorielle Systeme (ITS) und generative KI (z.B. ChatGPT). Der unterrichtliche Einsatz generativer KI muss sich am Alter der Schüler:innen und ihrem Kompetenzniveau (Fachwissen, sprachliche Kompetenzen, Weltwissen) sowie am Bildungsauftrag orientieren.
Die GEW fordert politisches Handeln, das sich nicht von Technik treiben lässt, sondern normative, ethische und pädagogische Leitlinien definiert. KI-Systeme dürfen nicht zur Verhaltensüberwachung, Leistungssteuerung oder automatisierten Bewertung eingesetzt werden. Deshalb fordert die GEW beim Einsatz von Systemen, die Lernverhalten analysieren, personalisierte Lernpfade erzeugen oder Feedbackprozesse automatisieren, dass Pädagog:innen aktiv beteiligt sein müssen. KI-Instrumente in Schulen müssen folgende Kriterien erfüllen: Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Kontrolle durch die Lehrkraft, informationelle Selbstbestimmung, Nichtdiskriminierung, pädagogische Sinnhaftigkeit. Die Lehrkräfte müssen allerdings dafür sensibilisiert werden, dass sie der Gefahr eines zu starken Vertrauens in die Technik unterliegen und ihrer eigenen Urteilsfähigkeit misstrauen könnten.
Professionalisierung – Grundlage für souveränes Handeln
Ein verantwortungsvoller Umgang mit digitalen Technologien setzt eine umfassende Professionalisierung aller Lehrkräfte in allen Phasen der Lehrkräftebildung voraus. Nach der technikzentrierten Ausstattungsphase besteht nunmehr dringender Bedarf an einer menschenzentrierten Professionalisierung der Lehrkräfte, die neben technisch-informatischen Kompetenzen die humane Dimension der Digitalisierung mit ethischen, sozialen und ökonomischen Fragen umfasst.
Notwendig ist eine mit angemessenen Ressourcen abgesicherte Professionalisierungsstrategie, die eine systematische Schulentwicklung mit pädagogisch begründetem Einsatz digitaler Technologien zum Ziel hat und die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte verbessert.
Zusätzlicher dringender Handlungsbedarf ergibt sich aus der Einführung des Pflichtfachs Informatik in der Sekundarstufe I. Das Fach muss sicherstellen, dass alle Menschen informatische Kompetenzen erwerben, um Chancen und Risiken digitaler Technologien bewerten und die Entwicklung einer digitalen Gesellschaft mitgestalten zu können. Um den Lehrkräftebedarf zu decken, müssen sowohl die grundständigen Informatikstudiengänge als auch die Weiterbildung am pädagogischen Landesinstitut und die Erweiterungsstudiengänge an den Hochschulen mit den erforderlichen zeitlichen Rahmenbedingungen ausgebaut werden.
Medienkompetenz, informationelle Selbstbestimmung und Mitgestaltung sicherstellen
Die GEW fordert die Verankerung von Medienkompetenz als durchgängiges Bildungskonzept in allen Schularten und Altersstufen als Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe, medienkritischen Umgang mit Fake News oder Hassbotschaften und Bewertung von Quellen sowie Schutz demokratischer Strukturen. Schulen brauchen curriculare Leitlinien, didaktische Konzepte und fächerverbindende Projekte, die Medienbildung als integrativen Bestandteil des Lernens begreifen.
Machtstrukturen im Bildungswesen und Einfluss privater Anbieter von Lerntechnologien bedrohen das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Lernenden und Lehrenden. Eine individuelle Ablehnung der Nutzung der bei der Arbeit mit digitalen Systemen anfallenden Leistungsdaten ist in der Praxis nicht möglich. Deshalb muss durch Technikfolgenabschätzung und schulspezifische Regulierungen sowie Herstellung von „Datenkompetenz“ bei Lehrenden und Lernenden sichergestellt werden, dass digitale Systeme nur dann eingesetzt werden, wenn sie mit grundlegenden ethischen Prinzipien und Grundrechten vereinbar sind.
Bei der Sicherung des informationellen Selbstbestimmungsrechts spielen Gewerkschaften und Personalräte mit erweiterten Mitbestimmungsrechten eine entscheidende Rolle. Sie müssen insbesondere Transparenz und Datensparsamkeit einfordern sowie Profiling und Datenverknüpfungen verhindern, die zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle geeignet sind. Von aktueller praktischer Relevanz sind diese ethischen und datenschutzrechtlichen Fragen bei der Weiterentwicklung des Schulcampus und des Bildungsportals Rheinland-Pfalz, vor allem wenn kommerzielle Lernplattformen einbezogen werden.
Digitale Infrastruktur und Ausstattung sozial gerecht und nachhaltig sichern
Alle Bildungseinrichtungen müssen mit stabiler, leistungsfähiger und wartbarer digitaler Infrastruktur ausgestattet werden. Dazu gehören flächendeckende Glasfaseranschlüsse, ausreichend dimensionierte Serverkapazitäten im eigenen Land, funktionale Netzwerke sowie digitale Plattformen und Lernumgebungen, bei denen die Datensicherheit Priorität genießt.
Lernende und Lehrende müssen über schulische Endgeräte verfügen, die standardisiert, wartungsarm und datenschutzkonform sind. Systemadministration und IT-Support sind dauerhaft und professionell zu finanzieren.
Ein DigitalPakt 2.0 muss verstärkt dafür genutzt werden, Schulen in sozial benachteiligten Lagen besonders zu fördern. Eine Bedarfsanalyse, die soziale Indikatoren berücksichtigt, muss dafür sorgen, dass die „digitale Spaltung“ zwischen „Technik-Haushalten“ und bildungsbenachteiligten Familien sowohl beim Zugang zu digitalen Technologien als auch beim Kompetenzerwerb für die Arbeit mit diesen Technologien aktiv bekämpft wird.
Bildung für die Welt von morgen – lokal handeln, global denken
Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, nämlich Klimakrise, soziale Ungleichheit, Ressourcenverknappung, zunehmende Autokratie-Bestrebungen und globale Krisen, machen deutlich: Bildung kann und darf sich nicht auf die Vermittlung technischer Kompetenzen beschränken. Bildung muss Menschen befähigen, Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung zu übernehmen, individuell, gesellschaftlich und global. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) im Sinne der UN-Agenda 2030 ist deshalb kein Add-on, sondern eine Querschnittsaufgabe im gesamten Bildungssystem.
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert, BNE verbindlich in allen Bildungsbereichen zu verankern, also von der frühkindlichen Bildung über allgemeinbildende Schulen und die berufliche Bildung bis hin zur Hochschule und Weiterbildung. BNE muss systematisch und strukturell umgesetzt werden, nicht nur in Einzelprojekten, sondern durch klare politische Rahmensetzungen, Curricula, Fortbildungen und personelle Ressourcen.
Klima-, Umwelt- und Gerechtigkeitsfragen in den Bildungsalltag integrieren
Die GEW tritt dafür ein, dass Kinder und Jugendliche die Ursachen und Folgen von Klimawandel, Umweltzerstörung und sozialer Ungleichheit verstehen lernen und befähigt werden, daraus Handlungsperspektiven zu entwickeln. Dafür braucht es Zeiträume im Bildungsalltag, ein lernförderliches Klima in den Einrichtungen, aber auch konkrete Inhalte in den Lehr- und Rahmenplänen.
Nachhaltigkeit, demokratische Mitgestaltung und Solidarität dürfen nicht allein Themen des Politik- oder Erdkundeunterrichts sein. Sie müssen in allen Fächern und Bildungsphasen ihren Platz finden: von naturwissenschaftlicher Umweltbildung, über wirtschaftsethische Fragestellungen, bis hin zu kultureller und sozialer Bildung. Ebenso gehört die Reflexion eigener Konsum-, Mobilitäts- und Kommunikationsmuster fest zur pädagogischen Arbeit.
Globale Verantwortung und interkulturelle Bildung stärken
Globale Perspektiven und interkulturelles Lernen sind zentrale Bestandteile von BNE. Die GEW fordert, dass das Globale Lernen stärker in die Aus- und Fortbildung von Pädagog:innen eingebunden wird und in den Bildungsplänen verankert wird. Kinder und Jugendliche sollen globale Zusammenhänge erkennen, unterschiedliche Lebensrealitäten verstehen und demokratische Gestaltungsmöglichkeiten erfahren, auch jenseits des eigenen Alltags.
Dabei sind internationale Bildungskooperationen, Austauschprogramme und digitale europäische Netzwerke auszubauen. Auch die Stärkung von Mehrsprachigkeit, antirassistischer Bildung, Dekolonialisierung von Lehrmaterialien und die Förderung interkultureller Kompetenzen gehören zum pädagogischen Handlungsfeld globaler Verantwortung.
Bildung als Teil der sozial-ökologischen Transformation
Bildung muss mehr sein als Anpassung an den Arbeitsmarkt. Sie ist ein zentrales Element der sozial-ökologischen Transformation. Die GEW fordert daher: Bildungseinrichtungen müssen selbst zu Orten nachhaltiger Entwicklung werden, durch partizipative Strukturen, Ressourcenbewusstsein, gerechte Arbeitsbedingungen und soziale Öffnung. Nur wenn Bildungseinrichtungen demokratisch, inklusiv und nachhaltig organisiert sind, können sie glaubwürdige Lernorte für BNE sein.
Die Umsetzung von BNE erfordert auf Rheinland-Pfalz bezogene verbindliche Strategien, angemessene Finanzierung und dauerhafte strukturelle Unterstützung. Eine ressortübergreifende Bildungsstrategie für nachhaltige Entwicklung, getragen von pädagogischer Überzeugung und politischem Willen, ist notwendig.
Bildungseinrichtungen als Orte demokratischer Kultur
Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sie muss gelernt, gelebt, erlebt und verteidigt werden. Angesichts zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung, rechtsextremer Ideologien, Antisemitismus, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und wachsender Akzeptanz autoritärer Denkmuster kommt der Demokratiebildung in Kitas, Schulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen eine zunehmend zentrale Rolle zu.
Bildungseinrichtungen müssen Orte gelebter Demokratie sein, nicht nur in der Vermittlung von Inhalten, sondern auch in ihrer Struktur und im pädagogischen Alltag. Partizipation, Mitbestimmung, Transparenz und offene Debattenkultur gehören in alle Bildungseinrichtungen. Kinder, Jugendliche und Erwachsene brauchen echte Beteiligungsmöglichkeiten und demokratische Erfahrungsspielräume. Dazu müssen Möglichkeiten der Partizipation gestärkt, demokratische Prozesse erlebbar (beispielsweise durch Kinderparlamente und Stärkung der Schüler:innenvertretung) und Lehr- und Rahmenpläne entsprechend ausgerichtet werden.
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert, Demokratiebildung systematisch in allen Einrichtungen zu verankern und als Querschnittsaufgabe aller Fächer zu begreifen. Politische Bildung muss früh beginnen, altersgerecht vermittelt und in der Ausbildung aller pädagogischen Fachkräfte verbindlich berücksichtigt werden.
Vielfalt anerkennen, Diskriminierung bekämpfen und Inklusion leben
Demokratie lebt von der Anerkennung von Vielfalt. Schulen und andere Bildungseinrichtungen müssen diskriminierungsfreie Räume sein, in denen alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, sexueller Identität, Religion, Herkunft, Sprache, Behinderung oder sozialer Lage, sicher lernen und arbeiten können.
Die GEW tritt deshalb für eine Bildung ein, die gezielt Vielfalt fördert, Vorurteile abbaut und struktureller Diskriminierung entgegenwirkt. Dazu gehört die konsequente Verankerung von Antidiskriminierungskonzepten, gendersensibler Pädagogik, LSBTIQ+-Akzeptanz, rassismuskritischer Bildung und die Aufarbeitung kolonialer Kontinuitäten. Die GEW steht für inklusive Bildungseinrichtungen.
Diese Aufgaben dürfen nicht auf das individuelle Engagement einzelner Lehrkräfte oder Fachkräfte abgeschoben werden. Sie erfordern klare politische Rahmenbedingungen, Weiterbildungsmöglichkeiten, eine diskriminierungssensible Konzeptions- und Schulentwicklung sowie verlässliche Anlaufstellen für Betroffene, inklusive externer Beratung.
Pädagogische Haltung braucht Schutz – Keine Bühne für Einschüchterung
Demokratische Bildungsarbeit gerät zunehmend unter Druck: Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte, die sich klar gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus oder Verschwörungsideologien positionieren, sehen sich immer häufiger Angriffen ausgesetzt, im digitalen Raum, durch anonyme Anzeigen oder durch gezielte Kampagnen. Auch die von der AfD eingerichteten sogenannten „Meldestellen gegen Lehrkräfte“ dienen einzig der Einschüchterung.
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert, alle pädagogischen Fachkräfte, die sich auf Grundlage des Beutelsbacher Konsenses für Demokratie und Menschenrechte einsetzen, entschieden zu schützen, auch und gerade dann, wenn sie angegriffen werden. Es braucht klare politische Rückendeckung, einen verlässlichen rechtlichen Beistand und Ansprechpersonen in der Schulaufsicht.
Pädagogische Fachkräfte und Lehrkräfte dürfen nicht allein gelassen werden, wenn sie durch Falschbehauptungen, digitale Denunziation oder in den Sozialen Netzwerken diffamiert werden. Hier sind Landesregierung und Kita- sowie Schulträger gleichermaßen gefordert, Schutzmechanismen zu schaffen und betroffene Personen aktiv zu unterstützen.
Neutralität heißt nicht Beliebigkeit – Haltung zeigen ist Teil des Berufs
Immer wieder wird das sogenannte „Neutralitätsgebot“ von politischer Seite oder durch einschüchternde Rhetorik instrumentalisiert, um engagierten Lehrkräften den Rückenwind zu nehmen. Dabei gilt: Neutralität im Bildungsauftrag bedeutet nicht politische Beliebigkeit, sondern verpflichtet zu einer werteorientierten, grundgesetzbasierten Haltung.
Lehrkräfte sind in ihrer Arbeit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichtet, nicht politischen Kräften oder extremistischen Positionen. Sie dürfen und müssen ihre Stimme erheben, wenn Menschenrechte in Frage gestellt, die Würde Einzelner verletzt oder rassistische Aussagen getätigt werden. Diese Haltung ist kein Regelverstoß, sondern demokratischer Bildungsauftrag.
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert eine rechtssichere Klarstellung durch die Landesregierung, dass der Einsatz für Menschenrechte, Gleichstellung und Antidiskriminierung ausdrücklich Teil der pädagogischen Aufgaben ist und keine dienstrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen darf. Die pädagogische Freiheit ist zu schützen und darf nicht durch politisch motivierte Stimmungsmache eingeschränkt werden.
„Keiner ohne Abschluss“ – das Versprechen endlich einlösen
Ein gerechtes Bildungssystem muss gewährleisten, dass kein junger Mensch ohne einen Schulabschluss und ohne berufliche Perspektive aus dem System entlassen wird. Doch dieses Ziel wird in Rheinland-Pfalz noch immer nicht erreicht. Jedes Jahr verlassen mehrere tausend Jugendliche die Schule ohne Abschluss – mit gravierenden Folgen für ihre Lebenswege und die gesellschaftliche Teilhabe. Besonders betroffen sind junge Menschen aus sozioökonomisch benachteiligten Familien, mit Migrationsgeschichte oder mit besonderen Unterstützungsbedarfen. Eine Stärkung der KoA-Konzeption an den Realschulen plus und eine flächendeckende Ausweitung des Konzepts für Rheinland-Pfalz können ein Instrument der Gegensteuerung sein. Ebenso müssen regional gute Lösungen gefunden werden für Schüler:innen, die an den Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen zukünftig ihren Abschluss der Berufsreife nicht mehr werden erwerben können.
Berufsorientierung als kontinuierlicher Prozess
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert eine verbindliche, kontinuierliche und zielgruppengerechte Berufsorientierung in allen Schulformen und -stufen. Sie darf nicht als punktuelle Maßnahme verstanden werden, sondern muss Bestandteil eines umfassenden Konzepts individueller Förderung sein. Dabei sind praxisnahe Lernformen, Kooperationen mit Betrieben, Einbindung der Berufsbildenden Schulen sowie geschlechtersensible und diversitätsbewusste Ansätze zu stärken. Schulen benötigen dafür zusätzliche zeitliche und personelle Ressourcen sowie professionelle Unterstützung durch externe Partner:innen.
Schulsozialarbeit und Übergangsmanagement stärken
Besonders an den Schularten mit hohem Anteil von Schüler:innen in prekären Lebenslagen, die in Armut aufwachsen, muss Schulsozialarbeit flächendeckend ausgebaut und dauerhaft abgesichert werden. Sie ist ein zentraler Baustein für die individuelle Begleitung, Krisenintervention und Stabilisierung von Bildungsbiografien. Die GEW fordert eine sozialraumorientierte Grundausstattung mit Schulsozialarbeit an allen Schulstandorten. Darüber hinaus müssen die Übergangssysteme zwischen Schule und Beruf weiterentwickelt werden: Übergangslots:innen, Bildungslots:innen und Beratungsangebote an Berufsbildenden Schulen sind auszubauen und verlässlich zu finanzieren. Das Startchancen-Programm muss auch den Übergang Schule-Beruf in den nächsten Jahren stärker in den Blick nehmen.
Qualifizierende Bildungsangebote und Anschlusswege sichern
An den Berufsbildenden Schulen braucht es ausreichend vollqualifizierende schulische Bildungsgänge, insbesondere für Jugendliche ohne betrieblichen Ausbildungsplatz. Ziel muss es sein, allen jungen Menschen einen Schulabschluss und echte berufliche Perspektiven zu eröffnen, ohne Diskriminierung und unabhängig von Herkunft oder Unterstützungsbedarf. Übergänge müssen gestaltet und begleitet, nicht verwaltet werden.
Bildung ist mehr als Vermittlung von Abschlüssen
Die GEW Rheinland-Pfalz tritt für ein Bildungssystem ein, das junge Menschen nicht nur zur Ausbildung, sondern zur mündigen Teilhabe an der Gesellschaft befähigt. Die individuelle Förderung, die Anerkennung unterschiedlicher Bildungsbiografien und die systematische Vermeidung von Schulabbrüchen müssen Leitprinzipien rheinland-pfälzischer Bildungspolitik sein. Jeder Mensch hat ein Recht auf einen qualifizierten Abschluss. Dieses Versprechen muss eingelöst werden.
Gute berufliche Bildung für alle – Lernwege vielfältig und zukunftsfest gestalten
Die berufliche Bildung ist ein zentrales Element eines durchlässigen und chancengerechten Bildungssystems. In Rheinland-Pfalz leisten die berufsbildenden Schulen mit ihren Vollzeit- und Teilzeitangeboten sowie der dualen Ausbildung einen unverzichtbaren Beitrag zur Qualifizierung junger Menschen. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels, der fortschreitenden Digitalisierung und der gesellschaftlichen Transformation müssen diese Bildungsangebote gestärkt, modernisiert und besser finanziell ausgestattet werden. Gleichzeitig braucht es verlässliche Perspektiven für die Beschäftigten an berufsbildenden Schulen, auch mit Blick auf den wachsenden Bedarf an qualifizierten Lehrkräften.
Berufsbildende Schulen stärken – Zugänge öffnen, Qualität sichern
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert eine dauerhafte Verbesserung der Rahmenbedingungen an berufsbildenden Schulen. Dazu gehören eine bedarfsgerechte personelle Ausstattung, zukunftsweisende Schulentwicklungsplanung, eine moderne Infrastruktur sowie eine bessere Vertretungsreserve. Der schulische Teil der Berufsausbildung muss gestärkt und regional so ausgebaut werden, dass dieser auch in strukturschwächeren Regionen attraktiv und erreichbar bleibt. Es braucht trotzdem auch eine klare Perspektive für junge Menschen, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz finden: Vollqualifizierende schulische Bildungsgänge mit Praxisanteilen müssen ihnen offenstehen, statt sie in Übergangsmaßnahmen zu drängen.
Die Bildungsgänge an den Fachschulen, insbesondere an den Fachschulen für Sozialpädagogik, sind angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung frühkindlicher Bildung von strategischer Relevanz. Hierzu ist das dringend benötigte berufliche Lehramt für das Fach Sozialpädagogik an einer Universität in Rheinland-Pfalz endlich zu etablieren. Dieser Studiengang wird bislang weder in Rheinland-Pfalz, noch in den benachbarten Bundesländern Hessen und dem Saarland angeboten. Nur so kann dauerhaft qualifiziertes Lehrpersonal für die Fachschulen gewonnen werden. Der alleinige Rückgriff auf den Quer- und Seiteneinstieg deckt weder den Bedarf, noch sichert er die Qualität dieser Ausbildung langfristig.
Weiterbildung als vierte Säule des Bildungssystems stärken
Die öffentlich verantwortete Weiterbildung ist eine tragende Säule für das lebenslange Lernen und für gesellschaftliche Teilhabe. Gerade angesichts sich wandelnder Arbeitsmärkte, demografischer Veränderungen und der Herausforderungen einer Migrationsgesellschaft braucht es eine starke, flächendeckende und gebührenfreie Weiterbildung. Doch in Rheinland-Pfalz liegt der Anteil der Bildungsausgaben für Weiterbildung noch immer deutlich unter dem Bundes- und OECD-Durchschnitt. Die GEW Rheinland-Pfalz fordert deshalb eine nachhaltige Erhöhung der Finanzierung, insbesondere für Volkshochschulen und Grundbildungsangebote.
Weiterbildung ist mehr als eine Reaktion auf individuelle Bildungsdefizite. Sie ist ein demokratisches Recht und ein zentraler Baustein gesellschaftlicher Entwicklung. Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Weiterbildung müssen verbessert werden. Dazu gehören tarifliche Absicherung, existenzsichernde Honorare, unbefristete Stellen und gerechte Anerkennung ihrer Arbeit.
Vielfalt ermöglichen, Bildungschancen erweitern
Weiterbildung muss auch für diejenigen zugänglich sein, deren Lebens- und Erwerbsbiografien von Brüchen und Belastungen geprägt sind. Kostenfreie Angebote in der Weiterbildung sind hier unerlässlich und eine strukturelle Förderung von Fortbildungsträgern muss gesichert sein. Der Zugang zu Weiterbildung darf nicht von finanziellen oder sozialen Hürden abhängen. Besonders wichtig ist ein Weiterbildungssystem, das mit den Anforderungen inklusiver Bildung und heterogener Lebenslagen pädagogisch kompetent umgehen kann.
Die berufliche Bildung und die Weiterbildung müssen als gleichwertige Bestandteile eines zukunftsfähigen Bildungswesens begriffen werden, nicht als Randbereiche. Sie brauchen politische Priorität, dauerhafte Finanzierung und strukturelle Sicherung.
Die Hochschulen in Rheinland-Pfalz stehen vor großen Herausforderungen. Ungleiche Zugangschancen, prekäre Beschäftigungsverhältnisse und eine unzureichende Grundfinanzierung prägen die Strukturen. Die GEW Rheinland-Pfalz tritt für ein Hochschulsystem ein, das allen gesellschaftlichen Gruppen und Individuen Zugang ermöglicht, demokratisch verfasst ist und verlässliche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigtengruppen bietet. Unserer Ansicht nach kann so auch die Qualität unserer Wissenschaftslandschaft gesteigert werden.
Zugang sichern und Studienzugänge flexibilisieren
Ein Studium muss allen Menschen offenstehen, unabhängig von sozialer Herkunft, Alter oder Qualifikationsweg. Rheinland-Pfalz braucht eine durchlässige Hochschullandschaft ohne Zugangshürden: Die Abschaffung von Zweitstudien- und Altersstudiengebühren war ein richtiger Schritt. Weiterhin setzen wir uns dafür ein, dass Hochschulen auch für beruflich Qualifizierte geöffnet bleiben und Brücken zwischen beruflicher und akademischer Bildung geschlagen werden.
Demokratische Verantwortung: Zivilklauseln jetzt!
Hochschulen tragen Verantwortung für die Gesellschaft. In Zeiten wachsender Radikalisierung und Militarisierung und einer zunehmenden Abhängigkeit von Drittmitteln muss sich die Hochschule aktiv zu friedlicher, ziviler Lehre und Forschung bekennen. Die GEW fordert daher die verbindliche Einführung von Zivilklauseln in allen Satzungen, Leitbildern und im Landeshochschulgesetz. Forschung im militärischen Auftrag steht dem verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsanspruch der Wissenschaft entgegen, wenn sie durch ökonomische oder politische Steuerung unterwandert wird. Öffentliche Hochschulen dürfen keine Orte der Rüstungsforschung sein.
Gute Arbeit – auch an Hochschulen
Die GEW Rheinland-Pfalz fordert den Ausbau tariflicher Absicherung und Mitbestimmung für alle Beschäftigtengruppen an Hochschulen. Was die tarifliche Absicherung betrifft, ist die Lage bei studentischen Hilfskräften besonders schwierig. Da sie nicht unter den TV-L fallen, arbeiten sie nicht nach dessen Vergütungsregelungen, oft mit befristeten Arbeitsvertragslaufzeiten von maximal einem Jahr und grundsätzlich unter prekären Bedingungen. Wir fordern:
eine Tarifierung studentischer Beschäftigter im Rahmen eines Tarifvertrages für studentische Beschäftigte (TVStud),
Mindestvertragslaufzeiten von 24 Monaten,
eine Definition des Berufsbildes und klare Tätigkeitsprofile mit Fokus auf wissenschaftliche bzw. künstlerische Hilfstätigkeiten
und die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für studentische Personalräte.
Hinsichtlich der Mitbestimmung nach dem rheinland-pfälzischem Landespersonalvertretungsgesetz schlagen wir die Streichung von § 81 Satz 1 und 2 vor, welcher regelt, dass wissenschaftliche Mitarbeitende und Hilfskräfte nur auf Antrag in personellen Einzelmaßnahmen durch den Personalrat vertreten werden. Wir fordern, dass die Mitbestimmung auch ohne vorherigen Antrag durchgeführt wird, da dies regelmäßig auf Grund von Nichtwissen versäumt wird.
Wissenschaft braucht Dauerstellen
Im wissenschaftlichen Mittelbau dominieren weiterhin Kettenverträge. Qualifizierte und engagierte Beschäftigte arbeiten unter prekären Bedingungen, obwohl viele Aufgaben dauerhaft bestehen. Die GEW setzt sich daher für ein verbindliches Dauerstellenprogramm des Landes ein, für Lehre, Forschung und Verwaltung. Daueraufgaben erfordern unbefristete Stellen. Neben einer Entfristungsperspektive fordert die GEW verlässliche Karrierewege, familienfreundliche Beschäftigungsmodelle und faire Berufungsverfahren.
Um den Anforderungen moderner Wissenschaft, effizienter Governance und interdisziplinärer Zusammenarbeit gerecht zu werden, fordern wir die flächendeckende Einführung einer klar strukturierten und autonom agierenden Departmentstruktur. Die Departments sollen dabei als fachlich gebündelte, strategisch ausgerichtete und mit eigenständigen Ressourcen ausgestattete Einheiten agieren, die sowohl Forschung als auch Lehre auf hohem Niveau organisieren und weiterentwickeln. Ziel ist die Abschaffung des Einzel-Lehrstuhlsystems, insbesondere seine Hierarchien, seine Ressourcenverteilung und seine Entscheidungsstrukturen. Wissenschaftliches Personal ist im Department tätig – nicht einem einzelnen Lehrstuhl "zugeordnet". Anstellung erfolgt über zentrale Mittel des Departments, nicht über Professuren.
Hochschulfinanzierung: Zukunft sichern, Grundmittel stärken
Die Grundfinanzierung der Hochschulen in Rheinland-Pfalz reicht seit Jahren nicht aus, um wachsende Aufgaben abzudecken. Wir begrüßen selbstverständlich die Hochschulinitiative für gutes Studium und gute Lehre in Rheinland-Pfalz. Wir fordern aber zusätzliches Landesgeld für Dauerstellen und Infrastruktur, sowie eine bessere Ausstattung der Hochschuldidaktik. Auch Digitalisierung und Internationalisierung benötigen eine langfristige Personal- und Finanzplanung, keine befristeten Projekte.
Künstliche Intelligenz an Hochschulen verantwortungsvoll, transparent und gemeinwohlorientiert einsetzen
KI prägt Wissenschaft und Hochschulen zunehmend, weshalb ihre verantwortungsvolle Integration auch in diesen Bereichen essenziell ist. Die GEW fordert gezielte Schulungen für Lehrende und Studierende, um den reflektierten Umgang mit KI zu gewährleisten. Datenschutz darf dabei nicht vernachlässigt werden – personenbezogene Daten müssen geschützt und transparent verarbeitet werden. Wir sind außerdem der Ansicht, dass an öffentlichen Hochschulen gemeinnützige, offene KI-Lösungen gefördert werden sollten, um die Unabhängigkeit von großen Technologiekonzernen zu bewahren. Letztlich ist es entscheidend, dass KI in der Hochschullandschaft nicht wissenschaftliche Verantwortung ersetzt, sondern als unterstützendes Werkzeug dienen kann.
Bildung ist keine Ware – sondern demokratische Daseinsvorsorge
Gute Bildung für alle braucht eine solide und verlässliche Finanzierung. Doch in allen Bildungsbereichen – von der Kita über die Schule bis zur Hochschule – erleben wir seit Jahren eine chronische Unterfinanzierung, befristete Projekte statt Strukturförderung und eine wachsende Abhängigkeit von Drittmitteln. Diese Entwicklung gefährdet die Qualität der Bildung ebenso wie die Chancengerechtigkeit. Die GEW Rheinland-Pfalz fordert einen grundlegenden Kurswechsel in der Bildungsfinanzierung.
Statt Projekteritis: Verlässliche und bedarfsgerechte Finanzierung
Die Bildungslandschaft leidet unter kurzfristiger, unsystematischer Förderlogik. Projektgelder schaffen Unsicherheit, belasten die Arbeitsbedingungen und verhindern nachhaltige Schul- oder Hochschulentwicklung. Stattdessen braucht es strukturwirksame Investitionen: verbindliche Ausbaustandards für Personal, Raum und Ausstattung, unabhängig von Modellregion, Antragssumme oder Wettbewerbsformat.
Ob Vertretungsreserve, Ganztag, Schulsozialarbeit, Digitalisierung oder Weiterbildung: All das darf nicht von wechselnden Programmen abhängen, sondern muss dauerhaft und gesetzlich abgesichert sein. Gleiches gilt für die frühkindliche Bildung: Trägervielfalt darf nicht zu Qualitätsunterschieden führen – die öffentliche Hand muss für einheitliche, faire Rahmenbedingungen sorgen.
Bildung ist öffentliche Aufgabe – keine Plattform für Private
Kommerzialisierungstendenzen im Bildungsbereich nehmen weiterhin zu: private Anbieter besetzen pädagogische Felder, internationale Konzerne drängen in die digitale Infrastruktur der Schulen, Drittmittelprojekte ersetzen Dauerstellen. Die GEW fordert: Bildung muss öffentlich verantwortet, finanziert und gesteuert bleiben, auf allen Ebenen.
Wir lehnen Outsourcing, Öffentlich-Private Partnerschaften/ÖPP-Modelle im Schulbau und kommerzielle Bildungsplattformen ab. Bildungsinstitutionen sind keine Märkte. Digitalisierung darf nicht zu Abhängigkeit von Konzernen führen, sondern muss an Datenschutz, Gemeinwohlorientierung und pädagogische Qualität gebunden werden. Auch in der Weiterbildung fordern wir eine stärkere öffentliche Steuerung und Absicherung der Trägerlandschaft.
EU- und Bundesmittel sinnvoll nutzen – aber nicht als Ersatz
Bundes- und EU-Förderprogramme können wertvolle Impulse setzen. Sie dürfen aber nicht als Ersatz für Landesmittel dienen. Die GEW fordert, dass alle Fördergelder strategisch und sozial eingesetzt werden: für strukturelle Verbesserungen, nicht für befristete Modellprojekte. Gerade im Ganztag, für die Inklusion, in der Digitalstrategie und im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung braucht es abgestimmte Landesprogramme mit kommunaler Verlässlichkeit und keine Flickenteppiche. Auch fordern wir, dass bei Projekten, wie dem Startchancen-Programm und dem Digitalpakt 2.0, Landesmittel zusätzlich investiert werden und nicht bereits eingeplante Gelder umgewidmet und angerechnet werden.
Ein Land ohne Bodenschätze muss in Bildung investieren
Bildung ist das Fundament unserer Gesellschaft und ein zentrales Versprechen des demokratischen Sozialstaats. Wer die Herausforderungen der Zukunft, wie Fachkräftesicherung, Integration, Nachhaltigkeit, Demokratie und Innovation bewältigen will, muss heute in Bildung investieren: dauerhaft, gerecht, solidarisch. Die GEW fordert, dass Bildungsausgaben nicht als Belastung, sondern als Zukunftsinvestition begriffen und im Landeshaushalt prioritär berücksichtigt werden.