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Lehrplan Evangelische Religion Sekundarstufe I | Anhörung

Entwurf zum Lehrplan Evangelische Religion Sekundarstufe I | Anhörung

 Schreiben des MBWWK vom 20.01.2023, Az.: 7030-0011#2022/0002-0901 9424C Anhörung

 

Die GEW Rheinland-Pfalz nimmt zu dem o.g. Entwurf wie folgt Stellung:

Dem Entwurf des neuen Lehrplans liegt die Überlegung zugrunde, eine zeitgemäße Grundlage für den Religionsunterricht zu schaffen. Auch mit der Tatsache, dass die Anzahl der konfessionslosen Schülerinnen und Schüler, die am evangelischen Religionsunterricht teilnehmen, gestiegen ist, setzt der Entwurf sich auseinander. Trotz der sinkenden Zahl an Gläubigen spielt die Auseinandersetzung mit existentiellen Fragen weiterhin eine große Rolle für die Jugendlichen. Dem trägt der Lehrplanentwurf Rechnung, indem er diese existentiellen Fragestellungen mit den Themenbereichen verknüpft und theologischen Grundaussagen und der Frage nach der zeitlosen Gültigkeit christlicher Aussagen in aktuellen Wertkonflikten gegenüberstellt. Insgesamt scheint hier inhaltlich eine zeitgemäße Grundlage für den Religionsunterricht gelungen.

Positiv zu bewerten ist, dass unterschiedliche Lernausgangssituationen berücksichtigt werden. Zudem liegt dem Lehrplan eine kompetenzorientierte Unterrichtsgestaltung zu Grunde und berücksichtigt die aktuellen Lebensweltbezüge der Schülerinnen und Schüler. Fächerverbindendes und Fächerübergreifendes Lernen ist explizit angelegt und es werden vielfältige konkrete Anknüpfungspunkte zu Querschnittsthemen genannt. Für die Kolleginnen und Kollegen werden zu allen Themen konkrete Unterrichtsideen sowie Bezüge zu den biblischen Basistexten genannt.

 

Folgende Aspekte möchten wir kritisch anmerken:

Für den Bildungsgang Lernen gab es bisher keinen Lehrplan Evangelische Religion, sondern nur eine Arbeitshilfe. Es ist nicht zu erkennen, dass sich in der fachdidaktischen Kommission mit dem zieldifferenten Lernen auseinandergesetzt wurde, denn es gibt keine Hinweise auf Richtlinien zum zieldifferenten Lernen, wie sie für andere Fächer auch erarbeitet werden. An den Schwerpunktschulen nehmen jedoch im Rahmen der schulischen Inklusion Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf Lernen und Ganzheitliche Entwicklung an allen Fächern, auch Religion, teil.

Im Bereich Inklusion werden Hinweise auf die „Schwachen“ gegeben, die in die Gemeinschaft integriert wurden und auf die Möglichkeit, Schüler:innen entdecken zu lassen, mit der Begrenztheit des eigenen Lebens umzugehen. Wünschenswert wäre hier im Sinne eines erweiterten Begriffes von Inklusion, diese als einen Prozess zu sehen, der eher darauf abzielt, eine qualitativ hochwertige Bildung für alle anzubieten und gleichzeitig Vielfalt zu respektieren und weniger einzelne Gruppen oder Einzelpersonen zu benennen und Möglichkeiten zu finden, diese zu integrieren.

Die Anregungen und Hinweise zur Differenzierung erscheinen uns nicht ausreichend. Bei der Spalte mit „Anregungen und Hinweisen zur Differenzierung“ handelt es sich eher um eine Ideenbörse und nicht um konkrete Differenzierungsmaßnahmen. Die Hinweise sind nicht griffig und die inklusionspädagogische Perspektive fehlt. Unserer Einschätzung nach fehlt in der fachdidaktischen Kommission die Expertise aus dem Förderschulbereich. Die Frage stellt sich, ob zumindest Adaptionen angedacht sind, hierzu finden sich keine Hinweise im Entwurf. Für alle Rahmenpläne sollten entsprechende Adaptionen mitentwickelt werden.

Inhaltlich erscheinen uns einige aktuelle Fragen, die die Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler betreffen, nicht konkret genug aufgeführt. Hier wäre eine dezidierte Nennung von Geschlechteridentitäten, alternativen Familienmodellen, neuen Lebensweisen, etc. wünschenswert. Auch die neuen sozialen Medien und ihre Gefahren hielten wir für geeignet, im Themenbereich „Mensch“ thematisiert zu werden. Die politische Dimension des Christentums erscheint uns ebenfalls nicht deutlich formuliert (die urchristliche Idee, sich auch streitbar einzusetzen für die Schwächeren, für Menschen, Tiere und die Natur). In diesem Zusammenhang erschiene uns auch die Behandlung der Theodizeefrage ab Jahrgang 9 sinnvoll, auch in Vorbereitung auf eine gymnasiale Oberstufe.

 

Mainz, den 27.02.2023

Kontakt
Peter Blase-Geiger
Geschäftsführer GEW Rheinland-Pfalz
Adresse Martinsstr. 17
55116 Mainz
Telefon:  06131 28988-15