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Entwurf der Zweiten Landesverordnung zur Änderung der Übergreifenden Schulordnung; Anhörung

Stellungnahme zum Entwurf der Zweiten Landesverordnung zur Änderung der Übergreifenden Schulordnung; Anhörung

Schreiben des BM vom 11.08.2017 Az.: 9211-51 002/30

Die GEW nimmt zu dem o.g. Entwurf wie folgt Stellung:

Grundsätzliches:

Die GEW Rheinland-Pfalz hat im Mai 2013 in ihrer Stellungnahme zur Novellierung des Schulgesetzes folgende Forderungen erhoben:

„Die vorgesehene Neuformulierung 'Alle Schulen wirken bei der Entwicklung eines inklusiven Schulsys­tems mit.' halten wir jedoch für unzureichend, wenn nicht die nachgeordneten Rechtsverordnungen und Durchführungsbestimmungen bzw. die Schulordnungen der Regelschulen entsprechend geändert wer­den. Das gegliederte Schulsystem in Rheinland-Pfalz verhindert die Entwicklung eines inklusiven Schul­systems hin zu einer Schule für alle. Der selektive Charakter dieses Schulsystems bleibt trotz des neu gefassten § 1 bestehen. Die vorgesehenen Gesetzesänderungen implizieren aus unserer Sicht zu­nächst lediglich verstärkte Aktivitäten zur Ausweitung der Integration/Inklusion von Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf und/oder mit Behinderungen.

Die schulstrukturellen Rahmenbedingungen in Rheinland-Pfalz u.a. mit Aufnahmevoraussetzungen, Ab­gangskriterien, Klassenwiederholungen, starren Leistungsbewertungen, sind, insbesondere bezogen auf die Schularten im SEK I/SEK II-Bereich, dringend zu verändern, um Entwicklungsschritte hin zu einem inklusiven Schulsystem nicht zu verhindern.“

Die GEW Rheinland-Pfalz sieht dementsprechend einen wesentlich weiter gefassten Problem- und Re­gelungsbedarf als den in der vorgelegten Anhörungsfassung unter A beschriebenen Sachverhalt.

Die GEW fordert aus diesem Grund das Problem- und Regelungsbedürfnis bezogen auf Aufnahmevoraus­setzungen, Abgangskriterien, Klassenwiederholungen und starren Leistungsbewertungen in einem nächs­ten Schritt aufzugreifen und die „Übergreifende Schulordnung“ in diesem Sinne zu modifizieren.

Im Besonderen gewährleistet die übergreifende Schulordnung keinen reibungslosen Übergang von der Grundschule zu weiterführenden Schulen, weil die Schulordnung für Grundschulen und die vorliegende „Übergreifende Schulordnung“ u.a. in den Bereichen Leistungsbeurteilung nicht miteinander kompatibel sind. Zumindest für den Bereich der Orientierungsstufe müsste eine Anpassung der „Übergreifenden Schulordnung“ erfolgen, um die Kontinuität des individuellen Lernens in dieser Phase für einige Schü­ler*innen zu gewährleisten. Die gegenwärtige Situation führt dazu, dass nach dem Übergang zu den weiterführenden Schulen eine Häufung von Anträgen zur Überprüfung des sonderpädagogischen För­derbedarfes festgestellt werden kann.

 

Weitere Anmerkungen:

Die GEW Rheinland-Pfalz begrüßt die vorgesehenen Änderungen insbesondere in den §§ 30 und 67, die notwendig und überfällig sind. Durch die jetzige noch gültige Fassung ergeben sich Benachteiligungen für die Schüler*innen an Integrierten Gesamtschulen im Vergleich zu Schüler*innen der Realschule plus beim Übergang von Klasse 9 nach 10 bzw. beim Übergang in die gymnasiale Oberstufe.

Insbesondere § 30 Abs. 3 Satz 1 (Teilnahme an mindestens 3 Fächern der höchsten Leistungsebene) stellt eine erhöhte Anforderung an Schüler*innen der Integrierten Gesamtschule beim Übergang in die gym­nasiale Ober­stufe dar, die in der Regel an der eigenen Schule stattfinden kann. Dies ist eine Ungleichbe­handlung, die zu Recht von Elternseite kritisiert wird, da sie dem Prinzip der Chancengleichheit wider­spricht. Diese Übergangsvoraussetzung, besonders bei Gesamtschulen mit drei Leistungsniveaus, hat in den vergangenen Jahren zu unnötigem Druck auf Eltern und Schüler*innen, zu kontroversen Diskussio­nen bei Umstufungskonferenzen und Kritik an der Durchlässigkeit an Integrierten Gesamtschulen ge­führt.

So positiv die Gleichbehandlung zu sehen ist, so hat sie auch Auswirkungen auf die qualitative Zusam­mensetzung der Eingangsklasse 11. Der Wegfall der erhöhten Eingangsvoraussetzung für die Schü­ler*innen an Integrierten Gesamtschulen beim Übergang in die Oberstufe wird dazu führen, dass mehr Übergänge aus der eigenen Schülerschaft der IGS stattfinden werden. Schon jetzt gibt es eine hohe Zahl von Schulabbrechern am Ende der 11. Klasse. Der Schullaufbahnberatung durch die Lehrkräfte für die Schüler*innen und Eltern kommt an dieser Stelle eine besondere Verantwortung zu.

Im Entwurf sind nun in § 30 Abs. 2 für die Realschule plus und in § 30 Abs. 3 für die Integrierten Gesamt­schulen die Übergangsvoraussetzungen nach Klassenstufe 10 in die Oberstufe gleichgesetzt. Beim Über­gang von Klasse 9 nach 10 müssen Schüler*innen in abschlussbezogenen Klassen der Realschule plus (kooperative Form) in allen Fächern mindestens ausreichende Leistungen vorweisen (§ 65 Abs. 3). Bei Schüler*innen der Integrierten Gesamtschule und der integrativen Form der Realschule plus werden auf der Leistungsebene G in den differenzierten Fächern befriedigende, ansonsten ausreichende Leistungen vorausgesetzt (§ 67 Abs. 2). Dieser einzige Unterschied stellt unserer Auffassung nach keine Ungleichbe­handlung dar. 

 

Zu den einzelnen vorgesehenen Änderungen:

Zu § 2:

Studienberatung ist zu Recht eine Aufgabe, der sich die Integrierten Gesamtschulen schon immer gestellt haben und sich nach Ansicht der GEW alle weiterführenden Schulen stellen müssen.

Zu § 8 Abs. 3:

Wir beantragen, in allen Sätzen zu ergänzen: „.... die Eltern und volljährigen Schülerinnen und Schü­ler......“ .

Zu § 10:

Die Anpassung ist notwendig.

Zu § 13:

Die GEW begrüßt, dass neben der Richtigstellung des Verweises auf den Anmeldetermin der anderen Schularten die Festlegung beibehalten wurde, dass der Anmeldetermin an Gesamtschulen vor den An­meldeterminen der anderen Schularten liegt. Bei der Vielzahl der Schüler*innen, die trotz Anmeldung keinen Platz an einer Integrierten Gesamtschule bekommen (1921 im Jahr 2017), und nach dem Ableh­nungsbescheid einen anderen Schulplatz suchen, ist diese Regelung geboten. Der neu aufgenommene Abs. 10 verpflichtet die Schulen, freie Plätze auch nach dem Aufnahmeverfahren in der Reihenfolge der Anmeldung zu vergeben. Anmeldungen nicht zu berücksichtigen bzw. eine Ablehnung mit anderen Krite­rien zu rechtfertigen, ist nicht mehr möglich. Die GEW begrüßt diese Verpflichtung, gerade auch im Hin­blick auf die hohe Ablehnungsquote an anderen Integrierten Gesamtschulen.

Zu § 24 im Vergleich zu § 26:

Die Leistungsebenen der äußeren Leistungsdifferenzierung sollen in der Realschule plus und in der Inte­grierten Gesamtschule einheitlich bezeichnet werden. So wird in § 24 und § 26 festgelegt, dass die Klas­senstufe 10 in beiden Schularten auf der erweiterten Leistungsebene E1 besteht. Bei der IGS wird in § 26 Abs. 2 zusätzlich klargestellt, dass in der Klassenstufe 10 die Leistungsebene G entfällt. Diese Aussage fehlt in § 24 für die Realschule plus.

Zur Änderung Nr. 11, Überschrift zu Abschnitt 6, Übergangsbestimmungen:

Beim Wechsel von Schüler*innen der Integrierten Gesamtschule zur Berufsfachschule werden die Noten des Abgangszeugnisses nicht auf das E1-Niveau umgerechnet. Da Aufnahmebeschränkungen auf Seiten der Berufsschulen bestehen, werden Schüler*innen der IGS, die in E2-Kursen unterrichtet werden, be­nachteiligt. Dieser Hinweis zielt nicht auf eine Änderung der ÜSchO, sondern auf eine zu treffende Ab­sprache der Fachreferate im Ministerium für Bildung.

Zu § 28 und § 29:

Die GEW begrüßt die neue Regelung beim Übergang die 2. Fremdsprache bzw. das Wahlpflichtfach be­treffend. Schüler*innen aber auch Lehrkräfte gewinnen mehr Zeit, die vorhandenen Defizite aufzuarbei­ten.

Zu § 29 Abs. 2:

Beim Zeitpunkt des freiwilligen Übergangs vom Gymnasium sollte eine Gleichbehandlung der Schular­ten erfolgen, indem auch nur zum Schulhalbjahr oder -ende an die Realschule plus gewechselt werden darf. Damit würden ggf. die Rückführungsströme an die Realschule plus verringert und das Problem der feh­lenden Lehrerwochenstunden abgemildert.

Zu § 30:

siehe Anmerkungen

Zu § 33 Abs. 5:

Die Erweiterung der Mitwirkung des Elternbeirats von der Herstellung des Benehmens hin zur Zustim­mung zu den Grundsätzen der Unterrichtsregelung bei außergewöhnlichen Witterungsbedingungen entspricht der Vorgabe des Schulgesetzes. Die Form der Beteiligung ist in diesem Bereich notwendig und sinnvoll.

Zu § 34 Abs. 1:

Die Einschränkung wird bei Lehrkräften und Schüler*innen keine Zustimmung ernten. Die pädagogische Herausforderung der Unterrichtsgestaltung ist an allen Tagen vor einem Ferienbeginn gleich groß (siehe Begründung Nr. 16, 2. Abschnitt), ob mit oder ohne Zeugnisausgabe. Schüler*innen im Ganztag oder in der Oberstufe werden die Maßnahme als ungerecht empfinden. Inwieweit Eltern die Regelung nur posi­tiv sehen, stellt die GEW in Frage. Der besseren Betreuungsplanung steht die Einschränkung eines fle­xiblen Starts in die Ferien- bzw. Urlaubszeit gegenüber. Die Begründung der Veränderung mit der Anglei­chung an andere Bundesländer wirkt in unserem föderalen System eher hergeholt. Die GEW lehnt diese Einschränkung ab und fordert den Abs. 1 nicht zu verändern.

Zu § 34 Abs. 3:

Die Aufnahme der Vorgehensweise in der ÜSchO ist nachvollziehbar. Es stellt sich jedoch die Frage, wes­halb die Befreiung zeitlich nach der verpflichtenden Unterrichtsveranstaltung liegen muss. Die GEW for­dert hier mehr Flexibilität im Interesse aller, z.B. am Schuljahresende!

Zu § 46 Abs. 2:

Die Streichung im Blick auf eine Verbesserung der Förderung ist nur dann sinnvoll und umsetzbar, wenn die Schulen über die notwendigen personellen Ressourcen verfügen (können).

Zu § 52 Abs. 5:

Die Regelung im 2. Satz (Nachtermine) sollte nur in ganz besonderen Ausnahmefällen zur Anwendung kommen.

Zu § 59 Abs. 3:

Die GEW begrüßt die geplante Veränderung der bisher gültigen Maßgabe, dass die verbale Beurteilung durch ein protokolliertes Lehrer-Eltern-Schülergespräch ersetzt werden kann. Erklärungsbedarf für die Umsetzung in der Praxis erfordert u.E. im letzten Satz der Zusatz „oder thematisiert“ als weitere Mög­lichkeit statt einer Beurteilung. Formulierungen als Ersatz für Noten sollten einheitlichen Standards ge­nügen. Auch den Gymnasien sollte diese Möglichkeit gegeben werden.

Zu § 65 und § 67 Abs. 2:

Durch den Verweis in § 65 Abs. 4 und die Änderungen in § 67 Abs. 2 werden die Übergangs- und Aus­gleichsbestimmungen beim Übergang von Klasse 9 nach 10 für Realschulen plus und Integrierten Ge­samtschulen angeglichen. Die GEW begrüßt die Änderung.

Zu § 67 Abs. 3:

Die Einschränkung der „einmaligen“ Wiederholung wird durch die Ergänzung relativiert, dass in Ausnah­mefällen ein zweites Mal eine freiwillige Wiederholung möglich ist. Dies wird von der GEW begrüßt.

Zu § 74 Abs. 1:

Die Vergleichbarkeit der Voraussetzungen des Abschlusses der Berufsreife an Realschulen plus und Inte­grierten Gesamtschulen entspricht den Forderungen der GEW. Die Klärung, dass auch die Noten von Wahlfächern zum Ausgleich herangezogen werden können, ist begrüßenswert.

Zu § 75 Abs. 1:

Die Vergleichbarkeit der Voraussetzungen des qualifizierten Sekundarabschlusses I an Realschulen plus und Integrierten Gesamtschulen wird ebenso wie die Klärung, dass auch die Noten von Wahlfächern zum Ausgleich herangezogen werden können, von der GEW begrüßt.

Zu § 77 Abs. 3:

Diese sinnvolle Maßnahme am Ende der 9. oder 10. Jahrgangsstufe wird an den Integrierten Gesamt­schulen praktiziert und bedeutet deshalb keine neue Aufgabe.

 

 

 

Mainz, den 21.09.2017

Kontakt
Peter Blase-Geiger
Geschäftsführer GEW Rheinland-Pfalz
Adresse Martinsstr. 17
55116 Mainz
Telefon:  06131 28988-15