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Tarifrunde TV-L 2021

Kompromiss in Pandemiezeiten

Die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) unter der Führung des niedersächsischen Finanzministers Reinhold Hilbers (CDU) hat sich nicht der Verantwortung gestellt, die in einer schwierigen Pandemiesituation erforderlich gewesen wäre.

Erst während der dritten Verhandlungsrunde Ende November 2021 legten die Arbeitgeber ein erstes Angebot vor. Vor dem Tagungshotel in Potsdam demonstrierten die Gewerkschaften lautstark für höhere Löhne. (Foto: Kay Herschelmann)

Um es gleich vorwegzunehmen: Wir hätten uns ein besseres Ergebnis für die im öffentlichen Dienst der Länder Beschäftigten gewünscht. Es gibt viele Leermonate, eine Einmalzahlung, die nicht dauerhaft wirkt, und außerdem eine niedrige tabellenwirksame Gehaltserhöhung. Ebenfalls gilt jedoch: Ohne die starken Warnstreiks und Aktionen hätte sich die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) überhaupt nicht bewegt.

In zwei Verhandlungsrunden Anfang Oktober und Anfang November hatten es die Arbeitgeber nicht für nötig gehalten, ein Angebot vorzulegen und ihre Wertschätzung in Geld auszudrücken. Was sie dann in der dritten Verhandlungsrunde und mit viel Verzögerung zunächst angeboten haben, lohnt nicht einmal eines Berichtes. Erst die Aussicht auf weitere Streiks, auf ein Fortsetzen der Tarifrunde hat zu einem tragbaren Verhandlungsergebnis geführt.

Statt den Brand zu löschen, haben die Arbeitgeber das Wasser abgedreht.

Die TdL unter der Führung des niedersächsischen Finanzministers Reinhold Hilbers (CDU) hat sich nicht der Verantwortung gestellt, die in einer schwierigen Pandemiesituation erforderlich gewesen wäre. Die Arbeitgeber haben erkannt, dass es aufgrund der angespannten Lage für die Gewerkschaften problematisch wäre, weiter flächendeckend zu streiken. Dies haben sie versucht auszunutzen und die Verhandlungen lange Zeit blockiert.

Dieses Agieren vieler Finanzministerinnen und -minister muss bei den anstehenden Wahlkämpfen zu den Landtagswahlen skandalisiert werden: Statt den Brand zu löschen, haben die Arbeitgeber das Wasser abgedreht. Diese fehlende Verantwortung für die sich täglich in der Pandemie bewährenden Beschäftigten darf ihnen nicht vergessen werden: Es sind am Ende des Tages die Finanzministerinnen und -minister, angeführt von Hilbers, die die Verhandlungen in eine schwierige Lage manövriert haben. Hier wären mehr politische Klugheit und Verständnis für die Pandemiesituation ratsam gewesen.

GEW bleibt am Ball

Die Gewerkschaften haben es erneut geschafft, die Pläne der TdL, eine zentrale Säule der Tarifarchitektur zum Einsturz zu bringen, zu durchkreuzen: Verschlechterungen beim sogenannten Arbeitsvorgang und damit bei der Eingruppierung. Damit haben wir verhindert, dass viele Kolleginnen und Kollegen künftig schlechter bezahlt werden.

Bei Themen wie der Lehrkräfte-Entgeltordnung, der Paralleltabelle für angestellte Lehrkräfte, der stufengleichen Höhergruppierung und vielen anderen Dingen gab es die klare Aussage der TdL: Erst muss das Thema Arbeitsvorgang in ihrem Sinne gelöst sein, bevor über diese strukturellen Fragen auch nur gesprochen wird. Diese dogmatische Verknüpfung haben die Ministerinnen und Minister in den Ländern mitgetragen und damit die Verhandlungen zu diesen Punkten unmöglich gemacht!

Ohne das starke Engagement der Studierenden hätte es nicht einmal die Aussicht auf ein Gespräch gegeben.

Die Regelung zu den studentischen Beschäftigten – eine Gesprächszusage für eine Bestandsaufnahme zu den Arbeitsbedingungen – bedeutet nicht mehr, als einen Fuß in der Tür zu haben. Selbst gegen diese Vereinbarung hatte sich die komplette TdL zuerst gestemmt. Es bleibt weiterhin skandalös, dass die studentischen Beschäftigten bis auf das Land Berlin – hier hat die GEW Berlin einen entsprechenden Tarifvertrag erkämpft – ohne eine tarifliche Regelung sind und damit in einem Teilbereich des öffentlichen Diensts prekäre Beschäftigungsbedingungen herrschen. Ohne das starke Engagement der Studierenden hätte es nicht einmal die Aussicht auf ein Gespräch gegeben.

Auch an dieser Stelle bleiben wir am Ball. Solidarisch und konsequent. Dank an alle, die Streiks organisiert und daran teilgenommen haben, ob analog oder digital! Wir haben der Kälte der Arbeitgeber unsere Streikbereitschaft entgegengesetzt. Möge uns das helle Licht der Solidarität durch die dunklen Zeiten der Pandemie führen!

Daniel Merbitz, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes der
Daniel Merbitz, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes der GEW, Arbeitsbereich Tarif- und Beamtenpolitik (Foto: GEW)