GEW Presseerklärung zum Schuljahresbeginn 2019/20 - Schulen für die Aufgaben der Zukunft stärken
Die meisten rheinland-pfälzischen Schulen, insbesondere Gymnasien, Integrierte Gesamtschulen und Realschulen plus, können zum Beginn des Schuljahres 2019/20 wieder damit rechnen, dass die zur Verfügung stehenden Planstellen durch ausgebildete Lehrkräfte besetzt werden. Dies ist aufgrund des deutschlandweiten dramatischen Lehrkräftemangels zunächst eine gute Nachricht. Doch es ist klar erkennbar: Der Fachkräftemangel ist auch in Rheinland-Pfalz angekommen. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es weniger ausgebildete Lehrkräfte im Bewerberinnen- und Bewerberportal des Landes. Und es ist zu erwarten, dass sich diese Tendenz in den nächsten Jahren weiter fortsetzen wird. Besonders dramatisch ist die Situation im Bereich der Förderschulen und Schwerpunktschulen. Für die Besetzung der zu vergebenden Planstellen fehlen ausgebildete Förderschullehrkräfte. Klaus-Peter Hammer, Vorsitzender der GEW Rheinland-Pfalz stellt fest: „Vor dieser Situation hat die GEW seit vielen Jahren gewarnt und die rechtzeitige Erhöhung der Studienplätze gefordert – leider vergeblich. Jetzt kann die pädagogische Arbeit an diesen Schulen nicht im erforderlichen Umfang geleistet werden und die Kolleginnen und Kollegen werden immer stärker belastet. Das erfolgreiche inklusive Arbeiten ist in Frage gestellt, wenn nicht gar unmöglich.“
„Deshalb müssen weitere, in die Zukunft gerichtete Maßnahmen ergriffen werden, um dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzuwirken“, so der Landesvorsitzende weiter. „Dazu gehört, dass insbesondere in der Grundschulbildung mehr Studienplätze in Rheinland-Pfalz angeboten werden müssen, das Grundschulstudium für andere Lehramtsstudierende durchlässiger und durch gute Studienangebote und mehr Hochschulpersonal attraktiver wird. Im Bereich der Sonderpädagogik müssen dringend zusätzliche Studienangebote am Campus Koblenz der Universität Koblenz-Landau angeboten werden.“
An den Berufsbildenden Schulen ist die Lage nach wie vor sehr angespannt, es droht weiter ein hohes strukturelles Defizit. Auch sind für junge Kolleginnen und Kollegen mit dem Lehramt Realschule plus und Gymnasium die Einstellungsperspektiven nicht besonders gut.
Hier wäre es wichtig entgegen zu steuern, damit dringend benötigte Lehrkräfte im Land bleiben und nicht abwandern. Die Senkung der Klassenmesszahl auf 24 Schülerinnen und Schüler ist dringend erforderlich um die pädagogische Arbeit und das gezielte Fördern von Schülerinnen und Schülern zu erleichtern und den Einstellungsbedarf zu erhöhen. Gerade bei den derzeitigen pädagogischen Herausforderungen wie z.B. im Rahmen der Digitalisierung wäre das eine wichtige Maßnahme.
Nach wie vor besteht das Problem, dass für die notwendigen Vertretungsverträge kaum mehr ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Dies betrifft insbesondere Grundschulen. Im Förderschulbereich gibt es keine einzige ausgebildete Förderschullehrkraft zur Einstellung für Vertretungsunterricht. An den betroffenen Schulen muss deshalb ein großer Teil des Unterrichts von Vertretungslehrkräften abgedeckt werden, die nicht dafür ausgebildet sind bzw. noch gar nicht ausgebildet wurden.
„Die nicht für das Lehramt ausgebildeten Vertretungslehrkräfte sind oft sehr motiviert und engagiert. Jedoch brauchen sie, damit sie in der Praxis klarkommen können, dringend die Unterstützung von den ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen an den Schulen. Durch die zunehmende Arbeitsverdichtung und die zu hohe Unterrichtsbelastung, insbesondere an den Grund- und Förderschulen, gibt es kaum Freiräume, die benötigten Hilfen geben zu können. Leider ist die Landesregierung bisher nicht bereit, diesen Schulen die dazu notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen“, bemängelt der GEW-Vorsitzende.
Insgesamt wird sich die Belastungssituation an den Schulen durch das Fehlen ausgebildeter Lehrkräfte zusätzlich verschärfen. Daher fordert der GEW-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer von der Landespolitik: „Es muss dringend ein Umdenken stattfinden: Neben noch mehr Planstellen und Ausbildungsplätzen ist durch Senkung der Unterrichtsverpflichtungen die Lehrkräftearbeitszeit an die für die rheinland-pfälzischen Beamtinnen und Beamten geltende 40-Stunden-Woche anzupassen, ein präventives Gesundheitsmanagement in den Schulen und Studienseminaren zu etablieren und die Bezahlung der Lehrkräfte ist auf das Niveau des höheren Dienstes anzuheben. Deshalb ‚Bildung. Weiter denken‘ - Für gesunde Arbeit in einer guten Schule."
Mainz, 10. August 2019