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Universität Koblenz-Landau soll geteilt werden

Professorinnen fordern Stärkung der Grundschulbildung

Professorin Dr. Daniela Merklinger (Koblenz) und Professorin Dr. Anja Wildemann (Landau), beide Fachbereich Grundschulpädagogik, äußern sich in der Debatte um die rheinland-pfälzische Universitätsreform. Gemeinsam fordern sie, die Lehrkräftebildung zu stärken. Diese stelle in Koblenz und in Landau "gewichtige Säulen", immerhin studierten 56% aller Studierenden ein Lehramt, davon 35% das Grundschullehramt.

Merklinger und Wildemann, deren Beitrag wir im Folgenden veröffentlichen, verweisen auf die hohe Bedeutung der Lehrkräftebildung und den steigenden Bedarf an qualifiziertem Personal. Den Umstrukturierungsprozess der Universität Koblenz-Landau wollen die beiden Expertinnen für Grundschulbildung nach einem Grundsatz ‘Je kleiner die Kinder, desto besser die Ausstattung und desto wichtiger die hohe Qualifikation des Personals’ gestaltet sehen.

Beitrag im Wortlaut:

„Schluss mit dem Grundschullehramt auf Sparflamme

Seit dem 12. 02. 2019 ist es öffentlich, dass die größte Lehrerbildungsuniversität des Landes Rheinland-Pfalz geteilt wird. Mehr als 50% aller Lehramtsstudierenden des Landes studieren hier. Es sollen, so der politische Wunsch, zwei neue Universitäten entstehen, eine eigenständige Universität Koblenz und ein Zusammenschluss des Campus Landau und der TU Kaiserslautern. Wie genau dies erfolgen soll, ist bis dato unklar, fest steht hingegen der Stichtag, denn am 01. 10. 2022 soll die Trennung vollzogen sein. In der Presse wurde zugesichert, dass diese Neuorientierung zur Stärkung aller beteiligten Wissenschaftsstandorte beitragen soll. Dabei ist von vielen Studiengängen die Rede – selten von  der Lehrerbildung, noch seltener vom Grundschullehramt. Das ist erstaunlich, denn ohne Lehrerbildung gäbe es die Universität Koblenz-Landau nicht: 56% aller Studierenden studieren Lehramt, ca. 35% davon das Grundschullehramt und 22% das Lehramt Förderschule. Die Universität Koblenz-Landau ist die einzige im Land, die diese beiden Lehrämter anbietet. An beiden Standorten gelingt seit Jahren – trotz massiver Unterfinanzierung – qualitativ hochwertige Lehrerbildung zu betreiben und in die Region hineinzuwirken.

Die Neustrukturierung könnte eine Chance für die  Lehrerbildung sein, auch für die Grundschulbildung, die an beiden Standorten ein zentrales Standbein darstellt. Der Beruf der Grundschullehrerin bzw. des Grundschullehrers ist heute anspruchsvoller denn je, und professionell handelnde Lehrkräfte sind eine zentrale Voraussetzung dafür, dass die Grundschülerinnen und Grundschüler in Rheinland-Pfalz einen Unterricht erfahren, in dem jeder und jede Einzelne die ihm und ihr innewohnenden Potenziale entfalten kann. Der Grundschulunterricht ist nicht nur ein Schlüssel für eine grundlegende schulische Bildung, sondern hier werden die Weichen für die gesamte zukünftige Schullaufbahn gestellt. Dafür werden hervorragend qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer benötigt.

Man könnte vor diesem Hintergrund denken, dass die Grundschulbildung bei der Neustrukturierung der Wissenschaftsstandorte Koblenz und Landau eine entscheidende Rolle spielt. Liest  man die öffentlichen Verlautbarungen gründlich und mit einer gewissen Expertise, entsteht ein anderer Eindruck. Es ist weder die Rede davon, dass in Landau und Koblenz mehr als 50% der Studierenden ein Lehramt anstreben. Noch wird der Alleinstellung der Sonderpädagogik und der Grundschulpädagogik im Land Aufmerksamkeit geschenkt, ganz zu schweigen von der Fächerbreite, die in Koblenz und Landau zur Verfügung steht: Die Universität Koblenz-Landau bildet als einzige im Land den gesamten Bildungsweg ab, von der Elementarpädagogik über die Grundschulbildung bis hin zur Berufsschulpädagogik.

Doch die Lehrerbildung, und  insbesondere die Grundschulbildung, bedarf der Stärkung; zu lange wurden mit hohen Studierendenzahlen, befristeten Stellen und wenigen Professuren die Studiengänge, die pro Campus circa 1000 Studierende umfassen, auf Sparflamme gehalten.

Koblenz-Landau macht nicht nur ein bisschen Lehrerbildung, wie aktuelle Presseberichte suggerieren, sondern Lehrerbildung in Koblenz und Landau sind zwei eigenständige, gewichtige Säulen, die dafür Sorge tragen, dass die Schulen in Rheinland-Pfalz gut qualifizierte Lehrkräfte einstellen können. Das Land  kann schon jetzt nicht alle Planstellen im Förderschullehramt mit studierten Lehrkräften besetzen, und auch im Grundschulbereich gibt es derzeit nicht genug studierte Lehrkräfte für Vertretungsstellen. Der Bedarf an Grundschullehrkräften wird ab 2020 auf Grund von Pensionierungen auch für Planstellen deutlich steigen. Es muss in Bezug auf die Grundschulbildung an beiden Standorten also nicht nur um Konsolidierung, sondern um Stärkung und Ausbau gehen.

Zu stärken gibt es viel: So gibt es am Campus Koblenz für Lehramtsstudierende z. B. keine Professur für  Migrationspädagogik. An beiden Campus gibt es keine Professur für Englisch in der Grundschule. Auch der mathematische Anfangsunterricht ist in Koblenz nicht professoral besetzt. Dies ist ein eklatanter Mangel, zumal Studien zeigen, dass für 20% der Schülerinnen und Schüler das mathematische Grundwissen nicht ausreicht, um an der weiterführenden Schule zurechtzukommen. An beiden Standorten gibt es angesichts der hohen Studierendenzahlen deutlich zu wenige Professuren, die die Grundschulbildung in ihrer Breite vertreten können. Will Rheinland-Pfalz sich das weiterhin leisten?

Beide Campus haben eine große Expertise, was die Lehrerbildung im Land angeht – mit Blick auf das Grundschul- und Förderschullehramt sogar die einzige Expertise. Diese Expertise wird bislang in den Umstrukturierungsprozess kaum eingebunden. So bedarf es neben Vertretungen der Zentren für Lehrerbildung der Einbindung der jeweiligen schulformbezogenen Studiengangsverantwortlichen an beiden Campus. Nur dann kann gelingen, was jedes Grundschulkind in Rheinland-Pfalz verdient: Professionell ausgebildete Grundschullehrkräfte, die mit ihrer fachlichen, fachdidaktischen und pädagogischen Expertise dazu beitragen, dass alle Kinder – unabhängig von ihren Bildungsvoraussetzungen – ihre Fähigkeiten bestmöglich entfalten können, zu verantwortungsvollen Menschen heranwachsen und langfristig zum nachhaltigen, friedlichen und intergenerationalen Zusammenleben in unserer Gesellschaft beitragen können.

In manchen Ländern gilt der Grundsatz: Je kleiner die Kinder, desto besser die Ausstattung und desto wichtiger die hohe Qualifikation des Personals. In diese Richtung sollte der Umstrukturierungsprozess der Universität Koblenz-Landau gedacht werden. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um eine Entscheidung für die bestmögliche Bildung einer Generation, die unsere Zukunft gestalten wird.“

 

Prof’in Dr. Daniela Merklinger, Grundschulpädagogik (Koblenz)

Prof‘in Dr. Anja Wildemann, Grundschulpädagogik mit dem Schwerpunkt Sprache (Landau)