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Gewerkschaftstag 2022

Geflüchteten Kindern und Jugendlichen eine Chance geben

Resolution des außerordentlichen Gewerkschaftstages der GEW Rheinland-Pfalz vom 25. Mai 2022

Insbesondere der Angriffskrieg in der Ukraine zwingt Millionen Menschen, insbesondere Frauen und Kinder, in die Flucht. Rheinland-Pfalz muss für sie wie für alle Flüchtenden ein sicherer Hafen sein. Sie werden über einen unabsehbaren Zeitraum bei uns leben.

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene brauchen schnellstmöglich ein Bildungs- und Ausbildungs­angebot. Ihnen muss umgehend der Besuch von Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen bzw. eine berufliche Qualifizierung ermöglicht werden.

Die Bildungseinrichtungen befinden sich jetzt schon, nicht allein durch die Folgen der Corona-Pandemie, am Rande der Leistungsfähigkeit und benötigen tatkräftige Unterstützung nicht nur finanzieller Art.

Die zusätzlichen Herausforderungen durch die Aufnahme geflüchteter und oftmals traumatisierter Kinder bzw. Jugendlicher können nur gestemmt werden, wenn Kindertagesstätten, Schulen, Hochschulen und Ausbildungsstätten schnell und unbürokratisch die notwendigen Unterstützungsmaßnahmen erhalten. Hierbei müssen alle landespolitischen und kommunalpolitischen Akteur:innen gemeinsam aktiv und weit­sichtig agieren.

Es ist von großer Bedeutung, dass allen geflüchteten Kindern und Jugendlichen Wege eröffnet werden, im Sozialraum integriert zu leben und zu lernen.

Um organisieren zu können, brauchen die Bildungseinrichtungen die notwendigen Freiräume. In Schulen können sogenannte Willkommensklassen als kurzfristige Maßnahme notwendig sein, grundsätzliches Ziel soll jedoch der gemeinsame Unterricht sein. Die notwendigen Räumlichkeiten müssen frühzeitig organi­siert und zur Verfügung gestellt werden. Das gilt besonders für Ballungsräume, die vermutlich besonders stark vom Zuzug vertriebener Menschen betroffen sein werden.

Zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben brauchen Schulen und Kindertagesstätten zwingend mehr Personal. Bei dem derzeit vorhandenen Fachkräftemangel wird es vor allem schwierig sein, qualifiziertes Personal zu gewinnen. Dennoch muss eine hohe Fachlichkeit das Ziel sein und dringend in die Ausbildung zusätzlicher Kräfte investiert werden.

Geflüchtete Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte aus der Ukraine, aber auch aus anderen Ländern, müssen schnell und niedrigschwellig ein Beschäftigungsangebot an Schulen und Kitas erhalten. Dabei müssen die entsprechenden Abschlüsse unbürokratisch anerkannt und eventuell notwendige Qualifizie­rungsmaßnahmen in ausreichender Anzahl angeboten werden. Auf faire Anstellungsbedingungen ent­sprechend der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes ist zu achten.

Neben der Bereitstellung von geeignetem Lernmaterial bedarf es weiterer Unterstützung der pädago­gischen Arbeit an den Bildungseinrichtungen durch multiprofessionelle Teams und durch schnelle sowie niedrigschwellige Beratungsmöglichkeiten z.B. durch Schulsozialarbeiter:innen, Schulpsycholog:innen und Traumatherapeut:innen.

Dies alles wird den Bildungseinrichtungen und deren Leitungskräften viel abverlangen. Es ist schon länger bekannt, dass gerade die Arbeitsbelastung von Leitungskräften dermaßen angestiegen ist, dass es ein „weiter so“ nicht mehr geben kann. Zusätzliche Verwaltungsaufgaben können nicht mehr übernommen werden. Die Kommunen und das Land müssen Verantwortung übernehmen und für Entlastung Sorge tra­gen.

Allen geflüchteten Schüler:innen müssen gleichermaßen die notwendigen Lernangebote ermöglicht wer­den. Unter anderem müssen durch das Land die dafür benötigten digitalen Endgeräte schnell und unbüro­kratisch zur Verfügung gestellt werden. Die Angebote für Deutsch als Zweitsprache müssen dringend wei­ter ausgebaut werden.

Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen sein muss. Daher ist das Kooperationsverbot aufzuheben, Bundesmittel unbürokratisch den Ländern und Kommunen zur Verfügung zu stellen und die finanziellen Mittel für den Bereich Bildung sind drastisch zu erhöhen. Um Bildung nachhaltig zu finanzieren, ist aus Sicht der GEW zudem eine gerech­tere Steuerpolitik erforderlich, die Einkommensschwache entlastet und Einkommensstarke mehr in die gesellschaftliche Pflicht nimmt.

Die erforderlichen Maßnahmen werden den Etat des Bildungshaushalts gewaltig beanspruchen. Deshalb fordert die GEW zur Finanzierung ein „Bildungssondervermögen“.

 

Bad Breisig, 25.05.2022

Kontakt
Peter Blase-Geiger
Geschäftsführer GEW Rheinland-Pfalz
Adresse Martinsstr. 17
55116 Mainz
Telefon:  06131 28988-15