Erwartungen der GEW Rheinland-Pfalz an den neuen Bildungsminister Sven Teuber
Die Entscheidung für Sven Teuber als neuen Bildungsminister nimmt die GEW mit Erleichterung auf, weil mit ihm ein ausgewiesener Bildungsexperte sofort in die Arbeitsprozesse einsteigen kann.
Die Herausforderungen, denen er sich stellen muss, sind vielfältig: Das Kita-Gesetz muss grundlegend überarbeitet, der inklusive Unterricht rechtlich und personell abgesichert, die Digitalisierung strategisch verankert und der Lehrkräftemangel wirksam bekämpft werden. Die Bildungsgewerkschaft bietet ihre Expertise an und setzt sich zugleich für konsequente und umfassende Reformen ein.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Rheinland-Pfalz begrüßt den neuen Bildungsminister Sven Teuber im Amt und gratuliert ihm herzlich zur Berufung. „Wir wünschen einen erfolgreichen Start. Sven Teuber wird mit seiner Expertise sicher schnell einen Einstieg in die Arbeit finden“, erklärt Christiane Herz, Vorsitzende der GEW Rheinland-Pfalz.
Die GEW nimmt die Ernennung des neuen Ministers zum Anlass, zentrale Erwartungen zu formulieren – insbesondere mit Blick auf die zahlreichen offenen Baustellen, die in der Amtszeit von Vorgängerin Dr. Stefanie Hubig aufgemacht wurden.
Frühkindliche Bildung: Kita-Zukunftsgesetz neu aufstellen
Nach Einschätzung der GEW ist das Kita-Zukunftsgesetz in der Praxis gescheitert. „Das Gesetz hat nicht zu einer qualitativen Verbesserung geführt, sondern verschärft vielerorts die Überlastungssituation“, so Kathrin Gröning, Vorsitzende der GEW Rheinland-Pfalz. Es fehlt an Personal, die Umsetzung ist intransparent und kommunale Träger setzen häufig die kostengünstigste, nicht die beste Lösung um.
Die GEW fordert eine grundlegende Neufassung des Gesetzes unter Einbezug wissenschaftlicher Expertise. Zentrale Forderungen sind:
verbindliche Fachkraft-Kind-Relationen: 1:2 (unter 1 Jahr), 1:3 (1-3 Jahre), 1:8 (3-5 Jahre),
1:10 (ab 6 Jahre)25 % der Arbeitszeit für mittelbare pädagogische Arbeit
nur ausgebildete Erzieher:innen und Personen mit vergleichbarer Qualifikation auf die Personalausstattung anrechnen
eine Erhöhung der Freistellung von Kita-Leiter:innen
Personalpuffer von 20 % zur Kompensation von Ausfällen und um verlässliche Betreuungszeiten zu ermöglichen
Inklusion: Rechtsgrundlagen präzisieren, Praxis stärken
Seit Jahren fordert die GEW tragfähige Strukturen für einen inklusiven Unterricht. Zwar liegen seit dem letzten Sommer erstmals neue Schulordnungen vor, doch sie bedürfen aus Sicht der GEW ohne Verzug einer umfassenden Überarbeitung und Präzisierung. „Inklusion ist kein Nice-to-have, sondern ein verfassungsrechtlicher Auftrag. Wer sie ernst nimmt, muss Schulen personell und strukturell so ausstatten, dass kein Kind zurückgelassen wird“, erläutert Stefan Jakobs, Vorsitzender der GEW Rheinland-Pfalz.
Die GEW fordert:
ein weites Inklusionsverständnis gemäß der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) und dem entsprechenden Landesaktionsplan
verlässliche personelle Ressourcen zur präventiven sonderpädagogischen Arbeit an allen Schulen statt der nach wie vor defizitorientierten Ressourcenzuweisung über Etikettierung
ausreichende Ausstattung der Förder- und Beratungszentren (FBZ) unabhängig von einer verlässlichen Versorgung der Förderschulen
Digitalisierung: Verlässliche Finanzierung und Verstetigung
Im Bereich der Digitalisierung mahnt die GEW verlässliche und nachhaltige Strukturen an. „Es reicht nicht, Tablets zu verteilen. Wir brauchen IT-Administration, Schulentwicklungsprozesse zum Umgang mit digitalen Medien und Zeit für die Fortbildung der Lehrkräfte. Dies ist umso wichtiger, weil sich das Land für die Einführung eines Pflichtfachs Informatik entschieden hat“, erklärt Herz.
Die GEW fordert:
flächendeckende IT-Administration an Schulen
pädagogisch begleitete Medienkonzepte
Zeit für schulinterne Fortbildung und kollegiale Zusammenarbeit
- Verstetigung der Finanzierung digitaler Ausstattung
Lehrkräftemangel: Arbeitsbedingungen verbessern, Einstieg erleichtern
Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels fordert die GEW Maßnahmen zur Personalgewinnung und -bindung. Dazu gehören:
attraktivere Arbeitsbedingungen, u. a. durch Entlastung bei außerunterrichtlichen Aufgaben
gleiche Eingangsbesoldung aller Lehrämter (A13 für auch für Grundschullehrkräfte)
die feste Einplanung einer Vertretungsreserve und damit eine Personalisierung von mindestens 110% an Schulen
Ausbau der Studienplätze für das Lehramt der Sonderpädagogik und darüber hinaus eine grundlegende Reform der Lehrkräfteausbildung
„Der neue Minister steht vor großen Aufgaben. Wir erwarten, dass begonnene Maßnahmen und Projekte kritisch geprüft, konsequent nachgebessert und erfolgreiche Ansätze dann auch verstetigt werden – im Sinne einer nachhaltigen und gerechten Bildungspolitik für alle, auch für die Beschäftigten“, so Herz abschließend. „Die GEW steht bereit, diesen Weg mitzugestalten.“
Mainz, den 07.05.2025