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Medienerziehung

Mit Wachsmalkreide, Knete und Videokamera

Kinder werden bereits in den ersten beiden Lebensjahren auf Medieninhalte aufmerksam. Spätestens ab dem zweiten Lebensjahr äußern sie auch Wünsche zu bestimmten Medien. Für die Medienpädagogik ist das eine Herausforderung.

Die Bedienung moderner digitaler Geräte wird immer einfacher. Schon Zweijährige sind in der Lage, mit einem Smartphone oder Tablet umzugehen. Das erfordert aber auch die Entwicklung von Medienkompetenz schon in der Kita. (Foto: IMAGO/Design Pics)

Die Tatsache, dass Kinder immer früher mit digitalen Medien in Kontakt kommen und diese auch nutzen wollen, zeigt, dass eine Medienerziehung für diese Zielgruppen sinnvoll und angebracht ist. Im Mittelpunkt der Überlegungen steht dabei immer die Frage, was können Kinder in diesem Alter und wo kann Medienerziehung ansetzen, die Kinder in ihren Kompetenzen fördert und spielerisch eine Auseinandersetzung mit Medien ermöglicht. Zwar gibt es in der Krippe dazu bisher wenig Erfahrung, doch Bereitschaft, hier aktiv zu werden, ist bei einem Teil der Erziehenden durchaus da; die überwiegende Mehrheit steht diesen Medien aber nach wie vor mit großer Skepsis gegenüber. Somit bedarf es Überzeugungsarbeit und eines schlüssigen Konzepts, wenn man in der Krippe ein Medienprojekt starten will.

Ein Beispiel von vielen, wie Medienpädagogik in der Frühpädagogik aussehen kann, hat das JFF – Institut für Medienpädagogik im Rahmen der Kampagne „Startchance kita.digital“ des Staatsinstituts für Frühpädagogik und Medienkompetenz erprobt. Zwölf Kinder einer Münchner Kinderkrippe im Alter von zwei bis drei Jahren und zwei Erzieherinnen waren an dem Medienprojekt beteiligt. Zunächst konnten sich die Kinder mit einer Videokamera gegenseitig filmen. Jedes Kind, das gefilmt wurde, stellte sich dabei vor und sah sich dabei auf der Leinwand.

Anschließend wurde der Frage nachgegangen, wie denn das Bild der Kinder auf die Leinwand kommt. Da sie die Videokamera ja bereits bedient hatten, wurde den Kindern schnell klar, dass das Bild mit deren Hilfe aufgezeichnet wird. Ein Kabel aus der Videokamera, das zum Videobeamer führt, verdeutlichte, dass das Bild dahin übertragen und schließlich vom Videobeamer an die Leinwand geworfen wird. Auch wenn den Kindern dieser Zusammenhang sehr abstrakt vorkam, haben sie durchaus eine Idee davon gewonnen, wie ein Bild auf die Leinwand kommt – und das reichte ja fürs erste.

Im anschließenden Teil des Medienvormittags wurden die Kinder kurz in den Film „Die kleine Raupe Nimmersatt“ eingeführt. Viele Kinder kannten das Buch und hatten es schon oft vorgelesen bekommen. Damit war ihnen die Geschichte vertraut und lediglich die Animation der Zeichengeschichte neu. Nach der Vorführung konnten sie zunächst nacherzählen, was die Raupe alles gegessen hatte und wie sie immer dicker wurde, bis sie sich in einen Schmetterling verwandelt hat. Da die Raupe ja dazu sehr viel essen musste, war auch eine Essenspause für die Kinder angesagt.

Aktive Medienarbeit

Der dritte Teil des Medienvormittags war der aktiven Medienarbeit vorbehalten. Insgesamt drei Stationen waren dafür aufgebaut. Eine Fotostation, bei der sich die Kinder selbst gegenseitig fotografieren konnten. Eine Bastelstation zum Malen von Hintergründen und Kneten von Raupen für den Trickfilm sowie eine Trickfilmstation, bei der die Kinder ihre Raupen animieren konnten. Die Fotos der Kinder wurden gleich ausgedruckt, auf einen vorbereiteten Karton geklebt und mit Farbstiften bemalt. Die Raupen aus Knetmasse wurden an der Trickfilmstation mit Hilfe eines Trickfilmprogramms zum Leben erweckt. Jedes Kind bewegte seine Raupe über verschiedene Obststücke. Mit einer Trickfilm-App wurde der Film Stück für Stück aufgezeichnet. So konnten die Kinder direkt nachvollziehen, wie sich die Einzelbilder zu einem Film zusammensetzen. Durch das sogenannte Onion Skinning* konnten sie außerdem die Bewegung der Raupe verfolgen, da das letzte Bild der Aufzeichnung jeweils noch als Schatten zu sehen war. Alle bewegten Raupen wurden schließlich zum Film „Die gefräßigen Raupen“ montiert und mit Schmatzgeräuschen der Kinder unterlegt. Die Premiere des Films bildete den krönenden Abschluss des Medienvormittags.

Was bringen Medienprojekte in der Kita?

Wie das Beispiel zeigt, hat es den Kindern auf alle Fälle Spaß gemacht und Möglichkeiten eröffnet, sich kreativ zu betätigen. Selbst Geschichten zu erzählen und Medien als Ausdruck für die eigene Kreativität zu nutzen, ist ein wesentlicher Faktor aktiver Medienarbeit. Die Medien werden dabei als Werkzeuge genutzt, genauso wie Wachsmalkreide, Buntstifte oder Knete. Medienprojekte im Kindergarten bieten aber noch viele weitere Potenziale. Sie ermöglichen:

  • ganzheitliches Lernen, bei dem Erkenntnisse durch „learning by doing“ gewonnen werden,
  • Erfahrungen und Erkenntnisse im Rahmen von Gruppenprozessen, die das soziale Miteinander fördern,
  • Medien als Kommunikationsmittel zu nutzen und sich anderen mitzuteilen,
  • die Förderung der Sprachkompetenz, da Kinder angeregt werden, eigene Geschichten zu erzählen,
  • die Förderung der Medienkompetenz, da ein Blick hinter die Kulissen der Medien ermöglicht wird.

Zudem fördern Medienprojekte das Selbstwertgefühl der Kinder. Die Mädchen und Jungen sind stolz auf ihre Produkte und bekommen Anerkennung durch andere. 

Der Autor arbeitet am JFF – Institut für Medienpädagogik in München und war hier in der Koordination der Kampagne „Startchance kita.digital“ tätig.

*Mit „Onion skinning“ wird ein Trickfilmverfahren bezeichnet, bei dem mehrere Bilder gleichzeitig zu sehen sind. Dadurch kann man die Bewegung der Figuren besser nachvollziehen und entscheiden, wie ein Bewegungsablauf animiert werden soll.