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Tarifrunde TVöD 2023

Geschlossene Kitas am Weltfrauentag

Der Tarifstreit im öffentlichen Dienst hat am Weltfrauentag Tausende Kolleginnen und Kollegen auf die Straße getrieben. Bevor es Ende März in die wohl entscheidende Runde geht, forderten die Streikenden erneut ein echtes Angebot der Arbeitgeber.

Demonstrationszug der GEW am 08.03.2023 in Leipzig. (Foto: Burkhard Naumann)

Viele Kitas in Deutschland sind am Internationalen Weltfrauentag geschlossen geblieben. Während die Gewerkschaften im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes noch immer auf ein echtes Angebot warten, gingen bei bundesweiten Warnstreiks am Mittwoch erneut Tausende Menschen auf die Straße. Bundesweit beteiligten sich nach Angaben von Verdi etwa 70.000 Beschäftigte insbesondere aus dem Sozial- und Erziehungsdienst der Kommunen an den Arbeitsniederlegungen in Kitas und sozialen Einrichtungen. 

„Sie machen den Arbeitgeber*innen klar, dass sie in der nächsten Verhandlungsrunde zu einer guten und dauerhaften Lohnsteigerung die Hand reichen müssen.“ (Monika Stein)

In Baden-Württemberg mobilisierten die Gewerkschaften mehr als 10.000 Beschäftigte. In Stuttgart und den umliegenden Landkreisen sowie in Mannheim, Freiburg, Karlsruhe, Ulm und Heilbronn blieben viele Kindertageseinrichtungen zu. „Heute ist der Streik sehr weiblich, das ist unübersehbar. Die Erzieher*innen und Sozialarbeiter*innen kämpfen heute zu Tausenden für besser Gehälter. Sie machen den Arbeitgeber*innen klar, dass sie in der nächsten Verhandlungsrunde zu einer guten und dauerhaften Lohnsteigerung die Hand reichen müssen“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein bei der Kundgebung in Stuttgart. Am Donnerstag wird unter anderem in Reutlingen gestreikt, am Freitag sind Aktionen in der Region Crailsheim und Heidelberg geplant.

Hinhaltetaktik der Arbeitgeber kritisiert

Schnee und Eis hielt auch rund 2.500 Kolleginnen und Kollegen in Schleswig-Holstein nicht davon ab, sich an den Arbeitskämpfen zu beteiligen. „Die gute Streikbeteiligung macht Mut. Genauso wenig wie von Eis und Schnee lassen wir uns von der Hinhaltetaktik der öffentlichen Arbeitgeber beeindrucken. Deren Angebot ist unterirdisch. Dagegen werden wir uns mit Macht wehren“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Astrid Henke bei einer Kundgebung in Heide. „Wer Fachkräfte für Kitas, Schulassistenz, Schulsozialarbeit, Jugendzentren und Jugendämter sucht, kann auf Frauen nicht verzichten. Und Frauen verlangen zu Recht endlich eine gute Bezahlung“, fügte sie mit Blick auf den Internationalen Frauentag hinzu.

Auch Hamburg meldete etwa 2.500 Beschäftigte im Warnstreik.

Streiks auch in Bremen und Bayern

In Bremen zogen rund 2.000 Erzieherinnen und Erzieher von GEW und Verdi zum Marktplatz. „Wir brauchen Wertschätzung sozialer Arbeit, damit wir an einen Punkt kommen, an dem der internationale Frauentag ein Tag zum Feiern statt zum Kämpfen ist”, sagte die GEW-Landessprecherin Barbara Schüll. Die Unterfinanzierung gehe gegen jeden Anspruch, den die Streikenden an ihre Arbeit hätten. „Bleiben in diesen Tarifverhandlungen Investitionen für Personal und professionelle Erziehung und Bildung unserer aller Kinder aus, überlastet dies unser Bildungssystem umso mehr und zementiert Burnout sowie Fachkräftemangel als ständige Begleiter.“

Ein Streikmittelpunkt in Bayern war die Landeshauptstadt München. Zur GEW-Kundgebung kamen etwa 600 Kolleginnen und Kollegen, die dann zu den Streikenden der Schwestergewerkschaft Verdi auf dem Stachus zogen, wo am Ende 2.500 Demonstrierende versammelt waren. Auch in Ingolstadt, Nürnberg und Regensburg wurde gestreikt: In Nürnberg zählten die Gewerkschaften 3.000 Teilnehmende, in Ingolstadt 1.000 und in Regensburg 700.

„Dass Kommunen oft nicht genug Mittel haben, ist richtig, aber das lässt sich politisch ändern, denn der Grund dafür ist ein politisch gewollter unzureichender Finanzausgleich. Es wird Zeit für mehr Umverteilung.“ (Martina Borgendale)

Die Landesvorsitzende Martina Borgendale betonte auf der GEW Kundgebung in München: „Die Preise werden sicher nicht auf Vorjahresniveau zurückkehren. Von daher bleiben wir bei unseren Forderungen: 10,5 Prozent, aber mindestens 500 Euro und eine Laufzeit von einem Jahr. Denn Einmalzahlungen verpuffen, und die Preise werden hoch bleiben, und keiner weiß, was kommendes Jahr sein wird. Dass Kommunen oft nicht genug Mittel haben, ist richtig, aber das lässt sich politisch ändern, denn der Grund dafür ist ein politisch gewollter unzureichender Finanzausgleich. Es wird Zeit für mehr Umverteilung.“

Aktionen von Hessen bis Sachsen

Mit der Parole „Die Preise steigen immer mehr, 500 Euro sind nur fair“ demonstrierten 250 GEW-Kolleginnen und Kollegen des kommunalen Sozial- und Erziehungsdienstes in Frankfurt und der Region. Hessenweit gab es weitere Kundgebungen, etwa in Kassel, Wiesbaden, Marburg, Darmstadt und Hanau.

In Rheinland-Pfalz folgten 500 Erzieherinnen und Erzieher aus den Landkreisen Mainz-Bingen, Donnersberg und Alzey-Worms sowie der Städte Frankenthal und Worms dem Warnstreikaufruf der GEW und demonstrierten in Nieder-Olm für ein besseres Angebot der Arbeitgeber.

„Bei den Tarifforderungen der Gewerkschaften geht es nicht darum, dass pädagogische Fachkräfte sich immer mal wieder einen neuen Mercedes kaufen können.“ (Uschi Kruse)

Auch in Sachsen blieben vielerorts Kitas und Horte geschlossen, in Leipzig und Dresden gab es Demonstrationen. „Auch wenn die Arbeitgeber es gern in der Öffentlichkeit so darstellen: Bei den Tarifforderungen der Gewerkschaften geht es nicht darum, dass pädagogische Fachkräfte sich immer mal wieder einen neuen Mercedes kaufen können. Vielmehr geht es vor allem darum, dass sich die Beschäftigten im öffentlichen Dienst auch künftig die üblichen Ausgaben leisten können – und damit um die Zukunft des öffentlichen Dienstes selbst. Wer die Forderungen der Streikenden abwertet, wertet damit auch die Beschäftigten ab. Und das trifft gerade in den Sozialberufen die Frauen“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Uschi Kruse in Dresden.

„Für die Beschäftigten zählt jetzt jeder Cent, die Forderungen der Gewerkschaften sind berechtigt und ein wichtiger Beitrag für den gesellschaftlichen sozialen Frieden und für einen funktionierenden öffentlichen Dienst.“ (Doreen Siebernik)

Doreen Siebernik, die im Geschäftsführenden Vorstand der GEW für den Bereich Jugendhilfe und Sozialarbeit verantwortlich ist und an den Protesten in Sachsen teilnahm, betonte: „Es ist niemandem zu erklären, dass in Zeiten eines eklatanten Fachkräftemangels und der steigenden Belastungen für alle, die Arbeitgeber solch ein respektlos Angebot vorgelegt haben. Für die Beschäftigten zählt jetzt jeder Cent, die Forderungen der Gewerkschaften sind berechtigt und ein wichtiger Beitrag für den gesellschaftlichen sozialen Frieden und für einen funktionierenden öffentlichen Dienst.“

In Sachsen-Anhalt nutzten knapp 200 Beschäftigte den Internationalen Frauentag, um erneut auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Zu den Warnstreiks in Magdeburg und Halle (Saale) aufgerufen waren auch GEW-Mitglieder der Landkreise Salzwedel, Stendal, Jerichower Land, Salzlandkreis, Bördekreis, Harz und Anhalt-Bitterfeld. Die Landesvorsitzende Eva Gerth bekräftigte: „Die Beschäftigten brauchen dringend eine dauerhafte Gehaltserhöhung, die mit den steigenden Lebenshaltungskosten Schritt hält.“

Drei Verhandlungsrunden

Für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst für Bund und Kommunen sind insgesamt drei Verhandlungsrunden geplant. Die dritte und voraussichtlich letzte Runde ist vom 27. bis 29. März 2023 angesetzt.

Das von den Arbeitgebern in der zweiten Verhandlungsrunde vorgelegte Angebot bezeichnete die GEW-Vorsitzende Maike Finnern als „völlig inakzeptabel“. Die angebotene Gehaltserhöhung führe nach neun Nullmonaten und einer extrem langen Vertragslaufzeit von 27 Monaten zu weiteren Reallohnverlusten der Beschäftigten, sagte sie. Die avisierte Einmalzahlung verpuffe, weil sie keine Erhöhung der Gehaltstabellen bedeutet. Zudem kritisierte Finnern, dass das Angebot keine soziale Komponente für die unteren Einkommensgruppen beinhalte.

Die Gewerkschaften verhandeln für rund 2,5 Millionen Beschäftigte. Im Organisationbereich der GEW wird für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsbereich verhandelt, beispielsweise für Erzieherinnen und Erzieher sowie Sozialarbeiterinnen und -arbeiter. Ver.di hat die Verhandlungsführerschaft für die Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).