Zum Inhalt springen

Vierte Coronawelle

„Bildungseinrichtungen brauchen absolute Unterstützung“

Angesichts der zugespitzten Corona-Lage kritisiert die GEW, dass sich die Bund-Länder-Runde nicht auf ein gemeinsames Vorgehen im Bildungsbereich verständigt hat, und fordert mehr Engagement.

Foto: pixabay, CC0

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat kritisiert, dass sich die Runde mit der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem voraussichtlichen Nachfolger Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten weiterhin nicht auf ein gemeinsames Vorgehen im Bildungsbereich verständigt hat.

„Eine kluge Strategie, die Kitas, Schulen, berufliche Schulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen in dieser Ausnahmesituation wirklich hilft, sieht anders aus. Es ist dringend notwendig, dass der Bildungsbereich in dem neuen Expertengremium aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern explizit vertreten ist“, sagte GEW-Vorsitzende Maike Finnern am Donnerstag in Frankfurt a.M. in einer ersten Reaktion auf das Treffen.

„Die Bildungseinrichtungen brauchen gerade in dieser zugespitzten Corona-Lage dringender denn je Unterstützung. Stattdessen werden sie von der Politik weitgehend alleine gelassen. Zum Teil ist die Situation schwieriger als im vergangenen Winter, da beispielsweise Alltagshelferinnen und -helfer nicht mehr unterstützen können.“

Die Richtschnur für die Maßnahmen in der Schule sollen nach Ansicht der GEW die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sein. Dafür schlägt die GEW ein Fünf-Punkte-Programm vor:

5-Punkte-Programm zum Gesundheitsschutz an Schulen
Ab der 5. Klasse muss das gesellschaftliche Abstandsgebot von 1,5 Metern gelten. Dafür müssen Klassen geteilt und zusätzliche Räume beispielsweise in Jugendherbergen gemietet werden.
Um die Schulräume regelmäßig zu lüften, gilt das Lüftungskonzept des Umweltbundesamtes. Können die Vorgaben nicht umgesetzt werden, müssen sofort entsprechende Filteranlagen eingebaut werden.
Die Anschaffung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler muss endlich beschleunigt werden. Flächendeckend müssen eine datenschutzkonforme digitale Infrastruktur geschaffen und IT-Systemadministratoren eingestellt werden. Zudem müssen die Länder Sofortmaßnahmen zur digitalen Fortbildung der Lehrkräfte anbieten.
Für die Arbeitsplätze in den Schulen müssen Gefährdungsanalysen erstellt werden, um Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler besser zu schützen.
Transparenz schaffen: Kultusministerien und Kultusministerkonferenz müssen zügig ihre Planungen umsetzen, wöchentlich Statistiken auf Bundes-, Landes- und Schulebene über die Zahl der infizierten sowie der in Quarantäne geschickten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zu veröffentlichen. „Wir brauchen eine realistische Datenbasis, um vor Ort über konkrete Maßnahme zu entscheiden“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. 

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

„Jetzt heißt es: impfen, impfen, impfen und testen, testen, testen.“ (Maike Finnern)

Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der Kinder und Jugendlichen, Pädagoginnen und Pädagogen sowie der Eltern hätten schon längst deutlich nachhaltiger umgesetzt werden müssen. „Jetzt in der vierten Welle muss gelten, dass Bildungseinrichtungen bedingungslos unterstützt werden, wenn wir sie so lange wie möglich offen halten wollen“, hob die GEW-Vorsitzende hervor.

Sie machte deutlich, dass sie das Tragen von Masken in der aktuellen Situation für richtig hält: „Das ist eine sinnvolle und wirksame Maßnahme, um Infektionen zu verhindern – sie reicht aber bei weitem nicht aus. Jetzt heißt es: impfen, impfen, impfen und testen, testen, testen! Regelmäßige Tests sind auch für Kitas notwendig. Gleichzeitig müssen umgehend Luftfilteranlagen, eingebettet in Raum-, Lüftungs- und Hygienekonzepte, eingebaut werden.“

Allen Beschäftigten sei spätestens sechs Monate nach ihrer Zweitimpfung schnell und unbürokratisch eine Boosterimpfung anzubieten. Zudem müssten die 12- bis 17-Jährigen, von denen viele noch nicht geimpft werden konnten, sofort stärker in den Fokus genommen werden. Und: „Es muss weiter regelmäßig getestet werden: Nach der jetzt geltenden 3-G-Regel am Arbeitsplatz müssen die Arbeitgeber allen Beschäftigten an den Bildungseinrichtungen für jeden Arbeitstag einen kostenlosen Test anbieten. Unabhängig davon, ob diese geimpft, genesen oder nicht geimpft sind. Für Kinder und Jugendliche sind nach Möglichkeit PCR-Pooltests anzubieten“, sagte Finnern. Um die AHA-Regeln einhalten zu können, müsse der Schülerverkehr entzerrt werden.

Für die Kitas verlangt die GEW, die individuellen Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz umzusetzen. Jede Kita braucht passgenaue und wirksame Hygienepläne. „Die Regelungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Kitas zum Infektionsschutz sind zu beachten und umzusetzen. Weiter müssten alle Kitaträger Betriebsmediziner einsetzen, diese sollten die Risikogruppen bei den Beschäftigten beraten und im Einzelfall von der Arbeit in der Kita freistellen“, sagte GEW-Chefin Maike Finnern. Sie regte zudem an, freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten anzubieten.

  • Freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten
  • Passgenaue und wirksame Hygienepläne für jede Kita
  • Umsetzung der Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) an Kitas
  • Risikogruppen von Betriebsmedizinern beraten lassen und im Einzelfall von der Arbeit an der Kita freistellen

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

Auf Massenveranstaltungen verzichten

„Insgesamt geht es darum, Kontakte zu reduzieren, um die vierte Welle zu brechen. Alle Menschen in der Gesellschaft müssen mitziehen, Erwachsene jetzt Rücksicht insbesondere auf die Kinder nehmen, die noch nicht geimpft werden können und bei denen die Infektionszahlen aktuell in die Höhe schnellen. Das bedeutet vor allem, auf Massenveranstaltungen zu verzichten“, betonte die GEW-Vorsitzende.

„Mit Blick auf die sehr hohen Inzidenzwerte und die vollen Krankenhäuser halten wir es für falsch, dass die epidemische Notlage von nationaler Tragweite nicht wieder aktiviert worden ist. Obwohl das Bundesverfassungsgericht mit seinen Entscheidungen vom Dienstag für Rechtssicherheit gesorgt und damit der Politik den Rücken gestärkt hat, wird dieser Teil des Infektionsschutzgesetzes nicht wieder in Kraft gesetzt. Damit gibt der Bund ohne Not ein wichtiges Steuerungsinstrument aus der Hand“, unterstrich Finnern. Dabei verkenne die GEW jedoch nicht, dass Notlagenregelungen auf lange Sicht eine Zumutung für Demokratie und Bevölkerung sind.