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Konferenz des Bundesbildungsministeriums

Wissenschaftszeitvertragsgesetz reformieren, aber wie?

Mehr Planbarkeit für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Vorrang für Qualifizierung vor Drittmittelbefristung und Mindestlaufzeiten – Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat eine Novelle des WissZeitVG angekündigt.

Am 27. Juni hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Berlin die Debatte um die Novellierung des WissZeitVG mit einer Konferenz eröffnet. 

Auf der von dem Wissenschaftsjournalisten Jan-Martin Wiarda moderierten Veranstaltung kamen Vertreterinnen und Vertreter der Länder, der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), der außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie der Beschäftigten zu Wort – neben GEW-Vize Andreas Keller und Mathias Kuhnt vom Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss) auch der Mitinitiator des Hashtags #IchBinHanna, Sebastian Kubon.

Einigkeit herrschte auf allen Podien, dass die Planbarkeit wissenschaftlicher Berufsausübung erhöht werden müsse und die Befristungsquote im Postdoc-Bereich zu hoch sei. Beim Wie gingen die Meinungen jedoch weit auseinander. Für Stark-Watzinger ist das WissZeitVG lediglich eine Stellschraube zur Erreichung dieser Ziele. Keller, Kuhnt und Kubon betonten dagegen unisono, dass einer Befristung nach der Promotion ohne berechenbare Entfristungsaussichten im Gesetz ein Riegel vorgeschoben werden müsse.

Dennoch, so der GEW-Hochschulexperte Andreas Keller, mache es Mut, „dass Stark-Watzinger in ihrer Konferenzeröffnung einige Änderungsbedarfe konkret adressiert hat, namentlich Mindestvertragslaufzeiten bei Erstverträgen, Vorrang der Qualifizierung vor Drittmittelbefristung und planbare Anschlussperspektiven im Postdoc-Bereich“. Die GEW hat dazu bereits in ihrem Acht-Punkte-Programm Vorschläge vorgelegt.

Modell der Jungen Akademie

Die an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Nationalen Akademie der Wissenschaften angesiedelte Junge Akademie schlägt eine erste befristete Postdoc-Phase bei einer Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten vor, auf die eine zweite Phase folgen soll, in der ein Tenure Track Entfristungsperspektiven eröffnet. 

Andreas Keller hielt diesen Vorschlag für „ambivalent“: „Der Referenzrahmen gibt eine gute Orientierung für die Personalentwicklung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und verdient auch in Deutschland mehr Aufmerksamkeit, er taugt aber nicht für die Legitimation oder gar Verschärfung der Befristungspraxis“, mahnte der GEW-Hochschulexperte.

„Wir brauchen keine Reparaturnovelle des WissZeitVG, sondern eine radikale Reform, die die Promotionslaufzeit zum Maßstab für die Vertragslaufzeit macht.“ (Andreas Keller)

Peter André Alt, HRK-Präsident, Anja Steinbeck, Sprecherin der Mitgliedergruppe Gruppe Universitäten in der HRK, zeigten sich aufgeschlossen gegenüber dem Modell der Jungen Akademie. Einen Tag nach der Konferenz skizzierten sie in einem im Blog von Moderator Jan-Martin Wiarda veröffentlichten Interview, was die HRK unter mehr Planbarkeit versteht: Verkürzung der Höchstbefristungsdauer von zwölf auf zehn Jahre, damit etwas früher klar werde, wer im System bleiben könne und wer nicht.

Das Fazit von Andreas Keller: „Erfreulich ist, dass es in der Konferenz gar nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie einer Reform des WissZeitVG ging. Was wir aber nicht brauchen, ist eine reine Reparaturnovelle des Gesetzes. Es geht vielmehr um eine radikale Reform, die die Promotionslaufzeit zum Maßstab für die Vertragslaufzeit macht und insbesondere zu konkret ausgestalteten Dauerstellenperspektiven nach der Promotion und Chancengleichheit führt. Es wird in den kommenden Wochen darauf ankommen, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Stimme erheben und wir gemeinsam den Druck auf Regierung und Parlament erhöhen.“

Wie geht es weiter?

Laut Auskunft des Ministerium ist mit einem Referententwurf für eine Gesetzesnovelle um die Jahreswende zu rechnen. Bis dahin möchte das Ministerium Einzelgespräche mit den verschiedenen Interessengruppen und Organisationen führen.

Die GEW bereitet sich einstweilen auf einen heißen Herbst vor. Am 7. Juli gibt es eine Online-Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten von SPD, Union, Grünen, FDP und Linken. Von 21. bis 24. September folgt die GEW-Wissenschaftskonferenz in Dresden, die unter dem Motto „Perspektiven für Hanna“ steht.