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Weiterer Unterrichtsausfall an Förderschulen und Schwerpunktschulen vorprogrammiert – GEW kritisiert Bildungsministerium

Nach Auffassung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rheinland-Pfalz verursacht das Bildungsministerium durch ungenügende Planstellen für ausgebildete Förderschullehrkräfte Unterrichtsausfall an Förder- und Schwerpunktschulen. Durch mangelnde Planstellenangebote für Förderschullehrkräfte in Rheinland-Pfalz ist die Abwanderung in andere Bundesländer vorprogrammiert und die Versorgung von Förder- und Schwerpunktschulen mit ausgebildeten Förderschullehrkräften bleibt weiter sehr schlecht.

Im Herbst haben etwa 90 Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter des Studienseminars in Kaiserslautern ihre Prüfungen zur Förderschullehrkraft abgelegt und stehen für die Einstellung zum 1. Februar 2017 zur Verfügung. Auf einer landesweiten Schulleiterdienstbesprechung im September hat Bildungsministerin Stefanie Hubig angesichts des akuten Bedarfs an Förderschullehrkräften zugesagt, diese einzustellen und damit in Rheinland-Pfalz zu halten. Tatsächlich hat das Ministerium jetzt lediglich etwa 26 Planstellen zur Verfügung gestellt. Viele Bewerberinnen bzw. Bewerber haben daher bereits Angebote in anderen Bundesländern angenommen.

„Das Land Rheinland-Pfalz bildet kostenintensiv aus, gibt dann aber keine Perspektive für einen Arbeitsplatz in Rheinland-Pfalz“, kritisiert der GEW-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer. „Und dies, obwohl jede einzelne Kollegin und jeder einzelne Kollege mit dem Abschluss des Lehramtes für Förderschulen dringend gebraucht wird.“

Nach Recherche der GEW gibt es zurzeit noch 62 voll ausgebildete Bewerberinnen bzw. Bewerber ohne Planstelle. Einigen Wenigen wurde ein Vertretungsvertrag angeboten. Aber sobald diese Personen ein Planstellenangebot aus Hessen, dem Saarland oder Baden-Württemberg erhalten, ist davon auszugehen, dass sie abwandern. Auch vor dem Hintergrund, dass durch die langjährige "Ein-Prozent-Deckelung" der Beamtengehälter in Rheinland-Pfalz die Besoldung der anderen Bundesländer höher liegt.

„Eine ähnliche Situation mussten wir bereits vor drei Jahren erleben. Auch damals gab es aufgrund der Sparpolitik zu wenige Planstellen und über 30 junge ausgebildete Förderschullehrkräfte nahmen Planstellen in den benachbarten Bundesländern an. Die Zusage aus dem Ministerium, dass eine solche Situation nicht wieder vorkommen dürfe, hielt offenkundig nicht lange“, so Klaus-Peter Hammer.

Die GEW Rheinland-Pfalz fordert das Ministerium zum sofortigen handeln auf. Je länger jetzt gewartet wird, umso mehr der an rheinland-pfälzischen Schulen gut ausgebildeten Förderschullehrkräfte werden in andere Bundesländer abwandern.

„Mit dieser negativen Perspektive werden die Beschäftigten an Schulen, die sich für die Inklusion und Integration von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen stark machen, alleine und damit im Stich gelassen“, so Hammer weiter. Bereits heute unterlägen die Beschäftigten an Förder- sowie Schwerpunktschulen aufgrund des im Vergleich höchsten Unterrichtsdefizits von über 3,6 % enormen Arbeitsbelastungen.

Nach Kenntnis der GEW liegt an den Förderschulen im Schulaufsichtsbezirk Rheinhessen-Pfalz der Bedarf an Förderschullehrkräften bei über 4 %. Die lang ersehnten Bewerberinnen bzw. Bewerber für diese Region sind jetzt vorhanden. Dennoch erhielt der Schulaufsichtsbezirk Neustadt nur 14 der 26 landesweiten Stellen. „Zum Schuljahresende werden im Sommer viele Kolleginnen und Kollegen in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen. Dafür wird es kaum Ersatz geben, denn zu diesem Zeitpunkt endet die Ausbildung im Studienseminar Förderschulen in Koblenz und die Bewerberinnen bzw. Bewerber von dort werden verständlicherweise im Norden des Landes bleiben, wo der Lehrkräftemangel ähnlich gravierend ist“, so Klaus-Peter Hammer abschließend. „Die Not vor Ort wird größer, wenn diese Probleme nicht schnell und konstruktiv angegangen werden.“

Hintergrundinformationen:

Es gibt in Rheinland-Pfalz 3 Studienseminare für die 2. Ausbildungsphase zur Förderschullehrkraft (Referendariat):

  • Kaiserslautern mit einer Ausbildungskapazität von ca. 90 Plätzen
  • Neuwied mit einer Ausbildungskapazität von ca. 60 Plätzen
  • Neuwied, Teildienststelle Trier mit einer Ausbildungskapazität von ca. 30 Plätzen

Jeweils im Wechsel zwischen dem 15.01. und dem 01.08. eines Jahres starten die Ausbildungsphasen in den Studienseminaren.

Seit mehreren Jahren werden die oben genannten Ausbildungsplätze nicht voll belegt, da es zu wenige Studierende für das Lehramt an Förderschulen gibt.

Pro Jahr beenden derzeit durchschnittlich 90 Bewerber_innen ihre 2. Ausbildungsphase zur Förderschullehrkraft.

Laut Berichten des Landesamtes für Statistik aus dem Jahr 2016 arbeiten derzeit an Förderschulen
452 Kolleginnen und Kollegen im Alter von 55-59 Jahren (Anzahl der Altersteilzeit nicht bekannt) sowie
415 Kolleginnen und Kollegen im Alter von 60-65 Jahren.

Zwar sinkt die Zahl der Schülerinnen und Schüler an den Förderschulen, dafür steigt die Zahl der sogenannten Integrationsschülerinnen bzw. Integrationsschüler an den Schwerpunktschulen seit Jahren sehr stark an.

Die Zahlen belegen seit Jahren, dass zu wenige Kolleginnen und Kollegen als voll ausgebildete Förderschullehrkräfte für die Arbeit an den Schulen zur Verfügung stehen. Deshalb bietet das Land ein Quereinsteiger-Programm an: Diplom-Pädagoginnen und Diplom-Pädagogen mit dem Schwerpunkt Sonderpädagogik können zusätzlich in das Referendariat einsteigen. Nach erfolgreichem Abschluss des Referendariats gelten sie bei der Bewerbung als ausgebildete Förderschullehrkraft  – allerdings nur in Rheinland-Pfalz. Zusätzlich werden Kolleginnen und Kollegen anderer Lehrämter über die Wechslerprüfung zum Förderschullehramt nachqualifiziert. Trotz dieser Programme können die oben genannten Ausbildungskapazitäten schon seit Jahren nicht mehr ausgeschöpft werden.

Deshalb arbeiten derzeit viele nicht ausgebildete Lehrkräfte an Förder- und Schwerpunktschulen. Im günstigsten Fall sind das Kolleginnen bzw. Kollegen mit 1. Staatsexamen für das Lehramt Förderschulen oder anderer Lehrämter.

Mainz, 20.12.2016

Kontakt
Peter Blase-Geiger
Geschäftsführer GEW Rheinland-Pfalz
Adresse Martinsstr. 17
55116 Mainz
Telefon:  06131 28988-15