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Großes Interesse

Fachtagung "Landnahme von Rechtsaußen" ein großer Erfolg

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, DEMOS e.V. und das Haus Felsenkeller luden zu einer gemeinsam veranstalteten Fachtagung zum Thema Vektoren rechtsextremer Einflussnahme im ländlichen Raum ein.

Die verschiedenen hochkarätigen Vorträge beleuchteten aus unterschiedlichen Blickwinkeln das aktuelle Geschehen und die Gefahren für die demokratische Gesellschaft, mit besonderem Augenmerk auf den ländlichen Raum im Allgemeinen und den Westerwald im Besonderen.
Zum Einstieg brachte Gewerkschafter und Vorstandsmitglied bei DEMOS e.V., Julien Fleckinger, die Teilnehmenden auf den neuesten Stand der Causa "Fassfabrik" in Hachenburg. Diese entwickle sich immer stärker zu einem rechtsextremen Vernetzungszentrum mitten im Westerwald, bei dem die Handelnden zunehmend das Licht der Öffentlichkeit mieden. "Die Akteure sind augenscheinlich um seriöses Auftreten nach außen bemüht," referierte Fleckinger, "doch die Teilnahme zentraler Personen an einschlägigen Demonstrationen, ihr Auftreten in den sozialen Medien und ihre nachgewiesenen Kontakte zu rechtsextremen Organisationen sprechen eine andere Sprache."
Jakob Pfeifer, Referent an der evangelischen Akademie für Land und Jugend, stellte eindrucksvoll dar, wie Kampfsport genutzt wird, um rechtsextreme Ideologien - teils bröckchenweise - sogar unter Kindern zu verbreiten. "Längst nicht alle Kampfsportschulen vermitteln das aggressive und militante Selbstbild, das Rechtsextremisten vertreten, doch wo Rechtsextremisten Einfluss gewinnen, verschiebt sich der Fokus von Selbstbehauptung zu Aggression." sagte Pfeifer. Für Trainierende und gegebenenfalls deren Eltern lohne sich ein genauer Blick. Er verwies auf die Initiative "Runter von der Matte", bei der sich wichtige Informationen abrufen ließen.
Eine weitere Herausforderung auf dem Land sind diverse völkische und esoterische Siedlungsbewegungen. Die Fachjournalistin Ulrike Heitmüller gab einen umfassenden Einblick in verschiedene Gruppierungen wie den Artamanen-Orden, die Anastasia-Bewegung und die sogenannte "Artgemeinschaft". Die Referentin, selbst Theologin, beschrieb in ihrem Vortrag sehr differenziert Trennendes und Verbindendes zwischen Rechtsextremist:innen, Esoteriker:innen und konservativen bis fundamentalistischen Christen. Ein wichtiges Hilfsmittel für Ortsgemeinden sei das Leerstandsmanagement und Aufmerksamkeit gegenüber diesen Gruppen. Es sei nicht immer ein Parteibüro, manchmal tarnten sich Siedlergruppen auch mit einem grünen Anstrich.
Zuletzt gab Jan Raabe, Sozialpädagoge und Rechtsrockexperte, einen Einblick in die Geschichte und Gegenwart rechtsextremer Musik und die Wege, die rechtsextreme Propagandisten beschreiten, über die Musik ihre Ideologie zu transportieren. Die Musikstile seien differenzierter geworden, weil auch der Geschmack der Rechtsextremisten nicht mehr nur mit klassischem Rechtsrock getroffen werde und sich modernisiert habe. Diese Stilöffnung vergrößere nicht nur die Menge potenzieller Konsumenten, sondern erreiche auch Mainstream-Musiker:innen, die dann die Themen aufgreifen und damit die Grenzen des Sagbaren verschieben. Eine genaue Analyse, wie viele Menschen von rechtsextremer Musik oder deren Grenzgängern erreicht werde, sei angesichts der Verschiebung der Vermarktungswege weg von Tonträgern und hin zu Streamingdiensten nur schwer möglich. Einen Anhaltspunkt lieferten lediglich die zunehmende Verbreitung von Konzerten und deren Größe.
Die Veranstalter und Teilnehmenden waren sich einig, dass diese Tagung ein großer Erfolg war. Daher sollen auch weitere Veranstaltungen stattfinden, in denen Wissen verbreitet und die Vernetzung demokratisch Gesinnter gefördert wird. Die Fachtagung wurde durch das LEADER-Programm gefördert.
Außer über den fachlichen Input konnten die Teilnehmenden sich über das Catering freuen: Dem Freundeskreis der Lebensretter e. V. war es gelungen, aus ausschließlich vor der Vernichtung geretteten Lebensmitteln ein köstliches Buffet zu zaubern.