Zum Inhalt springen

Gefährdungsanzeige

Wenn die Belastungsgrenze in Kitas erreicht ist

Eine Gefährdungsanzeige (Überlastungsanzeige) ist nicht ausdrücklich in Gesetzen, Verordnungen oder Tarifverträgen geregelt oder definiert.

Für das Anzeigen von Gefährdungen besteht für den Arbeitnehmer eine Pflicht. Sie resultiert u.a. aus den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten (§ 611 BGB und §§ 241 Abs. 2, 242 BGB). Danach ist die/der Beschäftigte verpflichtet, den Arbeitgeber vor drohenden oder voraussehbaren Schäden zu bewahren bzw. vor deren Eintritt zu warnen und darüber hinaus auf z.B. organisatorische Mängel oder das Überschreiten der zulässigen Arbeitszeiten nach dem Arbeitszeitgesetz aufmerksam zu machen.

Arbeitnehmer sind nach § 15 bzw. § 16 Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, ihrem Arbeitgeber eine Überlastung anzuzeigen, wenn daraus eine Gefährdung der eigenen Gesundheit bzw. Sicherheit oder der von anderen Personen ausgehen kann.

Darüber hinaus ist geregelt, nach § 278 BGB hat der Arbeitgeber ein Verschulden […] der Personen, derer er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. (Organisationsverschulden)

Die Anzeige ist vom überlasteten Arbeitnehmer an den Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten zu richten. Auch eine Gruppe von Arbeitnehmern (z. B. ein Kindergartenteam) kann eine Gefährdungsanzeigeanzeige einreichen.

Der Arbeitnehmer ist durch das bloße Schreiben einer Gefährdungsanzeige jedoch nicht gänzlich von der Haftung befreit. Die üblichen Sorgfaltspflichten bleiben natürlich bestehen!

Falls aufgrund einer Überlastung ein Schaden eintritt, ergibt sich bei Beachtung der vorgenannten Sorgfaltspflicht eine haftungsrechtliche Entlastung des Arbeitnehmers, wenn er nachweislich zuvor unverzüglich eine Gefährdungsanzeige erstattet hat. Hat er keine erstattet, trifft ihn möglicherweise ein „Verschulden durch Unterlassen“.

In der Regel sollte eine Gefährdungsanzeige daher zur Beweissicherung schriftlich über den Dienstweg und unverzüglich erfolgen. Besteht die Überlastungssituation (personelle Unterbesetzung, unrealistisches Arbeitsvolumen) über längere Zeit (z. B. mehrere Monate) fort, ist es sinnvoll, die Anzeige zu wiederholen, da der Arbeitgeber sonst davon ausgehen kann, dass die Überlastung nicht mehr besteht.

Darüber hinaus dient die Gefährdungsanzeige auch dazu, den Arbeitgeber deutlich auf Gefahren hinzuweisen und zum Ergreifen von Gegenmaßnahmen anzuregen. So kann es angebracht sein einen Kita-Träger auf seine Meldepflichten im Sinne des § 47 SGB VIII hinzuweisen.

Regeln für das Erstellen einer Gefährdungsanzeige (Überlastungsanzeige)

  • Immer schriftlich um einen Nachweis zu haben!
  • Nutzen Sie eine oder mehrere konkrete Situation/en
  • Beschreiben Sie die Umstände, die zur Überlastung führen möglichst genau
  • Beschreiben Sie die Überlastung möglichst genau
  • Beschreiben Sie die aus der Überlastung resultierenden Gefahren möglichst genau
  • Machen Sie möglichst Vorschläge zur Behebung der Überlastung

Folgende Punkte können/sollten in einer Gefährdungsanzeige (Überlastungsanzeige) aufgeführt werden:

  • Bezeichnung der Arbeitsstelle (Bspw. „Kita Geht nicht Mehr“)
  • Namen der Beschäftigten
  • betroffene Arbeitsbereiche
  • konkrete Beschreibung der Situation in der Einrichtung (Bspw. stetiger Personalmangel, besonders betreuungsaufwändige Kinder, unzureichendes Raumangebote, Schäden an Einrichtung usw.)
  • Anzahl der zu Betreuenden, Mindestbesetzung, notwendige Besetzung und tatsächliche Anzahl der Beschäftigten unter Angabe der Qualifikation
  • Benennung der konkreten Überlastungsmerkmale (keine Pausen, zu lange Arbeitszeiten, Schilderung der Ursachen zu hoher Arbeitsbelastung, mangelnde Personalausstattung usw.)
  • dienstliche Folgen (bereits erfolgte Beschwerden der Kinder oder Eltern, Qualitätssatndards können nicht mehr eingehalten werden, Aufsicht nicht mehr garantiert ...)
  • persönliche Folgen (häufige Erkrankungen aufgrund Stress/Überlastung in der Vergangenheit)
  • Aufzählen der Arbeiten, die nicht erledigt werden können oder vorrangig vorgenommen werden
  • Begehren auf unverzügliche Abhilfe der Situation durch den Arbeitgeber
  • Vorschläge zur Behebung der Situation
  • Datum und Unterschrift

Rechtsvorschriften

Arbeitsschutzgesetz (ArbschG)

§ 3  Grundpflichten des Arbeitgebers

§ 5  Beurteilung der Arbeitsbedingungen

§ 6  Dokumentation

§ 15 Pflichten der Beschäftigten

§ 16 Besondere Unterstützungspflichten

 

Bürgerliches Gesetzbuch

§ 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag 

§ 618 Pflicht zu Schutzmaßnahmen

§ 242 Leistung nach Treu und Glauben

§ 823 Schadensersatzpflicht

Text: Ingo Klein

Kontakt
Ingo Klein
Gewerkschaftssekretär
AdresseRegionalbüro Süd, Mainz
Telefon: 06131 28988-19