Zum Inhalt springen

DigitalPakt Schule

Zu bürokratisch, unwirtschaftlich, nicht zielgenau, wenig transparent

Am „DigitalPakt Schule“ gibt es viel Kritik. Dennoch soll er verlängert werden – findet auch die GEW.

Wie kann die Digitalisierung in den Schulen schneller gehen? (Foto: colourbox.com)

Um Deutschlands Schulen technisch fitzumachen, investieren Bund und Länder bis 2024 rund 7 Milliarden Euro. 6,5 Milliarden steuert der Bund bei, allein fünf Milliarden kommen aus dem Basispaket „DigitalPakt Schule“ (DPS) für den Auf- und Ausbau digitaler Infrastruktur. Weitere 1,5 Milliarden Euro wurden zusätzlich in der Corona-Pandemie 2020 für die Finanzierung von IT-Administratoren, Dienstlaptops für Lehrkräfte und Endgeräte für bedürftige Schülerinnen und Schüler bereitgestellt. 

Finanzschwache Kommunen scheuen die Folgekosten der Digitalisierung.

Es ist also reichlich Geld für die Digitalisierung da. Doch am Umgang damit gibt es Kritik. Etwa daran, dass die Gelder nur sehr zäh abfließen. Wie schnell beziehungsweise langsam die Förder-Apparatur läuft, listet das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zweimal pro Jahr auf. Im aktuellen Bericht mit Stand Ende Juni waren 3,06 Milliarden Euro aus dem Basispaket bewilligt. Tatsächlich für Digitalisierungsmaßnahmen ausgegeben wurden seit 2019, dem Start des DPS, 591 Millionen Euro. Deutlich schneller ging es bei den Corona-Hilfen: Die Mittel für Laptops und Endgeräte wurden nahezu vollständig ausgegeben.

Das BMBF schlussfolgert, dass die Finanzhilfen von den Ländern gut angenommen werden. Die GEW relativiert diese Aussage: „Das ist etwas beschönigend, wenn 5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, aber erst rund 600 Millionen Euro abgeflossen sind“, sagt Anja Bensinger-Stolze, die im GEW-Hauptvorstand den Organisationsbereich Schule leitet. Das sei nur zum Teil mit Bürokratie zu erklären, sagt sie mit Verweis auf ein GEW-Gutachten von Mai dieses Jahres, das unter der Leitung des Bildungsrechtsexperten Professor Michael Wrase entstand. Ein gewichtigerer Grund für die Zurückhaltung beim Geldausgeben sei etwa, dass sich insbesondere finanzschwache Kommunen vor den Folgekosten der Digitalisierung scheuten, wie etwa regelmäßige Ausgaben für IT-Support und -Wartung.

Bundesrechnungshof kritisiert Mitnahmeeffekte und ineffiziente Förderverfahren.

Auch ist nicht immer klar, ob die Gelder sinnvoll vergeben werden. So kritisierte der Bundesrechnungshof (BRH) Redundanzen, Mitnahmeeffekte und ineffiziente Förderverfahren. Er warf den Verantwortlichen zudem wiederholt vor, Wirtschaftlichkeitsaspekte außer Acht zu lassen, oder, wie im Fall der Nationalen Bildungsplattform des BMBF, diese erst im laufenden Prozess berücksichtigen zu wollen.

Darüber hinaus bemängelt der BRH eine mangelhafte Bestandsaufnahme. So habe es der Bund versäumt, vorab zu ermitteln, wie es um die Infrastruktur für digitales Lernen in den einzelnen Ländern bestellt sei. Das Geld wird gemäß des Königsteiner Schlüssels pauschal nach Bevölkerungszahl und Steueraufkommen verteilt. Es sei zu befürchten, dass sich Entwicklungsunterschiede so vergrößern, warnt der BRH. Das Wrase-Gutachten spricht von „einigen digitalen ,Vorreiter-Schulen‘“, denen gegenüber „ein deutlich überwiegender Anteil (über 60 Prozent) von Schulen mit einer niedrigen oder sehr geringen digitalen Ausprägung“ stehe. Dem BMBF zufolge sind der technische Stand und die Bedarfe der Schulen dem Ministerium vorab bekannt gewesen. Diese hätten die Länder erhoben. Und ihnen stehe es frei, die Mittel bedarfsgerecht zu verteilen, so das BMBF.

Das BMBF wird seiner Pflicht, Rechenschaft über die Investitionen abzulegen, bislang kaum gerecht.

Weil das BMBF den Löwenanteil der Investitionsmittel trägt, sieht der BRH vor allem dort die Pflicht, „Rechenschaft über den Einsatz und die Verwendung der Mittel für den ,DigitalPakt Schule‘ abzulegen“. Doch dem wird das Ministerium bislang kaum gerecht. Abgesehen von der halbjährlichen Aufstellung der Mittelbindung und des -abrufs, stünden keine öffentlich zugänglichen Informationen über den Umsetzungsstand der schulischen Digitalisierung zur Verfügung, kritisiert das Wrase-Gutachten.

Erst Ende Juni hat das BMBF einen ersten „Fortschrittsbericht“ mit kurzen Umsetzungsbeispielen aus einigen Bundesländern veröffentlicht. Laut der Verwaltungsverordnung sollte dieser jährlich erscheinen. Und auch bei der angekündigten programmbegleitenden und abschließenden Evaluation des DPS durch einen unabhängigen Gutachter bewegt sich erst langsam etwas. Bewerbungen dafür konnten zwischen September und November abgegeben werden. „Der Evaluator erstellt bis zum 31.12.2024 einen Zwischenbericht und bis zum 31.12.2026 einen Abschlussbericht“, teilte das BMBF auf E&W-Anfrage mit.

Der Pakt muss weitergeführt werden, aber erst nach einer umfassenden Evaluation. (Anja Bensinger-Stolze)

Für die GEW ist eine umfassende Bestandsaufnahme Voraussetzung für eine Verlängerung des DPS mithilfe des Bundes, wie sie die Ampel-Koalition angekündigt hat. „Der Pakt muss weitergeführt werden“, sagt Bensinger-Stolze. „Aber erst nach einer umfassenden Evaluation.“ Der BRH hält dagegen: „Die Beteiligung des Bundes sollte nicht verlängert werden.“ Dessen Finanzhilfen seien ungeeignet, um die Digitalisierung der Schulen voranzubringen. Diese Aufgabe sei ausschließlich Sache der Länder und Schulträger. „Aufgrund der aktuellen Finanzlage der Kommunen muss der Bund weiterhin Mittel zur Verfügung stellen“, erwidert Bensinger-Stolze. Oder die Kommunen müssten generell besser finanziell ausgestattet werden. „Aber das sehe ich momentan nicht.“