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VerA ist inklusionsfeindlich

GEW, GSV und VBE legen Manifest vor: „Schulen brauchen Unterstützung statt Testeritis“ „VerA ist inklusionsfeindlich. Die Vergleichsarbeiten, die bundesweit in Klasse 3 und 8 geschrieben werden, verschärfen den Leistungsdruck.

Sie belasten Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler, ohne dass wir in der Umsetzung der Inklusion einen Schritt weiter kommen. Schulen brauchen Unterstützung – keine Testeritis.“ Das stellen die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Grundschulverband (GSV) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in ihrem VerA-Manifest, das sie heute während einer Pressekonferenz in Berlin veröffentlicht haben, fest. „Gute Schule ist ein Lern- und Lebensort, der Kindern und Jugendlichen eine umfassende Bildung und bestmögliche Entwicklungschancen bieten soll. Deshalb darf die Qualitätssicherung nicht auf eine standardisierte Leistungsmessung verkürzt werden.“

„Wir geben sehr viel Geld für Maßnahmen zur Qualitätssicherung aus und wissen bis heute nicht, wie bzw. ob diese wirken“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. Sie wies darauf hin, dass „die Effekte von VerA mit Blick auf die Qualitätsverbesserung an Schulen nie von unabhängigen Forscherinnen und Forschern evaluiert“ worden seien. „VerA bürdet den Lehrerinnen und Lehrern viel zusätzliche Arbeit auf. Die Datenhuberei hilft aber nicht, an den Schulen sinnvolle Förderkonzepte zu entwickeln“, betonte Tepe. Eine aktuelle Pilotstudie der GEW zeige, dass mehr als 70 Prozent der Kolleginnen und Kollegen in den VerA-Untersuchungen keinen Nutzen für ihren Unterricht entdecken können. Nicht einmal 50 Prozent der Befragten nutzten die Ergebnisse für Schulentwicklungsprozesse. „Aus Sicht vieler Lehrkräfte verfehlt die Kultusministerkonferenz (KMK) ihre für die VerA-Untersuchungen proklamierten Ziele“, sagte die GEW-Vorsitzende.

Qualitätssicherung sei unbestritten eine wichtige Aufgabe der Schule, betonte GSV-Vorsitzende Maresi Lassek. „Aber sie ist anspruchsvoll und schwierig: Die Verfahren dürfen die untersuchten Aktivitäten nicht verfälschen.“ Notwendig sei ein breites methodisches Repertoire, „zu dem unter anderem auch Tests zählen. Sie stärken den Außenblick und bieten Vergleichsdaten aus repräsentativen Stichproben“. Aber Tests seien auch ein heikles Instrument. Im Rahmen von VerA seien deren Risiken nicht zureichend bedacht. „Schon 1999, lange vor VerA, hat der Grundschulverband eine Konzeption vorgelegt, wie die Rechenschaftsaufgaben im Schulsystem sinnvoll verteilt werden könnten und welche Verfahren dabei pädagogisch angemessen wären“, erinnerte die GSV-Vorsitzende, deren Verband seit 2005 unter dem Titel Pädagogische Leistungskultur dafür auch konkrete Hilfen für die Grundschulen entwickelt hat.

VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann kritisierte: „VerA engt den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen unzulässig ein und verdeckt die schulischen Bedingungen vor Ort. Das Messen in zwei Fächern taugt nicht, um ernsthafte Aussagen über die Schulentwicklung zu treffen. Im schlimmsten Falle ignorieren die Testergebnisse die Situation an der Schule und demotivieren das Kollegium.“ Es sei ein Segeln unter falscher Flagge, so Beckmann, aus den flächendeckenden Tests den Lehrpersonen Impulse für das künftige Unterrichten zu versprechen. „Kein VerA-Test hat bisher zu verbesserter Personalausstattung an der Schule, zu mehr Möglichkeiten individueller Förderung für Schüler, zu gezielten Fortbildungsangeboten für die Kolleginnen und Kollegen geführt.“ Beckmann bezeichnete es als „paradox“, dass VerA von den Lehrpersonen einen erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand verlange und so Ressourcen verschwende, die in der Schul- und Unterrichtsentwicklung besser angelegt wären.


Info: VerA steht für Vergleichsarbeiten in der 3. und 8. Jahrgangsstufe (VerA-3 bzw. VerA-8) einer Schule. Vergleichsarbeiten sind schriftliche Arbeiten in Form von Tests, die flächendeckend und jahrgangsbezogen untersuchen, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht haben. Die Umsetzung landesweiter Vergleichsarbeiten in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland ist Teil der Gesamtstrategie, die die Kultusministerkonferenz (KMK) 2006 zum Bildungsmonitoring verabschiedet hat. Ziel des Bildungsmonitoring ist, die Kompetenzorientierung im Bildungssystem zu stärken. Die KMK verbindet mit den VerA-Untersuchungen auch das Ziel, Schulentwicklungen anzustoßen. Ob diese KMK-Ziele mit VerA erreicht werden können, ist noch nicht wissenschaftlich untersucht worden.