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Kitas und Schulen starten nach der Sommerpause

Mehr Zeit für Zeit. Bildungseinrichtungen stärken!

Das neue Schul- und Kindergartenjahr hat begonnen. Viele Kolleginnen und Kollegen waren in Urlaub und gehen nun mit frischem Schwung und Elan an die Arbeit. Die Herausforderungen sind groß. An die Lehrkräfte und Erzieherinnen werden hohe Ansprüche gestellt. Die Arbeit kann jedoch nur geleistet werden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz spielt hierbei eine wichtige Rolle. Ein Thema, das wir stärker in den Blick nehmen werden. Besonders ältere Kolleginnen und Kollegen brauchen mehr Entlastung, damit sie bis zum verdienten Ruhestand die Arbeit erbringen können, und es bedarf mehr Zeit und Ruhe für die Arbeit.

 

Von Klaus-Peter Hammer (Vorabdruck aus der GEW-Zeitung 09-2019)

Gute Bildungseinrichtungen brauchen gutes Personal. Ein Problem, das nicht so einfach zu bewältigen ist. Fehlende Erzieherinnen und Erzieher fallen nicht vom Himmel. Genauso ist es mit den fehlenden Lehrkräften. Mehr als angespannt ist derzeit der Fachkräftemangel an den Grundschulen, katastrophal im Bereich der Förderschulen. Die GEW hat schon seit Jahren auf dieses Problem hingewiesen. Die bisher von der Landesregierung ergriffenen Maßnahmen wie z.B. eine veränderte Wechselprüfung sind richtig. Jedoch hätte man schon wesentlich früher entgegensteuern können. Und es muss noch mehr getan werden. Mehr Ausbildungsmöglichkeiten für Erzieher*innen und mehr Studienangebote für das Grund- und Förderschullehramt, z.B. in Koblenz, müssen geschaffen werden. Klar ist, ohne eine Aufwertung dieser Tätigkeiten wird es schwierig sein, mehr Menschen zu finden, die in diesen Bereichen arbeiten wollen, darauf werden wir weiter einwirken.

In aller Mund ist zurzeit das Megathema „Digitalisierung“. Wir werden uns intensiv damit auseinandersetzen. Eins ist jetzt schon klar. So gut es ist, dass der Bund entsprechende Finanzmittel hierfür - in erster Linie für die Kommunen - zur Verfügung stellt, ohne deutlich mehr Finanzmittel durch das Land wird dies alles nicht umzusetzen sein. Vor allem braucht es guter und fachlich kompetenter Unterstützung durch qualifizierte Expertinnen und Experten, denn nur mit Bordmitteln werden es die Schulen nicht schaffen, sinnvolle pädagogische Konzepte zu entwickeln bzw. auch noch die Systembetreuung zu übernehmen, hierfür braucht es Fachleute.

Insgesamt fehlen den Schulen und Kindertagesstätten die notwendigen Freiräume für Konzeptentwicklung und Kooperation. Eine gute und nachhaltige Schulentwicklung braucht Zeit und weniger Bürokratie. Abgesehen von einer deutlich stärkeren Entlastung der Schulleitungen brauchen die Kolleginnen und Kollegen dringend mehr Zeit für Kooperationen. Dieses „Zeitfenster“ muss Bestandteil des Unterrichtsdeputats bzw. der Arbeitsverpflichtung sein. Es kann nicht angehen, dass immer mehr ungebundene Arbeitszeit für außerunterrichtliche Tätigkeiten aufgewendet werden müssen. In dieser Frage werden wir deutliche Forderungen formulieren wie z.B. schon in unserer Presseerklärung zum Schuljahresbeginn.

Generell jedoch brauchen wir eine veränderte Orientierung auf das, was die Schule als Bildungseinrichtung zu leisten hat. Schule ist mehr als Unterricht und mehr als die Vermittlung von Stoffwissen. Bei der sich rasant verändernden Kindheit, dem geänderten Freizeitverhalten der Kinder und Jugendlichen und ihrer Eltern bedarf es der Rückbesinnung auf pädagogische Fragestellungen. Demokratieerziehung, Sexualerziehung, der kritische Umgang mit Medien, das Lernen vom Leben in einer offenen und vielfältigen Gesellschaft usw. müssen Inhalte sein, die an der Schule und in den Kindertagesstätten umgesetzt werden können. Und diese sollten in einem guten Miteinander in den Bildungseinrichtungen erlebt und erfahrbar gemacht werden.

Das alles gelingt nur, wenn der gesellschaftliche Druck auf die Schulen nachlässt und die Schulen den Mut finden, sich die notwendigen Freiräume zu nehmen, und man ihnen diese auch zugesteht. Hierzu gehört, dass die Gesellschaft die Arbeit an den Schulen und Kindertagesstätten mehr Anerkennung zollt und man Vertrauen setzt in die Kompetenz der Kolleginnen und Kollegen und der Schulleitungen.

Die Kolleginnen und Kollegen brauchen Ruhe, ja „Mehr Zeit für Zeit“ – was unser nächstjähriges Gewerkschaftstagsmotto sein wird. Wir Pädagoginnen und Pädagogen brauchen für gutes, konzeptorientiertes Arbeiten die Möglichkeit zur Entschleunigung. Es ist zwar ein Modewort. Doch mehr Ruhe und Entspanntheit kann nicht schaden. Es kommt allen zugute.

Und zum Schluss möchte ich die finnische Bildungsministerin Sanni GrahanLaasonen zitieren, die in ihrer Rede beim „International Summit on the Teaching Profession“, welches im März in Helsinki stattgefunden hat und an dem ich teilgenommen habe, sagte: „Wir setzen absolutes Vertrauen in die Arbeit unserer Lehrkräfte und geben ihnen die notwendigen Freiräume.“ Und sie sagte weiter: „Die beste Schule ist die Schule vor Ort.“ Das hat mir sehr gefallen, weil die Ministerin einen gesellschaftlichen Konsens zum Ausdruck gebracht hat, der mir in Deutschland oft fehlt.

Wir brauchen keine Konkurrenz unter den Schulen. Sie sind alle gleich viel wert und sie sollten alle gut ausgestattet werden mit dem, was sie dringend brauchen. Wir als Gewerkschaft werden genau diesen Ansatz unterstützen und freuen uns über jedes Engagement, welches das Ministerium, die Schuladministration und die Kommunen unternehmen, – genau in diesem Bewusstsein: Die beste Schule ist die vor Ort.