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Im Arbeitskampf bis an Belastungsgrenzen gegangen

Redakteur Günter Helfrich im Gespräch mit dem GEW-Geschäftsführer Peter Blase-Geiger

Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs steht noch nicht fest, was letztendlich aus dem Schlichterspruch in der SuE-Tarifrunde geworden ist. Meine Prognose: zähneknirschend angenommen. Deine?

Da würde ich nicht drauf wetten. Gemessen an dem Anspruch, mit dem wir  in die Tarifrunde gestartet sind, nämlich der Aufwertung der Berufsbilder im Sozial- und Erziehungsdienst, ist das Ergebnis nicht zufriedenstellend. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass unsere betroffenen Mitglieder zum Teil einen vierwöchigen absolut kräfteraubenden Arbeitskampf hinter sich haben. Da ist die Enttäuschung erst einmal da. Andererseits wird es schwierig bis unmöglich sein, die Streiks in einer Art und Weise fortzuführen, dass ein besseres Ergebnis erreicht werden kann. Und was auch gesagt werden muss: Für viele Beschäftigte sind auch nicht unerhebliche Verbesserungen erreicht worden. Eine Prognose wage ich also nicht.

Das soll auch gar nicht primärer Gegenstand des Interviews sein. Uns interessiert eher, was diese Tarifrunde für dich (stellvertretend für alle, die verantwortlich involviert waren) bedeutet hat. Was überwiegt bei dir: Stolz auf eure kolossale Leistung oder einfach nur Erleichterung, dass die Belastung vorbei ist? Das war doch Stress rund um die Uhr! Ein Erzwingungsstreik war schließlich ein Novum für die GEW RLP.

Stolz auf das Geleistete. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an die Grenzen des Belastbaren gegangen. Das war schon eine tolle Leistung. Das gilt übrigens ganz genauso für die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Das war eine Gemeinschaftsleitung. Aber Vorsicht: Noch ist die Tarifrunde nicht abgeschlossen.

Beschreibe mal konkret, wie das in den vier Streikwochen so in der Geschäftsstelle und den Regionalbüros abgegangen ist!

Da hat sich alles, aber wirklich alles um den Arbeitskampf gedreht. Der Informationsbedarf war enorm groß, sodass die Telefonleitungen praktisch ständig belegt waren, in den Regionen mussten Streikbüros errichtet werden, wir hatten unzählige Streikversammlungen, Demos und Kundgebungen zu organisieren und und und. Darüber hinaus hat unsere Mitgliederverwaltung auf Hochtouren gearbeitet und tut es noch. Da geht es unter anderem um die möglichst schnelle Aufnahme der vielen neuen Mitglieder und natürlich um die Streikgeldberechnung und Auszahlung.

Konntet ihr den Arbeitsumfang überhaupt alleine bewältigen?

Nein, unmöglich. Ohne die beherzte Unterstützung von unseren vielen ehrenamtlichen Mitgliedern und einigen Honorarkräften hätten wir es nicht geschafft.

Was hat euch besonders aufgebaut, was vielleicht aber auch runtergezogen?

In diesen Wochen ist vielerorts eine grandiose Gemeinschaft entstanden und die Streikbereitschaft war deutlich höher als erwartet. Wir hatten auch sehr viele positive Rückmeldungen von unseren Mitgliedern. Es ist erkannt und honoriert worden, dass die GEW alles für diese Tarifrunde gegeben hat. Das ist alles sehr erfreulich. Die Erkenntnis, dass ein besseres Ergebnis trotz des hohen Einsatzes nicht erreichbar war, ist natürlich enttäuschend.

Was muss geschehen, um unsere neuen Mitglieder auch in der GEW zu halten?

Das klingt jetzt ein wenig danach, unsere neuen Mitglieder seien nur wegen des Arbeitskampfes und der damit verbundenen Notwendigkeit, Streikgeld zu erhalten, eingetreten. Das ist meines Erachtens aber mehrheitlich nicht der Fall. Vielmehr war der Streik für viele Kolleginnen und Kollegen nicht der alleinige Grund, sondern Anlass zu diesem Zeitpunkt einzutreten. Ich glaube, dass unsere neuen Mitglieder wissen, mit welchem Engagement wir bei der Sache waren. Und mit dieser Tarifrunde ist unsere Arbeit ja auch nicht erledigt. Es gilt nun beispielsweise wieder die schlechten Rahmenbedingungen in den Kitas in den Blick zu nehmen. Hier könnte die Initiative für ein bundesweites Kita-Qualitätsgesetz eine wichtige Rolle spielen. Nächstes Jahr gibt es bereits die nächste regelmäßige Tarifrunde, von der wiederum die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst betroffen sind. Im Herbst 2016 wird dann wieder unser großer Tag der frühkindlichen Bildung in Koblenz stattfinden. Und das sind nur Beispiele für unsere Handlungsfelder. Wir bleiben also am Ball und glauben auch, dass unsere Mitglieder das honorieren.

Wie lange wird es dauern, bis der Berg mit liegengebliebenen Aufgaben abgearbeitet ist?

Da ist tatsächlich eine ganze Menge liegen geblieben. Und zurzeit befinden wir uns ja noch mitten in der Mitgliederbefragung – die Arbeit in Zusammenhang mit der Tarifrunde dauert also noch an. Schwer da eine konkrete Antwort zu geben. Aber es dürfte noch ein Weilchen dauern.

Abschließende Frage: Was gönnst du dir im Sommer, um wieder Kraft zu tanken?
 
Zwei Wochen Nordsee mit meiner wunderbaren Frau, die mich in letzter Zeit praktisch nicht zu Gesicht bekommen hat.