Zum Inhalt springen

GEW: Kinderrechte gehören ins Grundgesetz

"Kinderrechte gehören ins Grundgesetz", fordert die GEW und schaltet sich damit in eine aktuelle politische Debatte zum Thema ein, an der sich auch der Präsident des Familienbundes der Katholiken beteiligt. Worum geht es in dieser Diskussion? Wir dokumentieren einen Beitrag von Heidi Ramb, Vorsitzende des Kinderschutzbundes e.V. Westerwald, der als Leserbrief in der Rhein-Zeitung erschienen ist.

„Es ist höchst erstaunlich, dass der Präsident des Familienbundes der Katholiken noch im Jahr 2018 die Rechte der Kinder gegen die Rechte der Eltern stellt. Das Grundgesetz regelt Rechte zwischen Bürgern und dem Staat. Die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz stärkt in erster Linie die Position von Kindern gegenüber staatlichem und behördlichem Handeln; die Befugnisse der Eltern nach Artikel 6 des Grundgesetzes bleiben unangetastet. Vielmehr gibt die im Jahr 1989 verabschiedete UN-Kinderrechtskonvention, die die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 ratifiziert hat, erstmals umfassend und in verbindlicher Rechtsform persönliche, politische sowie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von Kindern als Staatenverpflichtung vor.

Der Deutsche Kinderschutzbund gehört mit dem Deutschen Kinderhilfswerk und der UNICEF dem Aktionsbündnis Kinderrechte an, weil wir den Kindern eigene Grundrechte geben wollen, die sie in erster Linie gegenüber dem Staat einfordern können. Bisher sind Kinder nicht selbst Grundrechteträger, sondern Regelungsgegenstand des Elternrechts („Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“).

Das Wirken der wohlmeinenden Eltern für ihre eigenen Kinder, aber auch für ein kinderfreundliches Deutschland, wollen wir stärken. Als Grundrechteträger müssten Kinder und Jugendliche ihrem Alter entsprechend informiert und gehört werden, etwa wenn es um Jugendeinrichtungen geht oder eine neue Kita oder einen Kinderspielplatz, gegen den Erwachsene wegen des Lärms klagen, oder gar  um die Ausweisung neuer Baugebiete. Noch heute fallen viele Entscheidungen in Kindesangelegenheiten auf allen Ebenen, ohne die wirklichen Belange von Kindern zu berücksichtigen. Das Ergebnis: Kinderarmut und kinderfeindliche Regelungen.

 Die Beteiligung von Mädchen und Jungen an sie betreffenden Entscheidungen erfordert natürlich, sie entsprechend ihrem Entwicklungsstand dazu zu befähigen. Beteiligung ist ein wichtiger Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung und damit zugleich zur notwendigen Sicherung und Weiterentwicklung  unseres demokratischen Gemeinwesens.

In der Praxis von Behörden, Räten und Gerichten hilft, anders als es der Präsident des Familienbundes der Katholiken darstellt, der Beitritt zur UN-Kinderrechtskonvention überhaupt nicht. Das sieht auch die UN so: Sie hat Deutschland schon mehrfach aufgefordert, die Kinderrechte in das Grundgesetz aufzunehmen. Denn unsere Verfassung bringt bisher nicht zum Ausdruck, dass Kinder eigenständige Persönlichkeiten mit eigener Würde und dem Anspruch auf Anerkennung ihrer Individualität sind.

Wer darin den Versuch sieht, Kinder und Eltern gegeneinander auszuspielen, hat weder die Kinderrechtskonvention noch unsere Initiative richtig verstanden oder interpretiert sie leichtfertig falsch.

Betrachtet man nur einige der in 54 Artikeln festgelegten Rechte, z.B. das Recht der Kinder, im Krieg und auf der Flucht besonderen Schutz zu erhalten, das Recht auf Schutz vor Gewalt und darauf, gesund zu leben, wird deutlich, dass die formulierten Kinderrechte Eltern eine Hilfe sind, die Kinderrechte gegenüber dem Staat einzufordern.

Zur Erinnerung: Der Tierschutz ist seit 2002 im Grundgesetz verankert.“

Heidi Ramb, 1. Vorsitzende Deutscher Kinderschutzbund e.V.
Ortsverband Höhr-Grenzhausen / Kreisverband Westerwald

Dieser Beitrag ist als Leserbrief in der Rhein-Zeitung erschienen.