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Gesamtschulen lernen voneinander - Gesamtschultag 2016 in Ingelheim

Etwa 200 Kolleginnen und Kollegen rheinland-pfälzischer Gesamtschulen folgten der Einladung der GEW und der GGG (Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule) zum diesjährigen Gesamtschultag. Darunter auch das komplette Kollegium der gastgebenden Integrierten Gesamtschule Kurt Schumacher in Ingelheim.

In der IGS Ingelheim, die seit 25 Jahren besteht, lernen ca. 1.000 Schülerinnen und Schülern. Die Schulleiterin Karin Hantschel betonte in ihrem Grußwort, dass es sich bei der IGS um eine Schule der Vielfalt handele. Einen Überblick über die aktuelle Situation in Rheinland-Pfalz gab das Grußwort von Eva Caron-Petry, Abteilungsleiterin im Bildungsministerium: Zurzeit gäbe es in Rheinland-Pfalz 35 IGSen in Aufbauform, darunter 19 mit Oberstufe. Die ältesten seien hierbei bereits über 40 Jahre alt. Die Landesregierung habe gute Rahmenbedingungen für die räumlichen Bedingungen an den IGSen geschaffen, die Voraussetzung für die pädagogische Arbeit seien. Aktuell sei die Integration von Geflüchteten eine große Aufgabe aller Schulen. Frau Caron-Petry forderte die IGSen auf, sich stärker dieser Aufgabe zu widmen. Sie lobte, wie Inklusion an den IGSen betrieben wird. Abschließend dankte sie der GEW für das Initiieren solcher Fachtagungen, da diese wichtig für die Kooperation und Vernetzung seien.

Zu Beginn seines Grußwortes lobte der GEW-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer die Ausstattung der gastgebenden IGS Ingelheim. Er appellierte an die Landesregierung, nochmals über die Schuldenbremse nachzudenken, um auch anderen Schulen solche Mittel zur Verfügung zu stellen. Er betonte, dass die IGSen in ihrer Wertigkeit erkannt werden müssten. Zum einen seinen sie eine sinnvolle Antwort auf den demografischen Wandel, um Schulstandorte zu verbessern. Hierzu wünschte er sich einen stärkeren politischen Willen, Gesamtschulen zu stärken und mehr Gesamtschulen aufzubauen. Zum anderen habe die Schulform IGS eine Antwort auf die Forderung nach „längerem gemeinsamen Lernen“. Weiterhin machte Klaus-Peter Hammer deutlich, dass die Gesamtschulen die entsprechende Ausstattung benötigen, um gute Arbeit leisten zu können. Es fehle teilweise an qualifizierten Personal, beispielsweise im Bereich Förderlehrer, Schulsozialarbeit und Beratung. Er forderte das Land dazu auf, dafür zu sorgen, dass mehr Personal geschaffen wird. Darüber hinaus kritisierte er die gestiegene Arbeitsbelastung der Kolleginnen und Kollegen. Es dürfe nicht an der falschen Stelle gespart werden. Insgesamt müsse mehr Geld in die Bildung fließen. Hierfür habe die GEW eine bundesweite Kampagne gestartet unter dem Slogan „Bildung. Weiter denken!“. Abschließend bedanke er sich bei der Fachgruppe für die Organisation des Gesamtschultages.

Auch Wolfgang Thiel, Landesvorstand die GGG, sprach ein kurzes Grußwort. Er betonte, dass die GGG die Vertreterin der „einen Schule für alle – der Gesamtschule“ sei. Die GGG sei eine Interessenvertretung, die für Lehrkräfte, Eltern, SchülerInnen und alle, die die Gesamtschule stärken wollen, offen sei. Er wünscht sich, dass es ein gemeinsames Anliegen wird, inklusive Schule voranzubringen. Insgesamt kooperiere die GGG schon lange mit der GEW. Ein Ergebnis dieser Kooperation sei der Gesamtschultag. Abschließend kündigte er den folgenden Vortrag von Bettina Kubanek-Meis an, die ihre Gesamtschule Wuppertal-Barmen vorstellte. Die Schule nehme 18% SchülerInnen mit Gymnasialempfehlung auf, allerdings würden 65% der SchülerInnen die Schule mit dem Abitur verlassen. Ein Blick, was in dieser Schule passiere, lohen sich.

SCHULe-MIT-WIR-KUNG ist das Motto der Gesamtschule Wuppertal-Barmen, deren Konzept die Schulleiterin Bettina Kubanek-Meis in einem Vortrag vorstellte. Die Gesamtschule Barmen ist eine von fünf Gesamtschulen in Wuppertal und wurde im Jahr 2015 mit dem deutschen Schulpreis ausgezeichnet. Frau Kubanek-Meis berichtete, dass die Gesamtschule Barmen die begehrteste Schule in Wuppertal sei. Bei der Schule handle es sich um eine inklusive Schule, die von Schülerinnen und Schülern mit 40 verschiedenen Nationalitäten besucht werde. Der Migrationsanteil liege bei 50%. Das Konzept der Schule folge drei Schwerpunkten: Verantwortung übernehmen, Vielfalt leben und Medien kompetent nutzen.

In der Schule werde sehr viel Wert darauf gelegt, den richtigen Anfang zu setzen. Die Aufnahme der SchülerInnen erfolge unabhängig von den Grundschulempfehlungen. Im ersten Jahr werde sich viel Zeit genommen, dass die SchülerInnen als Klasse zusammenwachsen. Dies soll durch zahlreiche Maßnahmen wie Teambuilding oder ein Patensystem erreicht werden. Frau Kubanek-Meis berichtete, dass die SchülerInnen ihre Klasse bereits vor den Sommerferien im Rahmen eines Einschulungstages kennen lernen. Zu den Grundschulen werde ein enger Kontakt gepflegt, sodass die Grundschullehrkräfte immer wieder eingeladen werden, um mit ihnen über die Entwicklung der SchülerInnen an der Gesamtschule zu sprechen. Unter dem Schwerpunkt „Vielfalt leben“ werde mit den SchülerInnen herausgearbeitet, dass Vielfalt gut und gewollt ist. Die Verantwortung, die die SchülerInnen übernehmen müssen, beschränken sich in den ersten zwei Jahren auf sich selbst und die Klasse. Um Medien kompetent nutzen zu können, finde in der fünften Klasse ein Fachunterricht „Medien und Medienethik“ statt.

Im Laufe der weiteren Schulzeit übernehme jede Klasse einen festen Dienst für die Schulgemeinschaft. Jeweils vor den Herbst- und Sommerferien fände eine regelmäßige Themenwoche zu einem festgelegten Thema statt. Beispielsweise fahren die neunten Klassen zehn Tage nach Auschwitz und setzen sich dort mit dem Holocaust auseinander. Um von einer defizitorientierten Förderung in Förderkursen wegzukommen, werden in freien Lernangeboten - auf freiwilliger Basis - bestimmte Qualifikationen vermittelt. In der Sekundarstufe II begleiten die SchülerInnen eine Woche lang eine gesellschaftliche Organisation und schreiben hierüber ihre Facharbeit. Im Schwerpunkt „Medien kompetent nutzen“ werden so genannte Medienscouts ausgebildet. Diese Medienscouts haben die Aufgabe, die Technik für die Kolleginnen und Kollgen zu organisieren sowie ihre MitschülerInnen zu beraten. Zudem werde ein Wahlpflichtfach „Medien & Gestalten“ angeboten. Um eine größtmögliche Partizipation der einzelnen Gruppen an der Schule zu erreichen werde eine Denk-Bar durchgeführt. Dieser Thinktank sei offen für alle interessierte SchülerInnen, Eltern und Lehrkräfte. Aus diesen Treffen zum offenen Denken hätten sich bereits einige Projekte entwickelt.

Im Anschluss an den Vortrag sowie am Nachmittag des Gesamtschultages wurden 18 verschieden Workshops durchgeführt. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, zwei Angebote aus diesem breiten Angebot an Foren zu den Schwerpunkten Inklusion, Strukturreform, Schulentwicklung und Schulsozialarbeit wählen. Die Hauptzahl der Workshops stand hierbei unter dem Motto „Schulen lernen voneinander“.

Für das kulturelle Rahmenprogramm des Tages sorgte eine Gruppe SchülerInnen des Darstellenden Spiels. In einer so genannten Schooltour begaben sich die Teilnehmenden in kleineren Gruppen in verschiedene Räume, in denen Theatervorstellungen und eine Lesung eigener Texte der SchülerInnen zum Thema „Umgang mit Ängsten“ stattfanden.