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Ergebnisse aus der Befragung aller weiblichen Mitglieder der GEW Rheinland-Pfalz: „(Noch) mehr Frauenpower in der GEW – aber wie?“

Über 70 % der GEW-Mitglieder sind weiblich - damit nimmt die GEW innerhalb des DGB einen Spitzenplatz ein, was den Frauenanteil angeht. Leider liegt der Frauenanteil in den GEW-Gremien immer noch weit unter dieser Prozentzahl. In der GEW sind wir uns deshalb einig: es besteht Veränderungs- und Handlungsbedarf. Angenommen hat sich dieser Aufgabe eine Arbeitsgruppe des Landesfrauenausschusses.

Nachdem ein Mentoring-Programm für Frauen in den letzten Jahren bereits einige neue Frauen für die Gremienarbeit begeistern konnte, hat sich die Arbeitsgruppe nun vorgenommen, strukturelle Gründe zu identifizieren, die Frauen davon abhalten, Verantwortung in den GEW-Gremien zu übernehmen. Unter wissenschaftlicher Begleitung der gewerkschaftsnahen ARBEIT & LEBEN gGmbH wurde nun in einem ersten Schritt eine schriftliche Befragung aller weiblichen Mitglieder der GEW Rheinland-Pfalz durchgeführt mit dem Ziel, insbesondere die Interessen, Vorstellungen und Motivationen der GEW-Frauen bezüglich der Mitarbeit in den GEW-Gremien zu erheben und Faktoren zu bestimmen, die Frauen von der Mitarbeit abhalten.

 

Was bisher geschah

Zunächst wurde der Fragebogen gemeinsam mit ARBEIT & LEBEN gGmbH Anfang diesen Jahres entwickelt und konzipiert. Im Anschluss wurden einige Pretests durchgeführt und der Fragebogen entsprechend der Rückmeldungen noch einmal verändert. Schließlich wurden tausende Mails und rund 2000 Briefe eingetütet und an alle weiblichen GEW-Mitglieder in Rheinland-Pfalz verschickt. Und das alles zeitgleich zum bislang größten Arbeitskampf der GEW Rheinland-Pfalz: dem unbefristeten Erzwingungsstreik im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst, der letztendlich vier Wochen dauerte. Eine echte Herausforderung für alle Beteiligten und unsere große Anerkennung gilt allen Mitarbeiter_innen der Geschäftsstelle der GEW, die sich, obwohl schon hoch belastet, auch noch dem Versand der Befragungsunterlagen angenommen haben.

Aber sicherlich hat der Arbeitskampf – der ja in einem klassischen Frauenberuf stattfand – auch dazu beigetragen, dass es für die statistische Auswertung eine hervorragende Beteiligung an der Fragebogenaktion gab: mit einer Rücklaufquote von 13,3 % sowohl bei der Postaktion als auch bei der Internetbefragung waren alle Initiatorinnen hoch zufrieden. Besonders erfreulich war auch, dass alle Fragebögen auswertbar waren und viele Frauen die Möglichkeit nutzten, die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten durch individuelle Rückmeldungen zu ergänzen. Für die fachgerechte statistische Auswertung war Dr. Dombrowski von ARBEIT & LEBEN gGmbH zuständig.

Als erstes Ergebnis kann – zur großen Freude aller Beteilig-ten – vermeldet werden: Die Befragung lässt eine Reihe von Rückschlüssen zu und beschreibt Handlungsfelder für die Weiterentwicklung der GEW im Hinblick auf geschlechtergerechte Gewerkschaftsarbeit. Deshalb bedanken wir uns herzlich bei allen Umfrageteilnehmerinnen!

 

Umfrageteilnehmerinnen mehrheitlich aus den sozialpädagogischen Berufen

Angesichts der aktuellen Tarifrunde im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst und der damit verbundenen gewerkschaftlichen Aktivierung der Kolleginnen wundert es nicht, dass fast die Hälfte (48 %) der Umfrageteilnehmerinnen Erzieherinnen und Sozialpädagoginnen sind. Die Vermutung liegt nahe, dass diese Kolleginnen die Möglichkeiten und den Nutzen gewerkschaftlicher Arbeit aktuell hautnah spüren und ihr Interesse an der GEW geweckt ist. Mit 46 % der Teilnehmerinnen haben aber fast genauso viele schulische Kolleginnen an der Umfrage teilgenommen.

Abbildung 4: Interessen bezüglich ihrer ehrenamtlichen Arbeit (3 Nennungen, n= 2019)

Zeitmangel als wichtigster Hinderungsgrund für Engagement

Nur wenige Frauen geben an, dass fehlendes Interesse ein Hindernis für Engagement in GEW-Gremien ist (9,7 %). Als zentrales Hindernis wird hingegen fehlende Zeit angegeben. Für 42,6 % der Frauen sind dafür familiäre Verpflichtungen ausschlaggebend, für 35,7 % führen berufliche Belastungen zu Zeitmangel.

„Drei kleine Kinder. Sonst noch Fragen?“ (Zitat)

 „Bin erst seit kurzem Mitglied. Eventuell zu wenig Zeit, da alleinerziehend mit 2 Kids.“ (Zitat)

Deutlich macht die Befragung vor allem: leben kleine Kinder im Haushalt, sagen deutlich mehr Frauen, dass ihnen die Zeit für Engagement aus familiären Gründen fehlt. Auch wenn grundsätzlich immer Zeit vorhanden ist, wird aber ihre Verwendung an Prioritäten geknüpft. Es ist daher davon auszugehen, dass die traditionelle Doppelbelastung der Frauen (Haushalt/Kinderbetreuung und Beruf) fortbesteht und maßgeblich Einfluss auf die Möglichkeit und die Bereitschaft hat, weitere Zeitressourcen für gewerkschaftliches Engagement zu verwenden.

Kenntnisse fehlen: Wie kann ich mich engagieren?

Ein Drittel der Befragten gibt an, dass Kenntnisse über konkrete Möglichkeiten des Engagements fehlen. Nicht mangelndes Interesse oder mangelnde Zeit halten Frauen in diesem Fall davon ab, sich aktiv in die Arbeit der GEW einzubringen. Sie haben schlicht keine Informationen über die Struktur, die Aktivitäten oder die Angebote der GEW. Damit korrespondiert, dass fast 20 % der Frauen angeben, dass sie bisher nicht gefragt wurden, ob sie sich engagieren wollen. Hier wird der Bedarf an persönlicher und direkter Ansprache deutlich: Die Befragten wollen, dass die GEW auf sie zukommt, sie kommen offenkundig nicht ohne Aufforderung. Auch die Aussage „Ich kenne in der GEW niemanden“ wird immerhin von 11,5 % der Frauen als Hindernis für ein Engagement genannt.

„Kann nicht einschätzen, was man können muss.“ (Zitat)

 

Arbeitsbedingungen: Top-Thema für Frauen

Obwohl fast die Hälfte der Umfrageteilnehmerinnen im Bereich sozialpädagogische Berufe arbeitet und damit mittel- oder unmittelbar von der aktuellen Tarifrunde betroffen ist, erreicht das Thema „Lohn und Tarif“ nur Platz vier bei der Frage nach Themen, die die Frauen interessieren. Top-Thema für die Frauen sind die Arbeitsbedingungen und wie sie diese im Sinne der Kolleg_innen positiv verändern können.

Im Interessenranking folgen direkt nach den Arbeitsbedingungen die Themen „berufsbezogene Fortbildungen“ und „Berufspolitik“. Hier wird in den freien Antworten deutlich, worum es den Frauen konkret geht:

• „Mitgestaltung von/Mitarbeit bei Fortbildungen“

• „befristete Verträge in der Wissenschaft“

• „Lehrerausbildung“

• „Inklusion“

• „Sprachbildung im Alltag der Kindertagesstätte“

• „die Lage der Frauen mit Teilzeitbeschäftigung“

 

 

Frauen in der GEW wünschen sich wohnortnahe Angebote und effektive Strukturen

Bei dem Ort des gewerkschaftlichen Engagements gibt es bei den Frauen eine klare Präferenz: Die Distanz zwischen Wohn- bzw. Arbeitsort und dem Ort des Engagements sollte so gering wie möglich sein. 65,1 % der Frauen ist ganz wichtig, dass sie in der Nähe ihres Wohnortes aktiv sind. Dagegen scheint es relativ unerheblich zu sein, auf welcher Ebene innerhalb der GEW (Landes-, Bezirks- oder Kreisebene) die Aktivität stattfindet.

Auffallend ist: Frauen wollen für ihr Engagement gut qualifiziert sein! Sie wünschen sich hierfür entsprechende Fortbildungen und ausreichende Informationen für die angehende Tätigkeit. Es ist für die Frauen ferner wichtig, nichts Abseitiges und Unwichtiges zu bearbeiten. Es geht ihnen darum, etwas „Handfestes“ für die Kolleg_innen zu tun, und das möglichst mit unmittelbarem Ergebnis und mit einer gewissen Würdigung, wobei auch möglich sein soll, eigene Akzente und Themen einzubringen.

Frauen wollen also wirkungsvoll, qualitativ hochwertig und projektförmig arbeiten und sich eher bedarfsorientiert als regelmäßig treffen. Dabei betonen Frauen ausdrücklich ihren Wunsch nach respektvollem Umgang miteinander.