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GEW-Chef Hammer kritisiert Landeshaushalt 2019/2020

Gute Bildung lebt nicht von der „Schwarzen Null“

Eine verpasste Chance sieht Klaus-Peter Hammer im Entwurf für den rheinland-pfälzischen Doppelhaushalt 2019/2020. Er bezeichnet den Bildungshaushalt als "auf Kante" genäht und wirft der Finanzpolitik "Kurzsichtigkeit" vor. Mehr Differenzierung im Unterricht, eine bessere individuelle Förderung, die Umsetzung der Inklusion und die große Arbeitsbelastung der im Bildungsbereich Beschäftigten erfordern nach Überzeugung des GEW-Vorsitzenden mehr Ausgaben in diesem Bereich.

Klaus-Peter Hammer kommentiert den Entwurf zum Doppelhaushaltes 2019/2020:

Die Landesregierung in Rheinland-Pfalz ist stolz auf den vorgelegten Entwurf des Doppelhaushalts 2019/20, der erstmals seit vielen Jahren ohne Neuverschuldung auskommt. Ja, man hat sie (endlich) erreicht, die „Schwarze Null“, und die Landesregierung erntet Lob für diesen beinahe schon historischen Haushaltsentwurf.

Es gibt jedoch auch heftige Kritik, z.B.  seitens der CDU und des „Dauerkritikers“ Landesrechnungshof. So wird angemahnt, dass die Landesregierung die Zeit der niedrigen Zinsen zu noch deutlicherem Sparen hätte nutzen müssen, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Denn bei zukünftig steigenden Zinsen könnte sich die Finanzlage des Landes deutlich verschlechtern. Deshalb seien beispielsweise noch mehr Stellen als die bisher angestrebten 2000 im Landeshaushalt zu streichen. Um nur einen der aufgeführten Einsparpunkte zu benennen.

Nun könnte man bei einer solchen Bewertung des Haushaltsentwurfs zu einem positiven Fazit kommen, indem man sozusagen froh ist, dass nicht noch mehr eingespart werden soll.

Es klingt schließlich ja auch sehr vernünftig, keine weiteren Schulden zu machen und Schulden abzubauen. Auf der anderen Seite wissen wir, wie hoch seit Jahren der Finanzierungsstau, nicht nur im Bildungsbereich, ist. Wir wissen, wie chronisch unterfinanziert unsere Hochschulen sind, und wie schwer es ist, Fachkräfte zu finden, die Qualitätsarbeit im Bildungssektor übernehmen können. Und wir wissen, wie hoch die Belastungssituation der Kolleginnen und Kollegen vor Ort ist. Ebenso, wie sehr sich diese Arbeit in den letzten Jahren verdichtet hat und die Kolleginnen und Kollegen auf deutliche Entlastungen und auf verbesserte Arbeitsbedingungen warten.

So stellt sich schon die Frage, ob es in der Tat weitsichtig genug ist, einen Haushaltsentwurf mit einer „Schwarzen Null“ aufzustellen, wenn man bedenkt, welche Bedarfe alleine im Bereich des Bildungsministeriums zu bedienen wären?

Zugeben, der vorgelegte Haushaltsentwurf für das Bildungsministerium ist ein umfangreiches Machwerk, und die dafür vorgesehenen Finanzmittel sind beträchtlich. Wurden 2018 für den Bildungshaushalt 4,5 Milliarden Euro veranschlagt, so steigt der Ansatz 2019 auf 4,69 Milliarden Euro und 2020 auf 4,78 Milliarden Euro. Es ist erkennbar, dass das Bildungsministerium versucht hat, das Bestmögliche umzusetzen. Es sind klare Schwerpunktsetzungen festzustellen. Ich will hier nur wenige benennen. So gibt es Mehrausgaben für MINT (2019 1,96 Millionen und 2020 3,148 Millionen Euro). Für die Digitalinitiative ist eine noch größere Steigerung erkennbar. Wurden 2018 5.374 Millionen Euro ausgegeben, sind für 2019 17.037 Millionen Euro und 2020 weitere 16.556 Millionen veranschlagt. Das ist viel Geld. Ebenfalls ist ein überschaubarer Zuwachs neuer Planstellen im Schulbereich vorgesehen. Insgesamt werden 390 zusätzliche Planstellen vorgesehen. Davon u.a. 130 Stellen für die Unterrichtsversorgung, 80 Stellen für Feuerwehrlehrkräfte an Grundschulen sowie 50 Stellen für Sprachförderlehrkräfte (für beide Jahre).

Jedoch werden gleichzeitig Planstellen an anderen Stellen im Schulbereich abgebaut. Stark betroffen sind die Gymnasien (- 229,5 Stellen) und die Realschulen plus (- 204 Stellen).

Dieser Stellenabbau ist ein Paradebeispiel dafür, wie kurzsichtig Finanzpolitik sein kann. Besonders diese beiden Schularten wären dringend darauf angewiesen, dass man endlich die Chance der Zeit nutzen und die Planstellen trotz rückgehender Schülerzahlen im System lassen würde. Dies wäre eine gute Gelegenheit, um für mehr Entlastung der Lehrkräfte zu sorgen. So hätten diese die benötigten Spielräume, z.B. für mehr Differenzierung oder individuelle Förderung in kleineren Lerngruppen. So könnte auch gezeigt werden, dass die Landesregierung es wirklich ernst meint mit der Umsetzung der Inklusion. Die Verkleinerung der Lerngruppen auf z.B. maximal 25 Schülerinnen und Schüler hätte zudem den positiven Effekt, dass sich der Einstellungsbedarf erhöhen würde und mehr gut ausgebildete Gymnasial- sowie Realschul-plus-Lehrkräfte eine Einstellungsperspektive in Rheinland-Pfalz hätten. Und ein verbesserter Personalschlüssel würde zu einer deutlichen Arbeitsentlastung beitragen. Leider lässt die Perspektive „Schwarze Null“ dies nicht zu.
Es ist erkennbar nicht beabsichtigt, die Grundversorgung der Schulen deutlich zu verbessern.
Wir müssen also feststellen, der Bildungshaushalt ist „auf Kante genäht “. Ziemlich sicher werden die vorgesehenen zusätzlichen Planstellen nicht die Bedarfe an den Schulen abdecken können. Ebenfalls führt der geplante Stellenabbau an der ADD, am Pädagogischen Landesinstitut und im Bildungsministerium zu einer Verdichtung der Arbeit der dort Beschäftigten.
Wenn man bedenkt, dass sich die Ampel-Koalition das Ziel gesetzt hat, dass das Land ein guter Arbeitgeber sein möchte, gibt es unter dieser Prämisse noch deutlichen Handlungsbedarf. Auch wenn die Altersteilzeit weitergeführt wird und das Institut für Lehrergesundheit 500.000 Euro mehr erhält, was ich hier besonders loben und erwähnen möchte, ist es dennoch an der Zeit, den Menschen und seine Arbeitskraft sowie seine Leistungs- und Belastungsfähigkeit mehr im Mittelpunkt zu sehen und nicht den Blick ausschließlich auf Einsparungen und Personalabbau zu richten.

Personalabbau führt zu immer größer werdender Verdichtung der Arbeit und zu einem größeren Anstieg z.B. psychischer Erkrankungen. Es wird Zeit, endlich gegenzusteuern. Was nützt eine „Schwarze Null“, wenn die Arbeit nicht mehr geleistet werden kann und diese letztendlich zur Überforderung führt und krank macht? Somit können wir als Gewerkschaft den vorgelegten Haushaltsentwurf nicht grundsätzlich positiv bewerten. Gerade in den Zeiten, in denen die Kassen klingeln und es ausreichend Steuereinnahmen gibt, hätten wir uns gewünscht, dass man noch mehr Geld für den Bildungshaushalt verplant hätte.

Eine verpasste Chance.

Mainz, 26.11.2018